Was ist eine Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft?
Eine Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft ist ein Begriff aus dem deutschen Sozialrecht, der die Personen bezeichnet, die gemeinsam einen Haushalt führen und sich gegenseitig finanziell unterstützen müssen, bevor sie Anspruch auf staatliche Hilfe haben. Die Bedarfsgemeinschaft gilt vor allem für die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (Hartz IV), während die Einstandsgemeinschaft für die Sozialhilfe nach dem SGB XII relevant ist.
Die Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft soll vermeiden, dass Personen, die über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügen oder von anderen Personen unterstützt werden können, Leistungen vom Staat erhalten, die eigentlich nur für Bedürftige gedacht sind. Die Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft beruht auf dem Prinzip der partnerschaftlichen Solidarität und der Subsidiarität des Sozialstaats.
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Wer gehört zu einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft?
Zu einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft gehören in der Regel folgende Personen:
- zusammenlebende Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner
- minderjährige unverheiratete Kinder
- eheähnliche oder partnerschaftliche Gemeinschaften in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft
Die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft hat zur Folge, dass das Einkommen und Vermögen aller Mitglieder bei der Berechnung des Leistungsanspruchs berücksichtigt wird. Das bedeutet, dass die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft sich gegenseitig unterhalten müssen, bevor sie Leistungen vom Staat erhalten können.
Wie wird eine eheähnliche oder partnerschaftliche Gemeinschaft in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft festgestellt?
Eine eheähnliche oder partnerschaftliche Gemeinschaft in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft liegt vor, wenn zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts in einem gemeinsamen Haushalt leben und eine so enge Bindung zueinander haben, dass sie füreinander einstehen und sich gegenseitig unterstützen würden, wenn einer von ihnen in Not gerät.
Die Feststellung einer solchen Gemeinschaft ist oft schwierig und umstritten, da es keine gesetzliche Definition dafür gibt. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, wie zum Beispiel:
- die Dauer und Intensität der Beziehung
- die gemeinsame Nutzung von Wohnraum und Haushaltsgegenständen
- die gemeinsame Versorgung von Kindern oder Angehörigen
- die gemeinsame Finanzierung von Lebenshaltungskosten
- die wechselseitige Verfügungsbefugnis über Einkommen und Vermögen
- die gemeinsame Absicherung durch Verträge oder Versicherungen
Im SGB II, das die Grundsicherung für Arbeitssuchende regelt, gibt es eine gesetzliche Vermutung, dass eine eheähnliche oder partnerschaftliche Gemeinschaft in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliegt, wenn die Personen länger als ein Jahr zusammen leben, mit einem gemeinsamen Kind zusammen leben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn die Personen glaubhaft machen können, dass sie keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden.
Im SGB XII, das die Sozialhilfe regelt, gibt es diese Vermutung nicht. Hier muss die Behörde im Zweifel eine individuelle Prüfung vornehmen, ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft besteht oder nicht.
Wie grenzt man eine Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft von einer Wohngemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft ab?
Eine Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft ist nicht mit einer Wohngemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft zu verwechseln. Eine Wohngemeinschaft ist eine Gemeinschaft von Personen, die aus praktischen oder persönlichen Gründen zusammen wohnen, aber keine besondere Bindung zueinander haben und sich nicht gegenseitig unterstützen müssen. Eine Haushaltsgemeinschaft ist eine Gemeinschaft von Personen, die zusammen wohnen und wirtschaften, aber keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden.
Eine Wohngemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft hat in der Regel keinen Einfluss auf den Leistungsanspruch der einzelnen Mitglieder. Das Einkommen und Vermögen der anderen Mitglieder wird nicht angerechnet, es sei denn, es liegt eine besondere Unterstützungsleistung vor. Eine Unterstützungsleistung liegt vor, wenn ein Mitglied der Wohngemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft einem anderen Mitglied regelmäßig Geld oder Sachleistungen zur Verfügung stellt, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.
Welche Auswirkungen hat die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft auf den Leistungsanspruch?
Die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft hat in der Regel zur Folge, dass sich die Leistungsansprüche der einzelnen Mitglieder verringern oder ganz entfallen. Dies liegt daran, dass das Einkommen und Vermögen aller Mitglieder bei der Berechnung des Leistungsanspruchs berücksichtigt wird.
