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Rechtsnews 27.07.2015 Christian Schebitz

Unterhalt beim Wechselmodell?

Zahlreiche Paare mit Kindern trennen sich aus den unterschiedlichsten Gründen. Meist ist die Trennung mit starken Emotionen verbunden, sodass eine gemeinsame Wohnsituation zugunsten der Kinder nicht aufrechterhalten werden kann. So sind diese in den meisten Fällen die leidtragenden, da sie sich nicht zwischen ihren beiden Bezugspersonen entscheiden wollen oder können. In einem solchen Fall stehen den Eltern zahlreiche unterschiedliche Modelle wie etwa das Residenz- oder das Wechselmodell zur Verfügung, um ihren Kinder trotz der Trennung ein angemessenes Umfeld bieten zu können. Doch wie gestalten sich die Unterhaltszahlungen und wie stark unterscheiden sie sich je nach dem ausgewählten Modell?

Unterhaltspflicht und Sorgerecht

Eltern sind zum Unterhalt für ihren minderjährigen Nachwuchs im Allgemeinen und für volljährige Kinder während der Ausbildungszeit verpflichtet. Sie sind für die Betreuung, die Erziehung und die Fürsorge ebenso verantwortlich wie für die materielle und finanzielle Versorgung. Auch nach einer Trennung sind nach wie vor beide Elternteile zum Unterhalt verpflichtet. Bei der Unterhaltspflicht wird zwischen dem Naturalunterhalt und dem Barunterhalt unterschieden. Während sich der Naturalunterhalt aus den erzieherischen Aufwendungen für das Kind zusammensetzt, dient der Barunterhalt nur der materiellen Versorgung. Aus diesem Grund wird die Unterhaltspflicht auch in Bezug zur Erziehungsleistung gesetzt. So ist es meist der Fall, dass der eine Elternteil, bei dem das Kind lebt, Unterhaltszahlungen vom anderen Elternteil erhält.  

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Ebenso wird das Sorgerecht im Allgemeinen zusammen ausgeübt, bei nichtehelich geborenen Kindern erhält die Mutter dieses von Beginn an. Nach einer Trennung ist es jedoch möglich, dass ein Elternteil das alleinige Sorgerecht beantragt. In diesem Fall muss der Antrag begründet sein und der andere Elternteil seine Zustimmung erteilen. Auch sollte beachtet werden, dass der andere Elternteil in jedem Fall ein Umgangsrecht erhält, sodass ein Kontaktverbot nur durch schwerwiegende Gründe erreicht werden kann. Ebenso ist das Sorgerecht unabhängig von der Unterhaltspflicht, sodass auch bei der vollständigen Abgabe des Sorgerechts Unterhaltszahlungen nötig sind.   

Das Residenzmodell

Das ist etwa im Residenzmodell der Fall, bei dem der Nachwuchs nur bei einem Elternteil lebt, der meist auch über das alleinige Sorgerecht verfügt. Der Elternteil, in den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Mutter, leistet den Naturalunterhalt meist allein, sodass er von dem anderen Elternteil zum Ausgleich Unterhaltszahlungen erhält. Diese werden in Hinblick auf das jeweilige Einkommen der Eltern berechnet. Der andere Elternteil verfügt über ein Umgangsrecht, das ihm den Kontakt mit seinem Kind ermöglicht. Dieses kann nur verweigert werden, wenn schwerwiegende Gründe wie etwa eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit das Kindeswohl gefährden könnten.

Das Wechselmodell

Eine Alternative zum Residenzmodell bietet das Wechselmodell, bei dem das Kind einen Teil der Zeit bei dem einen und einen Teil der Zeit bei dem anderen Elternteil verbringt. Der Wechsel zwischen den elterlichen Wohnungen findet meist im ein- oder zweiwöchigen Rhythmus statt. Kennzeichnend ist dabei, dass das Kind zwei gleichwertige Lebensmittelpunkte erhalten muss, an denen ihm Geborgenheit und Erziehung vermittelt werden. Trotz des Vorteils, dass der vollständige Kontakt zu beiden Elternteilen aufrechterhalten werden kann, wird das Wechselmodell nicht vollständig anerkannt. Aus diesem Grund darf das Kind trotz seiner beiden Lebensmittelpunkte beim Einwohnermeldeamt nur für eine Wohnung gemeldet sein. Auch das Kindergeld kann nicht zwischen den Eltern aufgeteilt werden, obwohl diese unabhängig voneinander für den jeweiligen Natural- und Barunterhalt aufkommen. Auch die Frage, ob Unterhaltszahlungen fällig werden, wirft immer wieder Probleme auf.

Unterhaltszahlungen im Wechselmodell

In Bezug auf die Unterhaltszahlungen können sich beide Elternteile idealerweise außergerichtlich einigen. Für diesen Fall stehen einige Möglichkeiten zur Verfügung: Zu einen können die Eltern die gesamten Kosten vom Kindergeld bezahlen und den Rest hälftig zwischen sich aufteilen. Die zusätzlichen Kosten für Verpflegung oder die Wohnung werden vom jeweiligen Elternteil übernommen, in dessen Haushalt sich das Kind gerade befindet. Eine andere Möglichkeit bietet die Aufteilung je nach der Höhe des Einkommens. In diesem Fall werden die beiden Einkommen miteinander verglichen und die besser verdienende Partei leistet einen entsprechen höheren Anteil. Bei ausreichendem gegenseitigem Vertrauen ist auch die Einrichtung eines gemeinsamen Kontos möglich, von dem die Ausgaben bestritten werden. Ist eine Einigung jedoch nicht möglich, bietet ein Gerichtsverfahren oft die einzige Möglichkeit, den Unterhalt gerecht aufzuteilen. Da das Wechselmodell jedoch nicht gesetzlich festgelegt ist, hat der Bundesgerichtshof zwei wichtige Urteile gefällt:

Das erste Urteil wurde im Fall eines getrennten Paares und seinem minderjährigen Kind entschieden. Trotz der Anwendung des Wechselmodells verbrachte das Kind etwa zwei Drittel der Zeit bei seiner Mutter und nur ein Drittel bei seinem Vater. Da der Vater mit dem Verweis auf den erbrachten Naturalunterhalt jedoch keine zusätzlichen Unterhaltszahlungen leisten wollte, verklagte die Mutter ihn auf den vollen Betrag. Das Gericht entschied, dass der Vater zum vollständigen Barunterhalt verpflichtet sei, da die Betreuung nicht gleichmäßig verteilt sei und zum größten Teil bei der Mutter liege.

