Sie haben einen Flug gebucht, aber er wurde verspätet oder annulliert? Das ist ärgerlich, aber Sie haben möglicherweise Anspruch auf eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung.
Fluggastrechte bekommen aufgrund der momentanen Situation enorme Bedeutung. Nachdem die meisten Länder ihre Corona-Beschränkungen aufgehoben haben, kommen die Deutschen wieder in Reiselust. Die europäischen Fluggäste genießen seit dem Jahr 2004 besonderen Schutz durch die EU-Verordnung 261/2004. In dieser Verordnung wurde umfassend bestätigt, dass Nichtbeförderung, eine große Verspätung oder die Annullierung von Flügen für Flugreisende ein besonderes Ärgernis ist und dass Fluggesellschaften Passagiere deshalb für die Unannehmlichkeiten mit bis zu 600 Euro entschädigen müssen.
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Fluggastrechte einfach digital durchsetzen – Das BMJ-Tool im Überblick
Das Bundesjustizministerium bietet ein innovatives Legal-Tech-Service-Tool an, das Reisenden ermöglicht, ihre Fluggastrechte einfach online zu prüfen und bei Bedarf gerichtlich einzuklagen. Erfahre hier alle Details, Vorteile und Grenzen!
Was ist das neue Legal-Tech-Tool des Bundesjustizministeriums?
Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat eine Online-Plattform entwickelt, auf der Fluggäste ihre Ansprüche bei Flugproblemen eigenständig überprüfen und diese gegebenenfalls digital bei Gericht einklagen können. Ziel ist es, Reisenden den Zugang zur Justiz deutlich zu erleichtern und ihnen eine rechtsstaatliche Möglichkeit zur selbstständigen Durchsetzung ihrer Ansprüche zu geben.
Wie funktioniert das BMJ-Fluggastrechte-Tool?
1. Informationen zur EU-Fluggastrechteverordnung
In der ersten Stufe bietet die Plattform umfangreiche Informationen zu den Rechten von Reisenden bei:
- Flugannullierungen
- Nicht-Beförderung (z. B. Überbuchung)
- Flugverspätungen
Mithilfe dieser Informationen wird den Nutzern dargestellt, auf welchen rechtlichen Grundlagen ihre Ansprüche beruhen, z. B. gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004).
2. Vorab-Check: Habe ich einen Anspruch?
Ein praktisches Tool auf der Plattform ist der Fragebogen-Check, mit dem Reisende unverbindlich prüfen können, ob sie Ansprüche auf Entschädigungszahlungen geltend machen können. Nach Beantwortung der Fragen erfahren sie:
- Ob ein Anspruch existiert
- In welcher Höhe potenziell eine Entschädigung möglich wäre
Hinweis: Das Ergebnis des Fragebogens ist keine vollständige rechtliche Beratung, sondern lediglich eine Orientierungshilfe.
3. Digitale Klageeinreichung
Anhand der Informationen können Nutzer ihre Entschädigungsansprüche entweder direkt bei der Airline geltend machen oder mithilfe eines „Digitalen Klageprozesses“ ihre Rechte bei Gericht einfordern. Durch einen einfachen Klick auf „Digitale Klage erstellen“ wird der Klageentwurf zusammengestellt, der anschließend beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden kann.
4. Bürgerkonto und Digitale Identifikation
Für die Einreichung der digitalen Klage ist ein eigenes Bürgerkonto erforderlich. Dieses Konto ermöglicht eine direkte, digitale Zusammenarbeit mit den zuständigen Gerichten. Voraussetzungen zur Einrichtung sind:
- Ein Online-Ausweis
- Eine Bund-ID
5. Pilotversuch an ausgewählten Amtsgerichten
Zurzeit läuft das Projekt als Testphase an folgenden Gerichten:
- Bremen
- Düsseldorf
- Erding
- Frankfurt am Main
- Hamburg
- Königs Wusterhausen
- Nürtingen
Vorteile und Grenzen des BMJ-Tools
Das neue Tool des BMJ ist eine wertvolle Ergänzung im Bereich der Fluggastrechte. Doch wie bei allen digitalen Angeboten, gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile:
Vorteile | Grenzen |
---|---|
Kostenfreie Nutzung | Gerichtskosten trägt der Kläger selbst |
Direkte Klageerstellung | Eigene Rechtsrisiken bei verlorenen Klagen |
Schneller und nutzerfreundlicher Ablauf | Erfordert Bürgerkonto und Digitale Identifikation |
Vergleich zu klassischen Legal-Tech-Plattformen
Im Gegensatz zu kommerziellen Legal-Tech-Dienstleistern (wie Flugrecht-Portalen) bietet das BMJ-Tool alle Leistungen kostenfrei an. Allerdings tragen Nutzer, die das BMJ-Angebot nutzen, das gesamte Kostenrisiko einer Klage selbst. Legal-Tech-Anbieter übernehmen dieses Risiko, behalten dafür jedoch einen Teil der erfolgreich erstrittenen Entschädigungszahlungen als Provision ein. Allerdings sind die Ansprüche gegen Airlines so klar geregelt, dass das Kostenrisiko bei Flugausfällen (nach Prüfung des Grundes) sehr gering ist. Nur deshalb lohnt es sich auch für die kostenpflichtigen Dienstleister.
