Die Erbunwürdigkeit einer Person tritt ein, wenn sie aufgrund gesetzlich genau definierter Umstände nicht länger das Recht hat, zu erben. Damit die Erbunwürdigkeit einer Person festgestellt werden kann, muss zunächst von einer anderen erbberechtigten Person ein Antrag auf Anfechtung des Erbschaftserwerbs gestellt werden. Über einen derartigen Fall hatte kürzlich der Bundesgerichtshof abschließend zu entscheiden.
Der Sachverhalt stellte sich folgendermaßen dar: 1991 ließ ein Ehepaar ein gemeinsames Testament verfassen und bestimmte den jeweils anderen Ehepartner als Alleinerben sowie die drei Kinder als Schlusserben. 1997 erkrankte die Ehefrau an Alzheimer und musste in einem Pflegeheim untergebracht werden, ab 2003 musste sie nach dem Erleiden eines epileptischen Anfalls außerdem durch eine PEG-Sonde ernährt werden. Die Frau konnte nicht mehr sprechen und wurde regelmäßig von ihrem Ehemann besucht. Im Februar 2012 wollte der Ehemann, der unter Depressionen litt und bereits einen Selbstmordversuch unternommen hatte, das Leben seiner Ehefrau beenden und schnitt den Verbindungsschlauch zwischen seiner Ehefrau und der Sonde durch. Dies wurde durch Pfleger bemerkt, und so blieb der Versuch des Ehemanns erfolglos. Einen Monat später verstarb die Ehefrau an einer Lungenentzündung, die jedoch mit dem Durchschneiden des Schlauchs nichts zu tun hatte. Der Sohn des Ehepaars focht schließlich den Erbschaftserwerb seines Vaters an.
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Frage der Erbunwürdigkeit beschäftigt die Gerichte
In erster Instanz gab das Landgericht Gießen der Feststellungsklage des Sohnes statt, in zweiter Instanz entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jedoch anders. Nach Ansicht der Richter des Oberlandesgerichts habe es dem Versuch des Ehemanns das Leben seiner Ehefrau zu beenden an der für Tötungsdelikte typischen aggressiven Motivation gefehlt; die Tat sei vielmehr auf die Verzweiflung des Ehemannes zurückzuführen gewesen. Nachdem der Sohn Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts eingelegt hatte, kam der Fall vor den IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes.
Bundesgerichtshof urteilt über Erbunwürdigkeit des Ehemanns
Mit seinem Urteil vom 11. März 2015 hob dieser das Urteil der Vorinstanz auf und entschied somit zugunsten des klageführenden Sohnes – der Ehemann ist nach §2339 BGB erbunwürdig. Insbesondere stuften die Richter des BGH die Würdigung der Motivlage des Ehemannes im Zusammenhang mit dem Tötungsversuch als irrelevant ein. Auch die persönlich schwierige und belastete Situation des Mannes habe diesem nach Ansicht der Richter nicht das Recht gegeben, das Ende der Behandlung seiner Ehefrau eigenmächtig herbeizuführen und so deren Tod zu verursachen.
Quellen:
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.03.2015 – IV ZR 400/14 –
- Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.05.2014 – 1 U 152/13 –
- Landgericht Gießen, Urteil vom 27.05.2013 – 2 O 417/12 –
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