Um ein Arbeitsverhältnis zu beenden, gibt es grundlegend vier Möglichkeiten. Der wohl einfachste Weg ist der Ablauf des Arbeitsvertrags. Die Verpflichtungen bestehen nicht mehr und jeder kann seinen eigenen Weg gehen. Daneben gibt es die Möglichkeit mithilfe eines Aufhebungsvertrages gemeinsam über die Auflösung zu entscheiden und die vertragliche Bindung nochmal per Kontrakt einvernehmlich aufzulösen. Weiter existieren die Varianten der außerordentlichen, also die fristunabhängige und die der ordentlichen, also fristgebundenen Kündigung. Der Beitrag beschäftigt sich speziell mit dem Thema, ob ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandeln zustande gekommen sein. Diese Frage hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.
Streit über Fortbestand des Arbeitsverhältnisses
Wie stellte sich der Sachverhalt im vorliegenden Fall dar? Im Fall streiten die Parteien über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Daher führten am 22.11.2019 der Geschäftsführer und der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten – der sich als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht ausgab – im Büro des Geschäftsführers ein Gespräch mit der Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik beschäftigten Klägerin. Die beiden Seiten erhoben gegenüber der Klägerin den Vorwurf, dass diese unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Beklagten abgeändert bzw. reduziert haben, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Danach unterzeichnete die Klägerin nach einer etwa zehnminütigen Pause, in der die drei anwesenden Personen schweigend am Tisch saßen, den von der Beklagten vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dieser Vertrag sah unter anderem eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2019 vor. Die Themen und Einzelheiten während des Gesprächs blieben aber weiter streitig. Daraufhin focht die Klägerin den Aufhebungsvertrag mit Erklärung vom 29.11.2019 wegen widerrechtlicher Drohung an.
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Durch diese Klage wollte die Klägerin den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses über den 30.11.2019 hinaus geltend machen. Dabei behauptete sie, dass ihr für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden wäre. Die Klägerin bittete um eine längere Bedenkzeit, um sich dadurch auch einen Rechtsbeistand einholen zu können. Dies wurde ihr aber nicht entsprochen. Dadurch habe die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen.
Entscheidung der Gerichte
Wie entschieden die Gerichte im vorliegenden Fall? Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Wie aber entschied dann das Bundesarbeitsgericht? Auch vor dem BAG hatte die Revision der Klägerin keinen Erfolg. Im Ergebnis fehlt es an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung. Zwar wurde der von der Klägerin geschilderte Gesprächsverlauf zu Gunsten der Klägerin unterstellt. Trotzdem fehlt es an der behaupteten Drohung. Im vorliegenden Fall durfte ein verständiger Arbeitgeber sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen.
Voraussetzungen für eine wirksame Aufhebung
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein wirksamer Aufhebungsvertrag vorliegt? Ein Aufhebungsvertrag muss bestimmte formelle Voraussetzungen erfüllen, damit er wirksam ist. Zum einen bedarf der Aufhebungsvertrag der Schriftform, d.h. dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Vertrag unterschreiben müssen, gem. § 623 BGB. Unwirksam sind die Aufhebungsverträge per E-Mail oder per Fax. Weiterhin darf der Arbeitnehmer nicht zu einem Gespräch gebeten und daraufhin ohne Bedenkzeit zur sofortigen Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags gedrängt werden. Sollte eine solche Überrumpelung vorliegen, ist der Aufhebungsvertrag unwirksam. Zu guter Letzt ist die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs, bei dem der Inhaber des Betriebs gewechselt hat, rechtlich nicht zulässig gem. § 613a Abs. 4 BGB. Sollte der Arbeitgeber versuchen, dieses Verbot durch einen Aufhebungsvertrag zu umgehen, so kann er auch dadurch unwirksam sein.
Inhalt des Aufhebungsvertrags
Letztlich ist noch fraglich, welchen Inhalt der Aufhebungsvertrag haben muss. Zunächst vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen genauen Termin, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Dabei ist auch eine Zahlung einer Abfindung vereinbart. In einigen Verträgen ist vereinbart, dass der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt werden kann. Weiterhin ist festzustellen, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer noch zustehen. Sollte der Arbeitnehmer zudem noch Überstunden auf seinem Arbeitskonto haben, so ist auch dies ein wichtiges Thema für den Aufhebungsvertrag.
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Quelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/71
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