Das BverwG setzte sich mit der Frage auseinander, wann eine Flüchtlingsanerkennung widerrufen werden kann. Es kam zu dem Schluss, dass dies möglich ist. Ist eine Person bereits als Flüchtling anerkannt worden, kann das also trotzdem und im Nachhinein auch wieder widerrufen werden. Dies erfolgt aber nur dann, wenn eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt. Zudem kommt es auf die Höhe des Strafmaßes an. Nur wenn dies mindestens eine Freiheitsstrafe von drei Jahren ist und diese wegen einer besonders schwerwiegenden Straftat beschlossen worden ist. Diese Fälle, denen eine schwerwiegende Straftat zugrunde liegt, sind von denen zu unterscheiden, bei denen Einzelstrafen vorliegen, die mit jeweils weniger als drei Jahren geahndet worden sind. So hat das BverwG geurteilt.
„Intensivstraftäter“ Gefahr für die Allgemeinheit?
Konkret ging es um einen 39-jährigen Mann, der bereits seit 1979 in Deutschland lebt. Seine Staatsangehörigkeit ist türkisch. Wegen seiner syrisch-orthodoxen Religionszugehörigkeit wurde er 1999 als Asylberechtigter anerkannt. Seit er 14 ist, hat er zahlreiche Straftaten begangen. Er wurde deswegen zu Haftstrafen verurteilt, die aber immer auf bis zu zwei Jahren angesetzt wurden. Ihm sind versuchte räuberische Erpressung vorzuwerfen, sowie versuchte gefährliche Körperverletzung und auch Beleidigung und Bedrohung. Diesbezügliche Verurteilungen sind rechtskräftig. Es bildetete sich aus einzelnen Strafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Diese beziehen sich aber nicht auf eine einzige Straftat, die besonders schwerwiegend ist. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war der Ansicht, dass seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zu widerrufen sei und infolge dessen auch sein Aufenthalt in der BRD. Es müssen hierbei § 73 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes und § 60 Abs. 8 des Aufenthaltsgesetzes herangezogen werden. Demnach sind Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zu widerrufen, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Das ist dann der Fall, wenn ein Verbrechen oder besonders schweres Vergehen vorliegt, weswegen rechtskräftig eine mindestens dreijährige Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde.
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BVerwG: Besonders schwerwiegende Straftat kann zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung führen
Das BverwG erklärte, dass dies hier nicht der Fall ist. Hier liegen Einzelstrafen vor. Zwar beträgt die Freiheitsstrafe drei Jahre, ist aber eine Strafe für mehrere Taten. (§§ 54, 55 des Strafgesetzbuchs) Das heißt, die Anforderungen, die vorliegen müssen, um seinen Flüchtlingsstatus zu widerrufen, liegen nicht vor. Zwar handelt es sich hier um einen „Intensivstraftäter“, also eine Person, die schon mehrmals verurteilt wurde. Trotzdem liegt keine Straftat vor, die derart schwerwiegend ist, dass von ihm eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Das wäre nur der Fall, wenn er eine Tat begangen hätte, die für sich genommen zu einer mindestens dreijährigen Freiheitsstrafe geführt hätte. Trotzdem fällte das BverwG kein abschließendes Urteil, sondern verwies die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurück. Es soll noch geprüft werden, wie die Lage in der Türkei derzeit für Personen mit syrisch-orthodoxer Religionszugehörigkeit ist. Wenn sich diese inzwischen in der Hinsicht geändert hätte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr keine Verfolgung mehr droht, könnte eventuell von ihm verlangt werden, wieder in die Türkei zurückzukehren. Das Oberverwaltungsgericht muss daher noch Tatsachenfeststellungen treffen.
- Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013, Az.: BVerwG 10 C 17.12
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