Ein Schritt in die Zukunft der Justiz
Der digitale Service des Bundesjustizministeriums markiert einen wichtigen Schritt in die Zukunft der digitalen Justiz. Es ist eine transparente, einfache und kostenfreie Möglichkeit für Bürger*innen, ihre Ansprüche geltend zu machen. Gleichzeitig bietet es mehr Eigenverantwortlichkeit und stellt die Rechte der Nutzer*innen selbst in den Fokus. Für Reisende, die bequeme Lösungen suchen und bereit sind, das Kostenrisiko selbst zu tragen, ist das Tool eine wertvolle Ergänzung.
Das Angebot ist direkt unter folgendem Link zu finden: https://service.justiz.de/fluggastrechte
Warum gibt es die EU-Fluggastrechte-Verordnung?
Es stellt sich die Frage, warum es die EU-Fluggastrechte-Verordnung gibt. Diese Verordnung wurde verabschiedet, um Flugreisende vor den Unannehmlichkeiten, die aus langen Wartezeiten oder Flugausfällen entstehen, die die Airline hätte verhindern können, zu schützen. In dieser Verordnung wurde unter anderem ein System von Ausgleichsleistungen als grundlegender Schutz für die Fluggäste geschaffen, die die Fluggesellschaften auch dazu bewegen sollen, Verspätungen und Ausfälle zu vermeiden.
In der EU-Verordnung sind Ihre Rechte bei Nichtbeförderung gegen Ihren Willen, Annullierungen und Verspätung Ihres Fluges geregelt. Weiterhin gibt Ihnen die Regelung Auskunft, wann Ihnen Ausgleichszahlungen von 250 Euro bis 600 Euro zustehen. Zu guter letzt regelt die Verordnung auch, wann Sie Ihren Flug bei Annullierungen oder großen Verspätungen stornieren oder umbuchen dürfen.
Für wen gilt die EU-Fluggastrechte-Verordnung?
Zunächst stellt sich die Frage, für wen die EU-Fluggastrechte-Verordnung gilt. Darunter fallen alle Flugreisenden mit gültigem Ticket und einer Buchungsbestätigung. Weiterhin gilt diese auch für Flugreisende, deren Flug entweder in der Europäischen Union startet oder von einer Fluggesellschaft mit Sitz in der EU ausgeführt wird und in der EU landet.
Dabei ist irrelevant, ob die Reisenden eine Pauschalreise oder bei einer Billig-Airline wie beispielsweise Ryanair oder EasyJet gebucht haben. Zudem ist ebenfalls nicht relevant, ob Sie auf einer Geschäftsreise sind oder noch nicht die Volljährigkeit erreicht haben.
Für wen gilt EU-Fluggastrecht-Verordnung nicht?
Zum einen gilt die Verordnung nicht für Flugreisende, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisen, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist. Weiterhin gilt sie nicht für Gäste, die nicht pünktlich zur Abfertigung erschienen sind, da im Normalfall Passagiere spätestens 45 Minuten vor Abflugzeit am Check-In sein müssen. Eine Ausnahme gilt dabei nur im Fall, wenn der Flug annulliert wird.
Wann erhält man nach der EU-Verordnung Entschädigung?
Um einen Anspruch auf Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung muss Ihr Flug einige Voraussetzungen erfüllen.
Basierend auf der EU-Fluggastrechte-Verordnung muss Ihr Flug einige Voraussetzungen erfüllen, damit Sie Anspruch auf eine Entschädigung haben.
Voraussetzung |
Was muss erfüllt sein? |
1 |
Entweder muss der Flug in der EU starten oder die Airline muss ihren Sitz in der EU haben. |
2 |
Der Flug muss in der EU landen. |
3 |
Der von Ihnen betroffene Flug darf nicht länger als 3 Jahre zurückliegen. |
4 |
Es ist nicht relevant für die Gültigkeit der EU-Fluggastrechte-Verordnung, dass der Flug Teil einer Pauschal- oder Geschäftsreise war. |
In folgenden Fällen haben Sie einen Anspruch auf Entschädigung, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind:
- Überbuchung: In diesem Fall hat die Airline Ihren Flug überbucht und finden daher keinen Platz mehr an Bord des Fluges.
- Annullierungen: Informiert die Fluggesellschaft Sie weniger als 14 Tage vor dem Abflug über ihren Ausfall, so steht Ihnen ebenfalls ein Anspruch zu.
- Verspätung: Sollte Ihr Flug den Zielflughafen erreicht haben, jedoch mit drei oder mehr Stunden, ist ebenfalls ein Anspruch gegeben.
- Anschlussflug verpasst: Wenn Sie ihr Endziel Ihrer Reise um drei oder mehr Stunden verspäten, weil Sie Ihren Anschlussflug aufgrund einer kürzeren Verspätung verpasst haben ist ebenfalls ein Entschädigungsanspruch gegeben. Dies gilt auch dann, wenn die Flüge von unterschiedlichen Airlines ausgeführt wurden.
