Parteiverbotsverfahren sind ein seltenes, aber besonders bedeutendes Instrument in der deutschen Demokratie. Sie stellen sicher, dass politische Parteien, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen, von der politischen Mitgestaltung ausgeschlossen werden können. Gleichzeitig ist dieses Verfahren rechtlich und politisch hochsensibel, da es in die Grundrechte auf Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und die Parteienfreiheit eingreift.
Dieser Beitrag erklärt Schritt für Schritt, wie ein solches Verfahren funktioniert – leicht verständlich, juristisch fundiert und mit zahlreichen Beispielen, Tipps und einer kritischen Perspektive.
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Wie funktioniert ein Parteiverbotsverfahren? Teil I erhalten
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und rechtlicher Hintergrund
- Was ist die rechtliche Grundlage für ein Parteiverbot?
- Welche Parteien können verboten werden?
- Was bedeutet „freiheitlich-demokratische Grundordnung“?
- Welche Rolle spielt das Bundesverfassungsgericht?
Einleitung und rechtlicher Hintergrund des Parteiverbotsverfahren
Die Bundesrepublik Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie. Sie schützt sich aktiv gegen Bestrebungen, die ihre Grundwerte – etwa Menschenwürde, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit – beseitigen wollen. Politische Parteien sind Träger der politischen Willensbildung (§1 Abs. 1 Parteiengesetz). Sie genießen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz nach Artikel 21 Grundgesetz (GG).
Ein Verbot darf also nur dann ausgesprochen werden, wenn eine Partei aktiv darauf hinarbeitet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen oder zu gefährden, und zudem das Potenzial hat, dies auch durchzusetzen. Es reicht also nicht aus, bloß radikale Meinungen zu vertreten – es muss eine konkrete Gefahr bestehen.
Was ist die rechtliche Grundlage für ein Parteiverbot?
Die rechtliche Basis findet sich in Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz (GG):
„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen […], sind verfassungswidrig.“
Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit erfolgt ausschließlich durch das Bundesverfassungsgericht.
Ergänzend regelt das Parteiengesetz (PartG) in den §§ 32–33 Details zu Finanzierung, Rechtsfolgen und Mitteilungswegen eines Parteiverbots. Auch die Verfassungsprozessordnung (BVerfGG), insbesondere § 13 Nr. 2 BVerfGG sowie § 43 BVerfGG, sind maßgeblich.
Welche Parteien können verboten werden?
Theoretisch kann jede politische Partei verboten werden, die gegen die demokratische Grundordnung arbeitet. Das gilt für extremistische Parteien jeder politischen Richtung (rechts, links, religiös-fundamentalistisch, separatistisch).
In der Praxis wurden jedoch nur zwei Parteien tatsächlich verboten:
- SRP (Sozialistische Reichspartei) – 1952, Nachfolgeorganisation der NSDAP
- KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) – 1956, wegen Ablehnung des demokratischen Systems
Ein Antrag auf Verbot der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) scheiterte zweimal (2003 und 2017). Das Bundesverfassungsgericht stellte zwar fest, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolge, sah aber keine ausreichende konkrete Gefährdung der Demokratie.
Was bedeutet „freiheitlich-demokratische Grundordnung“?
Der Begriff ist zentral für das Verständnis eines Parteiverbots. Er ist nicht exakt im Gesetz definiert, sondern durch die Rechtsprechung entwickelt. Laut Bundesverfassungsgericht umfasst er mindestens folgende Prinzipien:
- Achtung vor der Menschenwürde
- Volkssouveränität (alle Staatsgewalt geht vom Volk aus)
- Gewaltenteilung (Legislative, Exekutive, Judikative)
- Rechtsstaatlichkeit (u.a. Richterbindung an Recht und Gesetz)
- Chancengleichheit der Parteien
- Meinungs-, Presse-, Versammlungsfreiheit
- Freie und faire Wahlen
Eine Partei, die eines oder mehrere dieser Prinzipien abschaffen oder grundlegend verändern will, kann als verfassungsfeindlich gelten – etwa wenn sie diktatorische Herrschaftsformen befürwortet oder Gewalt als Mittel der Politik propagiert.
Welche Rolle spielt das Bundesverfassungsgericht?
Das Bundesverfassungsgericht ist die alleinige Instanz, die über ein Parteiverbot entscheidet. Kein anderes Gericht oder Organ hat diese Kompetenz.
Antragsberechtigt sind nur:
- der Bundestag
- der Bundesrat
- die Bundesregierung
Einzelpersonen oder andere Institutionen – etwa Bürger, Kommunen oder Gerichte – sind nicht befugt, ein Parteiverbot zu beantragen.
Der Ablauf des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht gliedert sich in mehrere Phasen (später ausführlich):
- Einleitung durch Antrag
- Vorprüfung der Zulässigkeit
- Beweisaufnahme und mündliche Verhandlung
- Urteilsverkündung
Das Urteil ist endgültig, eine Berufung ist nicht möglich. Wird eine Partei verboten, wird sie im Parteienregister gelöscht, verliert ihren Status und ihre Finanzierung.
Was folgt als nächstes?
Im nächsten Teil geht es weiter mit:
- Wie läuft das Verfahren Schritt für Schritt ab?
- Was sind Beispiele aus der Praxis?
- Welche rechtlichen Hürden und politischen Folgen gibt es?
- Wie funktioniert die Beweisaufnahme?
- Wie sieht die Advocatus-Diaboli-Perspektive aus?
- Was kann ich tun, wenn ich betroffen bin?
Gesetzeslinks
- Art. 21 GG – Parteienverbot
- § 13 BVerfGG – Zuständigkeiten
- § 43 BVerfGG – Verfahren bei Parteienverbot
- Parteiengesetz (PartG)
Externe Anwaltsrecherche
Wenn du konkrete rechtliche Unterstützung brauchst, findest du spezialisierte Anwältinnen und Anwälte im Bereich Verfassungsrecht hier:
https://www.rechtsanwalt.com/anwaltssuche/?rechtsgebiete=Verfassungsrecht
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