Rechtsnews
07.11.2016
Raphaela Nicola
Arbeitslose Unionsbürger haben einen Anspruch auf Sozialhilfe. Welche Folgen das vom Bundessozialgericht beschlossene Urteil mit sich bringt, war allerdings unklar. Ein Gesetzesentwurf soll diese nun auffangen.
Wer hat Anrecht auf Leistungen der Grundsicherung?
In § 7 Sozialgesetzbuch (SGB) II wird der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende geregelt. Hiervon ausgeschlossen sind Ausländer, die sich allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Diese Regelung ist jedoch stark umstritten und wurde für europarechtswidrig gehalten. Außerdem diskriminiert sie Unionsbürger. Der Grund hierfür ist, dass das koordinierende Sozialrecht in der VO (EG) 883/2004 vorgibt, dass Angehörige anderer Mitgliedsstaaten bei der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende wie Deutsche behandelt werden müssen. Arbeitslose, die nicht über ausreichend Einkommen oder Vermögen verfügen und die im Aufenthaltsstaat weniger als ein Jahr gearbeitet haben, haben nach der Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG kein Aufenthaltsrecht. Hierauf verwiesen die Befürworter der Vorschrift.
Wie urteilten der Europäische Gerichtshof und das Bundessozialgericht?
Im September letzten Jahres hatte der Europäische Gerichtshof hierzu ein Urteil gefällt. Demnach könne das Recht auf Gleichbehandlung nur beanspruchen, wer sich rechtmäßig im Inland aufhalte (EuGH, Urt. v. 15.09.2015, Az. C-67/14). Das Bundessozialgericht (BSG) urteilte daraufhin aus dem im Grundgesetz gründenden Recht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz, dass zumindest Ausländer mit einem verfestigten Aufenthalt Sozialhilfe als Ermessensleistung beziehen können. Man spricht von einer solchen Verfestigung, wenn der Aufenthalt schon länger als sechs Monate andauere. Dieses Urteil sorgte für erhebliche Kritik hinsichtlich der für die Finanzierung der Sozialhilfe zuständigen Kommunen. Hierauf reagierte der Gesetzgeber. Im Frühjahr 2016 wurde ein Entwurf zur Änderung des SGB II und des SGB XII vorgelegt.
Welches Ziel hat der Entwurf?
Der Entwurf beabsichtigt, die bislang unterschiedlichen Regelungen zur Leistungsberechtigung von Ausländern in der Grundsicherung und in der Sozialhilfe zu vereinheitlichen. Der Anspruch soll jedoch stark eingeschränkt werden. Wie bereits zuvor gilt eine Wartefrist von drei Monaten für Personen, die neu in die Bundesrepublik eingereist sind. Dient ihr Aufenthalt jedoch allein der Arbeitssuche, haben diese nach Ablauf der Wartezeit keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Im Allgemeinen sollen Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben, weil sie weder Arbeitnehmer noch Selbstständige sind noch über ausreichende finanzielle Mittel zur eigenständigen Deckung ihres Lebensunterhalts verfügen, kein Anrecht auf Grundsicherung (SGB II) und Sozialhilfe (SGB XII) haben. Das Gleiche soll für in Ausbildung befindliche Kinder von ehemaligen Arbeitnehmern aus anderen EU-Staaten gelten. Die Gleichstellung mit Deutschen soll erst fünf Jahren nach Beginn der Anmeldung des Wohnsitzes bei den Meldeämtern erfolgen.
Was ist mit Ausländern die keinen Sozialhilfeanspruch haben?
Um den Zeitraum bis zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet zu überbrücken, sollen Ausländer, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, Übergangsleistungen in Form von Sozialhilfe erhalten. Diese werden für maximal einen Monat innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren erbracht. Wer länger in Deutschland bleibt, bekommt keinerlei finanzielle Unterstützung. Somit wird er auf diese Weise gezwungen, das Land zu verlassen. Diese Übergangsleistungen umfassen die Sicherung der physischen Existenz. Hierzu gehören beispielsweise Mittel für Ernährung und Hygiene, Unterkunft und Heizung sowie die ärztliche Behandlung in medizinischen Notfällen. Außerdem will Die Große Koalition die Reisekosten in das Herkunftsland als Darlehen gewähren.
Quelle:
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/entwurf-sgb-ii-sozialhilfe-grundsicherung-anspruch-aulaender-einschraenken-abschrekung-existenzsicherung-bundessozialgericht/
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