Wie hoch ist der Entschädigungsbetrag?
Es stellt sich die Frage, wie hoch die Entschädigung ausfällt. Dies richtet sich nach der Flugstrecke und nicht – wie vielleicht von vielen vermutet – nach dem Ticketpreis. Hier zur Verdeutlichung, was man unter Kurz-, Mittel- und Langstrecke versteht.
Strecke |
Kilometeranzahl |
Entschädigung in Euro |
Beispielstrecke |
Kurzstrecke |
Bis zu 1500 Kilometer |
Bis zu 250 Euro |
München-Wien |
Mittelstrecke |
Bis zu 3500 Kilometer |
Bis zu 400 Euro |
Frankfurt aM-Dubai |
Langstrecke |
Über 3500 Kilometer |
Bis zu 600 Euro |
Frankfurt aM-Panama |
Pflichten der Fluggesellschaften
Welche Pflichten bestehen für die Fluggesellschaften gegenüber den Flugreisenden? Zunächst müssen Airlines ihre Flugreisenden ausführlich über ihre Fluggastrechte informieren. Darunter fallen beispielsweise Informationen der Passagiere bei der Abfertigung, die Auskunft über Verspätungen und auch ausreichendes Informationsmaterial auf der Webseite der Fluggesellschaft.
In einem Urteil des Landgerichts Berlin (Urteil vom 08. Oktober 2015, Az.: 52 O 102/15) entschied das Gericht, dass die Fluggesellschaft „Germania“ ihre Kundschaft nicht länger falsch über ihre Rechte bei großen Verspätungen und Überbuchungen informieren darf. Nach Ansicht der Richter wurde auf der zugänglichen Webseite der Fluggesellschaft veröffentlichtes Informationsblatt über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen im Fall von Annullierungen, Überbuchungen und großen Verspätungen falsch wiedergegeben. Es fehlte beispielsweise der Hinweis auf Ausgleichszahlungen von 250 bis 600 Euro.
Außergewöhnliche Umstände
In Fällen “außergewöhnlicher Umstände“ ist die Fluggesellschaft jedoch nicht für eine Verspätung verantwortlich, sodass sie nach der Verordnung keine Entschädigung zahlen muss. Aber was sind außergewöhnliche Umstände und wie werden diese definiert? Darunter versteht man beispielsweise Unwetter, die nicht vorhersehbar waren. Weiterhin fallen darunter politische Instabilität, die Sperrung des Flughafens oder des Luftraums, ein Streik der Flugsicherung oder Vögel im Triebwerk.
Ein Streik der Piloten oder der Fluglotsen kann grundsätzlich ein außergewöhnlicher Umstand sein – es kommt aber immer auf den Einzelfall an. In diesen Fällen muss die Airline Ihnen keine Entschädigungsansprüche zahlen. Wie in vielen anderen Gebieten gibt es auch hier die ein oder andere Ausnahme. Stellen Sie sich vor, dass es im Winter viel schneit und die Airline sich nicht mit ausreichenden Enteisungspräparaten eingedeckt hat.
Unter diesen Umständen hätte die Airline das Problem vermeiden können, sodass auch in diesem Fall ein Entschädigungsanspruch besteht. Dabei müssen auch Sie mehrere Voraussetzungen erfüllen. Diese Voraussetzungen sind aber identisch mit denen, der oben gezeigten Tabelle.
Lange Wartezeit am Flughafen – Ansprüche auch hier?
Zu guter letzt stellt sich die Frage, ob Ihnen auch irgendwelche Ansprüche zustehen, wenn Sie eine längere Wartezeit am Flughafen ausharren müssen. Auch hier hat die Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 eine Antwort parat.
Strecke |
Wartezeit |
Anspruch |
Kurzstrecke |
Ab 2 Stunden |
Kostenfreie Getränke, Snacks, E-Mails, Fax und zwei Telefonate |
Mittelstrecke |
Ab 3 Stunden |
Kostenfreie Getränke, Snacks, Mahlzeiten, zwei Telefonate, E-Mails und Fax |
Langstrecke |
Ab 4 Stunden |
Kostenfreie Getränke, Mahlzeiten, zwei Telefonate, E-Mails und Fax |
Sollte jedoch ein Fall einer Überbuchung vorliegen, haben Sie sofort einen Anspruch auf die beschriebenen Versorgungsleistungen. Sollte es zu einer Verspätung von fünf oder mehr Stunden kommen, können Sie Ihren Flug stornieren und den vollen Flugpreis zurückverlangen.
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Quellen:
Online-Tool für Fluggastrechte
https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32004R0261:de:HTML https://www.flightright.de/ihre-rechte/fluggastrechte-bei-verspaetung https://www.vzbv.de/urteile/fluggesellschaft-muss-klar-und-vollstaendig-ueber-fluggastrechte-aufklaeren https://www.flugrecht.de/archives/fluggastrechte/eu-fluggastrechteverordnung/EU-Fluggastrechteverordnung-Volltext.pdf
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