Eine SMS mit Folgen beschäftigte kürzlich die Arbeitsgerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz. Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zwischen einem Oberarzt und einem Krankenhaus einseitig aufgrund einer beleidigenen Textnachricht beendet werden darf.
Am 19. Mai 2014 kam es zu einem Nachrichtenwechsel zwischen einem als Oberarzt in dem betreffenden Krankenhaus arbeitenden Herzchirurgen und einer Operationsassistentin. Bezug nehmend auf eine Teambesprechung erhielt die Operationsassistentin eine SMS, von der sie annahm, sie beziehe sich auf den Chefarzt des Krankenhauses. Darin hieß es: „Er ist u bleibt ein autistisches krankes Arschloch.“
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Kündigung eines Oberarztes nach beleidigender SMS erhalten
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Obwohl die Operationsassistentin und der Oberarzt längere Zeit in einer eheähnlichen Beziehung gelebt hatten und obwohl die Operationsassistentin dem Oberarzt erklärt hatte, sie werde nichts tun, um ihm zu schaden, setzte die Operationsassistentin den Chefarzt über die Nachricht in Kenntnis.
Daraufhin kündigte der Chefarzt dem Oberarzt am 21. Mai 2014 mündlich fristlos und ohne Begründung. Am 18. Juni 2014 kündigte schließlich auch die Klinik das Arbeitsverhältnis.
Hiergegen klagte der Oberarzt. Er wandte ein, dass er mit der beleidigenden SMS nicht den Chefarzt des Krankenhauses gemeint habe, sondern den Patenonkel seiner Tochter. Mit dieser habe er sich per SMS darüber unterhalten, dass jener, anders als vor Jahren angekündigt, ihr nicht finanziell bei der anstehenden Hochzeit unter die Arme greifen wolle. Er habe beim Verschicken der Nachricht seine Brille nicht aufgehabt und habe auch deswegen die Nachricht an die falsche Person geschickt, weil seine Tochter und die Operationsassistentin in seinem Handy-Adressbuch direkt untereinander stehen würden.
Das Krankenhaus als Arbeitgeber des Oberarztes bezeichnete dies als Schutzbehauptung und verwies auf ein Gespräch, in welchem der Oberarzt gesagt hatte, er wolle nicht mehr mit dem Chefarzt zusammenarbeiten.
Selbst wenn die Nachricht jedoch an die richtige Nummer gegangen wäre, so der Oberarzt, sei die Kündigung dennoch unwirksam. Zum einen habe es vor der Kündigung keine Abmahnung gegeben, zum anderen hätte er auch darauf vertrauen können müssen, dass die Operationsassistentin die Nachricht nicht weiterleiten würde.
LAG Mainz: Kündigung des Oberarztes gerechtfertigt?
Das Arbeitsgericht Trier war zunächst der Argumentation des Oberarztes gefolgt und erklärte die Kündigung für unwirksam. Hiergegen legte das Krankenhaus Rechtsmittel ein, sodass das Landesarbeitsgericht über den Fall entscheiden musste.
Auch das Landesarbeitsgericht jedoch entschied zugunsten des Oberarztes. Die zuständigen Richter befanden, dass das vorinstanzliche Arbeitsgericht die ergangene sogenannte ordentliche Kündigung als nicht gerechtfertigt angesehen hatte. Das Gericht nahm dem Oberarzt zwar nicht ab, dass er mit der beleidigenden Nachricht einen Verwandten und nicht etwa den Chefarzt gemeint habe – aber eine diffamierende Äußerung unter Kollegen ist nach Angaben der Richter für sich genommen noch kein Kündigungsgrund, solange die Äußerung im vertraulichen Rahmen geäußert werden.
Genau wie das Arbeitsgericht sah es auch das Landesarbeitsgericht als gegeben an, dass der Oberarzt bei seiner Äußerung darauf vertrauen durfte, dass die Operationsassistentin den Inhalt der Nachricht nicht weiterleiten würde. Eine die Vertragsauflösung rechtfertigende Pflichtverletzung des Oberarztes sei im vorliegenden Fall daher nicht gegeben.
Quellen:
- Landesarbeitsgericht Mainz, Urteil vom 22.01.2015 – 3 Sa 571/14 –
- Arbeitsgericht Trier, Urteil vom 18.09.2014 – 3 Ca 719/14 –
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