Unerwartete Erschließungskosten
Ein Mann kaufte von einem Bauunternehmer eine Doppelhaushälfte. In dem notariellen Kaufvertrag wurde auch die Aufteilung der Erschließungskosten geregelt. Dabei gingen die Vertragsparteien ersichtlich davon aus, dass das Grundstück vom Süden her erschlossen wird. Einige Jahre später erhob die zuständige Gemeinde zusätzliche Erschließungsbeträge für eine Zufahrt vom Norden her. Die Vertragsparteien stritten darüber, wer diese Kosten zu tragen hat.
Bei den zusätzlichen Erschließungskosten handelte es sich um ein für die Parteien nicht bekanntes und für sie nicht vorhersehbares Risiko. Der Bundesgerichtshof, der sich mit der Sache zu befassen hatte, musste daher eine ergänzende Vertragsauslegung vornehmen. Dabei stellten die Richter die überlegung an, dass nach der für Kaufverträge geltenden Rentabilitätsvermutung davon auszugehen ist, dass Leistung und Gegenleistung der Parteien in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Dies führte im Ergebnis dazu, dass beide Vertragsparteien jeweils die Hälfte der Mehrkosten für die zusätzliche Erschließung zu tragen hatten. Der Käufer konnte danach von dem Bauunternehmen die hälftigen Erschließungskosten verlangen.
Urteil des BGH vom 18.02.2000; V ZR 334/98