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Rechtsnews 27.09.2022 Alex Clodo

Anspruch auf Vollwaisenrente bei Tod der Pflegeeltern?

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Vollwaisenrente besteht, wenn die Pflegeeltern verstorben sind. Wie entschied das Gericht und wie begründet es seine Entscheidung?

Anspruch auf Vollwaisenrente?

Nach der Geburt des Klägers kam dieser zu seinen Pflegeeltern. Im vorliegenden Fall leben seine leiblichen Eltern noch. Die beklagte Rentenversicherung gewährte nach dem Tod des Pflegevaters ihm eine Halbwaisenrente. Das Pflegekind beantrage nach dem Tod der Pflegemutter eine Vollwaisenrente. Der gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten gerichteten Klage gab das SG Düsseldorf statt.

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Das Landessozialgericht hat nun auf die Berufung der Beklagten das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Nach Ansicht der Richter habe der Kläger keinen Anspruch auf Vollwaisenrente. Nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI wird vorausgesetzt, dass das Kind keinen Elternteil mehr habe, der – ungeachtet der wirtschaftlichen Verhältnisse – unterhaltspflichtig sei. Im vorliegenden Fall sei der Kläger also kein Vollwaise, da seine dem Grunde nach unterhaltspflichtigen leiblichen Eltern noch lebten.

Wann ist man Vollwaise?

§48 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI stellt – da Pflegekinder gegenüber Pflegeeltern nicht unterhaltsberechtigt seien – sie zwar mit leiblichen Kindern und auch Adoptivkindern insoweit gleich, als dass sie grundsätzlich Waisenrente nach dem Tod von Pflegeeltern beanspruchen könnten. Die davon losgelöste Frage, wann ein Kind den Status einer Halbwaise und wann denjenigen einer Vollwaise habe, beantworte sich hingegen ausschließlich nach den Vorgaben des § 48 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB VI und daher nur mit Blick auf die unterhaltspflichtigen leiblichen Eltern.

Ein Kind kann zwar mehr als zwei Elternteile im Sinne des §48 SGB VI haben – beispielsweise leibliche Eltern und Pflegeeltern – jedoch nur dann Vollwaisen sein, wenn kein unterhaltspflichtiger Elternteil mehr vorhanden ist

Widerspricht doppelte Absicherung dem gesetzgeberischem Willen?

Nach Ansicht der Richter entspreche es erkennbar nicht dem gesetzgeberischen Willen, dass Pflegekinder nach Versterben beider Pflegeelternteile sowohl einen Anspruch auf Vollwaisenrente als auch grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch gegen die leiblichen Eltern zustehe und sie somit doppelt abgesichert seien, während leibliche Kinder, die in der Herkunftsfamilie gelebt haben, nur dann Anspruch auf Vollwaisenrente haben, wenn ihnen die Möglichkeit genommen sei, einen Unterhaltsanspruch dem Grunde nach gegen einen unterhaltspflichtigen Elternteil geltend zu machen, weil beide dem Grunde nach unterhaltspflichtigen Elternteilen verstorben seien.

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Quelle:

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.06.2022 – L 14 R 693/20

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