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Rechtsnews 21.09.2023 Alex Clodo

BVerfG: Obergrenzen für Immobilien von Hartz IV-Empfängern

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) musste einen Fall entscheiden, ob die Behörde für den Bezug der Sozialleistungen von Hartz IV-Empfängern verlangen kann, dass jemand zunächst sein großes Wohneigentum verwertet. Es ging im vorliegenden Sachverhalt konkret um die Frage, ob bei der Bewertung von selbst bewohntem Eigentum von Hartz-IV-Empfängern die Zahl der Bewohner berücksichtigt werden darf. Gibt es eine Obergrenze für Immobilien von Hartz-IV-Empfängern?

Ehepaar wohnt in 143 Quadratmeter großem Haus

Im Ausgangsverfahren lebte die Klägerin mit ihrem Ehemann in einem von ihnen erbauten und im Eigentum des Ehemannes stehenden Haus mit einer Wohnfläche von 143 Quadratmetern. 1997 zogen die Eheleute mit ihren sechs Kindern dort ein. Im Jahre 2013 zog das letzte Kind aus dem Haus aus, sodass die Eheleute seitdem alleine das Haus bewohnten.

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BVerfG: Obergrenzen für Immobilien von Hartz IV-Empfängern erhalten

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Daraufhin lehnte das Jobcenter einen Antrag der Klägerin auf zuschussweise Leistungsgewährung ab, da der Ehemann der Klägerin Eigentümer des Hauses sei und damit ein Vermögen besitze, das für die Klägerin und ihn maßgeblichen Freibetrag übersteige. Zudem sei das Grundstück auch nicht verwertbar, da es mangels angemessener Größe kein Schonvermögen im Eine des §12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II sei. Nach einhelliger Meinung sind bei einem Zwei-Personen-Haushalt 90 Quadratmeter angemessen.

Das Sozialgericht setzte das sich anschließende Verfahren aus. Die Richter sind der Ansicht, dass die §12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 und S. 2 SGB II in ihrem Zusammenwirken eine die Familie diskriminierende Wirkung erzeugen, indem sie das Wohneigentum von Eltern in ihrer aktuellen Lebenssituation nur deshalb nicht schützen, weil sie in einer vorangegangenen Lebensphase Kinder betreut hätten, für die sie größeren Wohnraum hätten vorhalten müssen.

BVerfG: Entspricht §12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II dem Grundgesetz – Gibt es eine Obergrenze?

Im Ergebnis sieht das Bundesverfassungsgericht §12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GG mit dem Grundgesetz vereinbarArt. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es ist dem Gesetzgeber damit nicht jede Differenzierung untersagt.

Der Gesetzgeber ist ebenso wenig gehalten, Ungleiches unter allen Umständen ungleich zu behandeln. Bei Gewährung von Sozialleistungen hat der Gesetzgeber, die an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Spielraum, wenn er Regelungen darüber trifft, ob und in welchem Umfang das Vermögen des Empfängers auf den individuellen Bedarf angerechnet wird. Insbesondere kann das Bundesverfassungsgericht nicht prüfen, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.

Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG?

Nach Ansicht der Richter des BVerfG verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass §12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 i.V.m. S. 2 SGB II allen Betroffenen gleichermaßen die Verwertung von aktuell unangemessen großem Wohneigentum abverlangt, ohne danach zu unterscheiden, ob es sich schon immer in diesem Sinne um unangemessen großes Wohneigentum handelt oder ob es früher mit Kindern bewohnt wurde und vor deren Auszug angemessen im Sinne von §12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II war. Es ist nicht zu berücksichtigen, ob in dem aktuell zu groß bemessenen Wohneigentum einst Kinder erzogen wurden, für die entsprechend größerer Wohnraum vorgehalten werden musste. Es entspricht dem allgemeinen System der Grundsicherung, staatliche Leistungen nachrangig zu gewähren.

Es verfolgt einen verfassungsrechtlichen legitimes Zweck, den gegenwärtigen Bedarf als Bezugspunkt staatlicher Transferleistungen zu wählen. Das Grundgesetz verwehrt laut dem BVerfG dem Gesetzgeber nicht, soziale Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können. Es ist bei der Frage der angemessenen Größe von Wohnraum auf die aktuelle Bewohnerzahl darauf abzustellen, ob die zur Realisierung des Bedarfdeckungsprinzips auch im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet und erforderlich ist und die daraus für Eltern ausgezogener Kinder resultierende Ungleichheit, zu dem Regelungszweck nicht außer Verhältnis steht.

Auch der soziale Rechtsstaat ist darauf angewiesen, dass der Allgemeinheit, Mittel, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, nur in den Fällen in Anspruch genommen werden, in denen aktuell Bedürftigkeit vorliegt.

Es werden auf der anderen Seite den Betroffenen hier nicht Leistungen verwehrt, die sie zur Existenzsicherung benötigen. Diese verfügen über Wohneigentum, das sie einsetzen und damit ihren Bedarf selbst sichern können.

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Quelle:

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28.04.2022 – 1 BvL 12/20

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