Gestreikt wird in jüngster Zeit in vielen Branchen. Nicht nur im Flugverkehr bedient man sich des Streiks, auch Beamte wissen davon Gebrauch zu machen. So auch im zugrundeliegenden Fall, bei dem eine Realschullehrerin Anfang des Jahres 2009 an insgesamt “drei Warnstreiks der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft” ohne vorherige Genehmigung partizipiert hat. Dürfen auch verbeamtete Lehrer für bessere Arbeitsbedingungen streiken? Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertreten drei Lehrerinnen und ein Lehrer diese Auffassung.
Disziplinarstrafe von 150 Euro
Im Juli 2009 wurde der Lehrerin das Gehalt um rund 150 Euro gekürzt. “Das war das einzige Mal, dass ich gestreikt habe”, sagt Wienrank. “Aber ich wusste schon damals, dass das Konsequenzen hat, und ich war bereit, sie zu tragen.”
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Gegen die Lehrerin aus Sankt Augustin wurde deshalb eine Disziplinarbuße von insgesamt 1.500 Euro verhängt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte die Disziplinarverfügung in erster Instanz aufgehoben. Zudem sprach es der Lehrerin unter Berufung auf die Europäische Menschenrechtskonvention ein Streikrecht zu. Das Land Nordrhein-Westfalen legte jedoch Berufung ein und bekam Recht.
Kein Streikrecht für Beamte in Deutschland
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschied, dass sich aus der Versammlungs- und Koalitionsfreiheit der Europäischen Menschenrechtskonvention keinesfalls ein Streikrecht für deutsche Beamte ableiten lasse. Zudem sei das Streikverbot für Beamte wesentlich höher zu bewerten als die Regelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, da es bereits im Grundgesetz verankert sei. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte damit das Streikverbot für Beamte.
Das Streikrecht für Beamte in Deutschland stark eingeschränkt. Lehrer sind in der Regel Beamte und haben daher nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, ihre Arbeitsbedingungen durch einen Streik zu verbessern.
Nach § 54 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) haben Beamte kein Streikrecht. Es gibt jedoch Ausnahmen, z.B. bei Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst, an denen Lehrer als Gewerkschaftsmitglieder teilnehmen können. In diesem Fall haben die Gewerkschaften jedoch kein Streikrecht, sondern müssen auf andere Arbeitskampfformen wie Demonstrationen oder Warnstreiks zurückgreifen.
Grundsätzlich sind Lehrer in Deutschland jedoch verpflichtet, ihren Unterricht zu erteilen und ihre Aufgaben als Beamte zu erfüllen. Streiks kommen erst dann in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten wie Verhandlungen und Schlichtungsverfahren ausgeschöpft sind.
Bundesverfassungsgericht entscheidet: Treuepflicht für Beamte
Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatte sich in Deutschland das Bundesverfassungsgericht mit dem Verbot befasst. Es wies die Verfassungsbeschwerden des Lehrers und der drei Lehrerinnen 2018 zurück. Das Streikverbot sei ein “eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums” im Sinne von Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes.
Danach ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu regeln und fortzuentwickeln. Das System des deutschen Beamtenrechts sei durch aufeinander abgestimmte Rechte und Pflichten gekennzeichnet. So hätten Beamtinnen und Beamte eine Treuepflicht gegenüber dem Staat, damit dieser auch in Krisenzeiten jederzeit handlungsfähig bleibe.
Im Gegenzug habe der Staat eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten. Sie seien auf Lebenszeit angestellt und müssten angemessen bezahlt werden. Im Zweifelsfall können sie ihre amtsangemessene Besoldung vor Gericht einklagen. Angestellte können das nicht.
Welche Kritik gibt es am Streikverbot für Lehrer?
Das Niederlegen von Arbeit für verbeamtete Dozenten wird jedoch von vielen Seiten kritisiert. Einige argumentieren, dass das Streikrecht ein Menschenrecht sei, das auch für Beamte gelten müsse. Sie berufen sich dabei auf die Europäische Menschenrechtskonvention, die das Recht auf Vereinigungsfreiheit schützt. Dazu gehört auch das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren und die Arbeit niederzulegen.
Andere argumentieren, dass verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen, sondern wie normale Arbeitnehmer zu behandeln sind. Für sie gelten die gleichen Arbeitsbedingungen wie für angestellte Lehrkräfte, die die Arbeit niederlegen dürfen. Sie fordern daher eine Angleichung der Gehälter und Arbeitszeiten an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes.
Das Streikrecht ist ein wichtiges Instrument der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, um ihre Interessen gegenüber den Arbeitgebern zu vertreten. Für verbeamtete Dozenten bzw. Lehrer gilt jedoch ein generelles Streikverbot, das auf ihrem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat beruht. Dieses Verbot wird von vielen Seiten kritisiert und vor internationalen Gerichten angefochten. Die Rechtslage ist noch nicht endgültig geklärt.
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Quelle:
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/streikverbot-beamte-101.html
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