Drei Angeklagte werden wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Doch was, wenn die Angeklagten nur mit Hilfe „illegaler“ Beweismittel überführt werden konnten? Dürfen diese Beweismittel vor Gericht überhaupt verwertet werden oder verstößt dies gegen das Persönlichkeitsrecht der Angeklagten? Mit diesen Fragen musste sich der Bundesgerichtshof befassen.
Die Tat
Einer der Angeklagten tötete seine Ehefrau, nachdem diese die Beziehung beendet hatte. Als Rechtfertigung für seinen Mord führte der Angeklagte an, dass er befürchtete, seine Frau würde ihm das gemeinsame Kind wegnehmen, das nach der Trennung gemäß seines Wunsches bei seiner mitangeklagten Schwester und ihrem auch mitangeklagten Mann leben sollte. Die Mitangeklagten machten sich jedenfalls im Vorbereitungsstadium schuldig, da sie dazu beitrugen, den Willen des Mörders in die Tat umzusetzen, indem sie sich einverstanden zeigten, dass Kind bei sich aufzunehmen und auch großzuziehen. Das Gericht konnte nicht feststellen, wie die Frau getötet wurde und wie konkrete Tatbeiträge aussahen, da die Leiche nicht gefunden werden konnte. Als eines von vielen Indizien wurden Aussagen des Hauptangeklagten gewertet, die er während seiner Selbstgespräche im Auto getroffen hatte. Das Gericht ordnete an, dass der Pkw mit technischen Hilfsmitteln abgehört werden sollte. Hierbei konnten Gespräche aufgefunden werden, die der Angeklagte zum einen mit sich selbst führte und zum anderen mit einem der Mitangeklagten. Auf diese Indizien stützte das Gericht die Verurteilung aller Angeklagten.
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Verwertungsverbot für Bemerkungen bei Selbstgesprächen erhalten
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BGH: Selbstgespräche sind unverwertbar
Diese aufgezeichneten Selbstgespräche hätten keinesfalls zur Überführung der Angeklagten benutzt werden dürfen, so der BGH. In diesem Fall sieht die Verfassung ein Beweisverwertungsverbot vor, denn die heimliche Aufnahme des nichtöffentlichen Selbstgesprächs stelle einen „Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit“ dar. Zu diesem Schluss ist das BGH jedoch erst nach genauer Abwägung und Betrachung der signifikanten Umstände. Nicht in jedem Fall sind Selbstgespräche besonders schützenswert. Kennzeichen für eine Verletzung des innersten, unantastbaren Persönlichkeitsbereiches, sind folgende: – „die Eindimensionalität der Selbstkommunikation, also die Äußerung ohne kommunikativen Bezug; – die Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation und das Maß des berechtigten Vertrauens der Person darauf, an dem jeweiligen Ort vor staatlicher Überwachung geschützt zu sein; – die mögliche Unbewusstheit der verbalen Äußerung; – die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken, – die Äußerungsform als bruchstückhafter, auslegungsfähiger oder -bedürftiger Ausschnitt eines „Gedankenflusses““ Im zugrundeliegenden Fall wurde demnach der durch Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitskernbereich verletzt, woraus ein absolutes Verwertungsverbot für die Bemerkungen während des Selbstgesprächs resultierte. Dieses Verbot hat auch Auswirkungen auf die beiden Mitangeklagten. Quelle:
- Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 22. Dezember 2011; AZ: StR 509/10
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