Dieses Vorgehen wurde noch einmal im Fall zweier Elternteile und ihren minderjährigen Zwillingen bestätigt. Die Mutter kümmerte sich wie im obigen Fall zu etwa zwei Dritteln der Zeit um ihren Nachwuchs, der Vater etwa zu einem Drittel. Da ein Großteil der Erziehungsarbeit dennoch bei der Mutter lag, bestimmten die Richter, der Vater habe 50% des Barunterhalts zu bezahlen, da er lediglich halbtags beruflich tätig sei. Die Erbringung eines größeren Anteils könne ihm somit nicht zugemutet werden.

Demnach teilen sich die Eltern den Naturalunterhalt und den anfallenden Barunterhalt nur, wenn das Kind jeweils genau die Hälfte der Zeit bei seinen Eltern verbringt. Hat ein Elternteil jedoch einen höheren erzieherischen oder finanziellen Aufwand, so muss der andere Elternteil dennoch Unterhaltszahlungen leisten. Diese richten sich nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle, anhand derer der Unterhalt je nach Einkommen der Eltern und dem Alter des Kindes berechnet wird

Das echte Wechselmodell

Völlig anders gestaltet sich der Umgang mit den Unterhaltszahlungen jedoch, wenn beide Eltern tatsächlich gleiche Anteile an der Erziehung und dem Naturalunterhalt haben. In diesem Fall liegt das sogenannte echte Wechselmodell vor. Kennzeichnend dafür ist, dass die Eltern sich neben der Erziehungsarbeit auch die Kosten für den Unterhalt wie etwa für den Kauf neuer Kleider teilen. Zusätzlich müssen beide Elternteile die Möglichkeit haben, im Krankheitsfall des Kindes Urlaub zu nehmen und auch sonst ihre Arbeitszeit einzuschränken. Ebenso sind die Eltern von der Erwerbsobliegenheit betroffen, die ihnen auferlegt, sich im Fall einer Arbeitslosigkeit ernsthaft um eine Anstellung zu bemühen. Liegt eine Leistungsunfähigkeit vor, können andere Verwandte wie etwa die Großeltern zum Barunterhalt herangezogen werden.

Dieser wird im Fall des Wechselmodells genau aufgeteilt: Das jeweilige Einkommen der Elternteile wird addiert und die Höhe Unterhaltszahlung nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet. Im nächsten Schritt wird der Selbstbedarf der Elternteile von ihrem jeweiligen Einkommen abgezogen und so der übrige Betrag für den Unt
erhalt ermittelt. Verdient ein Elternteil mehr, muss dieser auch einen höheren Anteil leisten, um den niedrigeren Verdienst des anderen Elternteils auszugleichen. Auch, wenn ein Elternteil einen Großteil der Ausgaben für Kleidung und Schulbedarf übernimmt, muss dies anteilig verrechnet werden. Können sich die Eltern nicht über die Aufteilung des Unterhalts einig werden, muss ihre Uneinigkeit vor Gericht geklärt werden. Dabei sollte in jedem Fall ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden, der die jeweiligen Interessen kompetent vertritt.  

Die rechtliche Vertretung des Kindes

Im Fall einer Auseinandersetzung verändert die Anwendung des echten Wechselmodells jedoch nicht nur die Aufteilung der Unterhaltszahlungen, sondern auch die rechtliche Vertretung des Kindes. Bei der Anwendung des Residenzmodells übernimmt der Elternteil, bei dem das Kind die meiste Zeit lebt, die Vertretung. Im Fall des echten Wechselmodells ist der hauptsächlich tätige Elternteil jedoch nicht ermittelbar, sodass die Vertretung nur durch einen Pfleger erfolgen kann. Eine andere Möglichkeit bietet die Beantragung einer Alleinentscheidungsbefugnis, die einen Elternteil zur rechtlichen Vertretung befugt. Erst dadurch wird es möglich, eine Unterhaltsklage einzureichen und durchzusetzen.

Das echte Wechselmodell bietet zahlreiche Vorteile für die betroffenen Eltern, da dem Kind der ausreichende Umgang mit seinen beiden Bezugspersonen im Rahmen einer häuslichen Umgebung ermöglicht wird. Zusätzlich ist die Aufteilung des Natural- und des Barunterhalts gleichmäßiger als etwa bei einem unausgeglichenen Wechselmodell, da beide Elternteile etwa den gleichen Anteil leisten müssen. Auf der anderen Seite ist eine genaue Abstimmung seitens der Eltern nötig, die sich auch über die Anschaffung von Kleidern oder Schulbedarf absprechen müssen, um ausgeglichene Unterhaltszahlungen gewährleisten zu können. Bei Unstimmigkeiten wird eine Klage erheblich erschwert, da zunächst ein Ergänzungspfleger bestellt oder eine Alleinstellungsbefugnis beantragt werden muss.

Quellen:

 

  • Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Februar 2007 – XII ZR 161/04 –
  • Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2014 – XII ZR 234/13 –

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