Rechtsnews
16.09.2016
Raphaela Nicola
Eine intersexuelle Person wollte sich als „inter“ oder „divers“ in das Geburtenregister eintragen lassen. Jedoch ist sie mit dem Versuch einen neuen Eintrag zu erlangen gescheitert. Der Bundesgerichtshof entschied, dass dies nach geltendem Recht nicht möglich sei.
Welcher Fall liegt hier vor?
Das Personenstandsgesetz (PStG) lässt eine Eintragung wie „intern“ oder „divers“ als Geschlechtsangabe im Geburtenregister nicht zu. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Beschl. v. 22.06.2016, Az. XII ZB 52/15). Es sei lediglich möglich, das bisher eingetragene Geschlecht nachträglich zu löschen. 1989 wurde die antragstellende Person Vanja als Mädchen in das Geburtenregister eingetragen. Allerdings sieht sie sich weder als Mann noch als Frau. Sie verfügt über einen Chromosomensatz mit einem X-Chromosom und einem fehlenden zweiten Gonosom. Daher strebte sie eine Änderung der Eintragung im Geburtenregister an. Dies wurde jedoch vom Amtsgericht (AG) Hannover und vom Oberlandesgericht (OLG) Celle zurückgewiesen (Beschl. v. 13.10.2014, Az. 85 III 105/14 und Beschl. v. 21.01.2015, Az. 17 W 28/14).
In welcher Form kann man eine Änderung im Geburtenregister vornehmen lassen?
Beim BGH hatte ihre Rechtsbeschwerde nun auch keinen Erfolg. Die Karlsruher Richter entschieden, dass eine Änderung der Eintragung in „inter“ oder „divers“ nach geltendem Recht nicht möglich sei. Dies sei bereits aus dem Wortlaut der § 21 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m § 22 Abs. 3 PStG ersichtlich. Ebenfalls sei eine verfassungskonforme Auslegung der Norm im Sinne des Begehrens der antragstellenden Person nicht geboten. Es ist möglich, das Geschlecht eines Babys offen zu lassen, wenn eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist. Dies gilt seit einer Reform des § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz. Seit dem 1. November 2013 ist ebenso eine nachträgliche Löschung des zunächst eingetragenen Geschlechts vorgesehen. Nach Ansicht des BGH, beabsichtige die Antragstellerin von dieser Möglichkeit, die ihr offenstehe, augenscheinlich keinen Gebrauch zu machen. Im binären Geschlechtssystem der deutschen Rechtsordnung sei aber nicht mehr vorgesehen. Die Schaffung eines weiteren Geschlechts entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Im Endergebnis macht es schließlich nach dem BGH keinen verfassungsrechtlich bedeutsamen Unterschied für die betroffene Person, ob ein geschlechtszuordnender Eintrag unterbleibt, oder wie hier erwünscht, ein Eintrag erfolgt, der keinem gesetzlich bestehenden „Geschlecht“ zugeordnet werden kann.
Einführung eines 3. Geschlechts würde erhebliche Umstellungen erfordern
Ob sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Transsexualität auf Fälle der Intersexualität übertragen lässt, hat der Senat bisher noch nicht entschieden. Nach Auffassung der BGH-Richter, sei dabei allerdings zu bedenken, dass anders als bei der Zuordnung zu einem schon bestehenden Geschlecht (wie im Falle der Transsexualität) durch die Schaffung eines weiteren Geschlechts staatliche Ordnungsinteressen in erheblicherem Umfang betroffen wären. Diese Entscheidung will der Unterstützerkreis, Dritte Option, nicht akzeptieren. Er kündigte für Anfang September eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.
Quelle:
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-xiizb5215-intersexuelle-geburtenregister-eintragung-drittes-geschlecht-inter-divers/
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