Muss ein Verfahren wegen Vergewaltigung aufgrund des rechtswidrigen Umgangs mit DNA-Identifizierungsmustern eingestellt werden, auch wenn man somit den wahren Täter überführen kann? Mit dieser Fragestellung setzte sich der Bundesgerichtshof im zugrundeliegenden Verfahren auseinander.
Überführung anhand des DNA-Identifizierungsmusters
Konkret ging es um einen Jugendlichen, welcher sich der Vergewaltigung schuldig gemacht haben soll. Er wurde anhand seines DNA-Identifizierungsmuster überführt, welches mit dem Zellmaterial, das beim Opfer gesichert wurde, übereinstimmt. Bei der Ermittlung des Täters untersuchte man die Werte einer molekulargenetischen Reihenuntersuchung (§ 81h StPO). An dieser partizipierten insgesamt 2.400 Männer, unter anderem auch der Onkel und der Vater des Angeklagten. Deren DNA-Identifizierungsmuster konnte zwar nicht in vollständige Übereinstimmung mit den Tatspuren gebracht werden, allerdings war diese Übereinstimmung dermaßen hoch, dass eine Verwandtschaft mit dem angeklagten Täter angenommen werden konnte.
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Angeklagter führt Verfahrensrüge an
Der Angeklagte legte gegen das Urteil des Gerichts, eine fünfeinhalbjährige Jugendstrafe, Revision ein. Er kritisierte insbesondere, dass das festgestellte DNA-Identifizierungsmuster aus der Untersuchungsreihe nicht auf verwandtschaftliche Kongruenz hin abgeglichen und diese im Verfahren nicht gegen ihn hätten benutzt werden dürfen.
Verurteilung des Angeklagten ist rechtskräftig
Diese Verfahrensfehler hat der Bundesgerichtshof anfangs negiert. Allerdings hätte die mögliche verwandtschaftliche Beziehung zwischen Onkel und dem Vater “mit dem mutmaßlichen Täter nicht als verdachtsbegründend gegen den Angeklagten verwendet werden dürfen”. § 81h Abs. 1 StPO gestattet den Vergleich von DNA-Identifizierungsmustern nur, wenn dadurch festgestellt werden kann, dass ein Teilnehmer der Untersuchungsreihe der Täter ist. Dennoch hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass das DNA-Identifizierungmuster des Angeklagten bei der Überzeugungsbildung des Landgerichts verwendet werden durfte. Das Identifizierungsmuster ist zwar rechtswidrig gewonnen worden, allerdings führt dies zu keinem Verwertungsverbot im zugrundeliegenden Fall. Dafür ist der Umstand relevant, dass die rechtliche Situation zur Handhabung mit Beinahetreffern bei DNA-Untersuchungsreihen bis zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen ungeklärt war und somit die Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden nicht als eine willkürliche Gesetzesmissachtung eingestuft werden kann. Der Bundesgerichtshof bestätigte somit die Verurteilung des Jugendlichen, der wegen Vergewaltigung eine fünfjährige Jugendstrafe absitzen muss.
- Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 20. Dezember 2012; AZ: 3 StR 117/12
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