Gebrauchtwagenkauf: Getriebeschaden nach 100.000 km
Bei einem gebraucht erworbenen Pkw mit einer Laufleistung von knapp über 100.000 km kam es nach ca. 6.000 km zu einem kapitalen Getriebeschaden. Der Käufer verlangte daraufhin die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Zwar konnte er nicht beweisen, dass der Getriebedefekt bereits bei der Übergabe vorhanden war. Im Prozess stellte jedoch ein Sachverständiger fest, es müsse bereits zu diesem Zeitpunkt eine erhebliche Abnutzung der Zahnräder vorgelegen haben. Der Verkäufer wandte ein, dass Getriebe dieses Modells konstruktionsbedingt besonders reparaturanfällig seien und daher die vom Gutachter angegebene normale Lebensdauer von 200.000 bis 300.000 km selten erreicht werde. Diesen Einwand ließ das Oberlandesgericht Stuttgart nicht gelten und gab dem Käufer Recht.
Bei so genannten Serien- oder Konstruktionsfehlern an Kraftfahrzeugen kann bei der Beurteilung der Frage, ob ein Mangel vorliegt, als Vergleichsmaßstab nicht allein auf Fahrzeuge des gleichen Typs abgestellt werden. Vielmehr ist ein herstellerübergreifender Vergleich anzustellen. Maßstab muss das gegebenenfalls mit Sachverständigenhilfe zu ermittelnde Niveau sein, das nach Typ, Alter und Laufleistung vergleichbare Fahrzeuge anderer Hersteller erreicht und das der Markterwartung entspricht. Bei Konstruktionsfehlern scheidet die Annahme eines Mangels nur dann aus, wenn dem Käufer das Problem vernünftigerweise bekannt sein muss. Von einem erhöhten Getriebeverschleiß ist bei Fahrzeugen, die in Mitteleuropa vertrieben werden (hier Ford), ohne entsprechenden Hinweis des Verkäufers in der Regel nicht auszugehen.
Urteil des OLG Stuttgart vom 15.08.2006
10 U 84/06
OLGR Stuttgart 2006, 809
ZAP EN-Nr. 4/2007