Das Einkommen und Vermögen wird um bestimmte Freibeträge und Absetzbeträge bereinigt und dann auf den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft angerechnet. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft setzt sich aus dem Regelbedarf für jedes einzelne Mitglied und dem Mehrbedarf für besondere Lebenslagen wie Schwangerschaft, Behinderung oder Alleinerziehung zusammen. Außerdem werden die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt.
Übersteigt das bereinigte Einkommen und Vermögen der Bedarfsgemeinschaft den Gesamtbedarf, besteht kein Anspruch auf staatliche Leistungen. Liegt das bereinigte Einkommen und Vermögen der Bedarfsgemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft unter dem Gesamtbedarf, besteht ein Anspruch auf Leistungen in Höhe der Differenz.
Was ist eine temporäre Bedarfsgemeinschaft?
Eine temporäre Bedarfsgemeinschaft ist eine Bedarfsgemeinschaft, die nur für einen begrenzten Zeitraum besteht. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft vorübergehend auszieht oder eine Person vorübergehend in einen bestehenden Haushalt einzieht.
Eine temporäre Bedarfsgemeinschaft hat die gleichen leistungsrechtlichen Auswirkungen wie eine auf Dauer angelegte Bedarfsgemeinschaft.
Was gilt grundsätzlich?
Grundsätzlich geht das Sozialhilferecht vom Einsatz eigener Kräfte und Mittel zur Bedarfsdeckung aus. Besondere gesetzliche Tatbestände sehen eine Einstandsgemeinschaft mit anderen Personen vor mit der Folge, dass deren Einkommen und Vermögen zur Bedarfsdeckung der Betroffenen herangezogen wird.
Die Einstandsgemeinschaft der nicht getrennt lebenden Ehegatten und auch der nicht ehelichen Lebenspartner führt dazu, dass das Einkommen und Vermögen des jeweils anderen Partners wechselseitig zu berücksichtigen ist.
Bei der Einstandsgemeinschaft minderjähriger unverheirateter Kinder, die im Haushalt der Eltern leben, wird nur das den eigenen Bedarf übersteigende Einkommen und Vermögen der Eltern auf den Bedarf der Kinder angerechnet. Darüber hinausgehendes Einkommen und Vermögen der im Haushalt lebenden Kinder wird nur im Rahmen einer Haushaltsgemeinschaft mit den Eltern berücksichtigt.
Probleme ergeben sich in der Praxis vor allem bei der Frage, wann eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt und welche tatsächlichen Feststellungen hierzu erforderlich sind. Eine gesetzliche Definition der eheähnlichen Gemeinschaft gibt es nicht.
Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung gilt im Rahmen des SGB XII, also des Sozialgesetzbuches, das die Sozialhilfe und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, nicht die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II, wonach eine eheähnliche Gemeinschaft bereits dann vorliegt, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen.
All diese Abgrenzungskriterien gelten im Sozialhilferecht nicht.
Das SGB II regelt das Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV. Es umfasst die Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Anknüpfungspunkt ist hier allerdings die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, für die der Begriff „Wirtschaften aus einem Topf“ geprägt wurde: So werden allgemeine Haushaltskosten gemeinsam getragen, Haushaltsgegenstände gemeinsam finanziert und genutzt, Einkäufe für den gemeinsamen Bedarf getätigt. Indizien sind auch das Führen einer gemeinsamen Haushaltskasse, gegenseitige Verfügungsberechtigung über Konten, gemeinsame Verträge wie Mietverträge und Versicherungsverträge. Über das bloße gemeinsame Wirtschaften hinaus wird eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft verlangt, bei der die Partner so eng miteinander verbunden sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in Notfällen erwartet werden kann. Ob es sich um eine intime Beziehung handelt, ist nicht entscheidend, ebenso wenig ist eine emotionale Nähe erforderlich. Die Beweislast für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft liegt beim Sozialhilfeträger.
Die Bedarfsgemeinschaft (nach SGB II) und die Einstandsgemeinschaft (nach SGB XII) tragen dem Gedanken Rechnung, dass vor der Inanspruchnahme staatlicher Hilfe eigene Mittel und Kräfte einzusetzen sind. Beide Gemeinschaften sind Ausdruck und Ausfluss des Nachranggedankens der Sozialhilfe.