Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Führen eines Fahrzeugs vorliegt, wenn ein stark Betrunkener sein Fahrrad schiebt. Macht sich dabei der Betroffene auf den ersten Blick sinnigen Aktion der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gem. §316 StGB strafbar? Kann er weiterhin dafür belangt werden?
Betrunkener schiebt sein Fahrrad
Wie sah der Sachverhalt aus? Ein Fahrradfahrer konsumierte bei einer privaten Feier im Vereinshaus eines Sportvereins exzessiv Alkohol. Er verließ die Feier gegen 06.30 Uhr und wollte mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Er merkte immerhin, dass ihm dies nicht mehr möglich ist. Als er den Ständer aus dem Fahrrad zog, fiel der Mann das erste Mal hin.
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Nachdem der Mann bemerkte, dass er zu betrunken war um selbst zu fahren, entschloss er sich, das Fahrrad zu schieben. Der Heimweg betrug etwa vier Kilometer. Aufgrund des hohen Alkoholkonsums litt der Mann unter massiven Gleichgewichtsstörungen. Er stieß einmal an einer Brücke gegen das Brückengeländer.
Nach weiteren hunderten Metern kam er vom Weg ab und fiel mitsamt des Fahrrads eine Böschung hinab. Dabei ließ er das Rad in der Böschung liegen und ging selbst noch einige Schritte. Danach stürzte der Mann wieder und ließ sich dann zum Schlafen auf der Straße nieder.
BAK von 2,5 Promille
Daraufhin fanden ihn zwei Polizisten. Ein Alkoholtest ergab eine BAK von 2,3 Promille. Das AG Freiburg verurteile den Mann daher zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 35 Euro. Im Strafbefehl hieß es, der Mann sei mit dem Fahrrad auf der Straße gefahren, obwohl er aufgrund des vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig gewesen sei. Daher habe er sich wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr gemäß § 316 Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht.
Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht Freiburg kam hingegen zu einer anderen Einschätzung. Nach Ansicht des Gerichts gebe es keine Hinweise dafür, dass der Mann auf dem Weg vom Vereinsheim bis zu der „Unglücksstelle“ zu irgendeinem Moment Fahrrad gefahren sei. Daher habe sich der Radfahrer auch nicht nach §316 StGB strafbar gemacht, da dieser das Fahrrad in diesem Moment nicht führte.
Schieben kann nicht als Führen angesehen werden
Nach einhelliger herrschender Meinung, ist das Schieben eines Fahrrads nicht gleichzusetzen mit dem Tatbestandsmerkmal des „Führens“ aus §316 StGB.
Der Schiebende bedient zwar in aller Regel den Lenker, damit das Rad durch den öffentlichen Verkehrsraum geleitet werden kann. Dabei ist die Gefahrenlage beim Schieben aber so viel geringer, dass es sachgerechter erscheine, einschlägige Verhaltensweisen im Wege einer telexlogischen Reduktion aus dem Tatbestand zu eliminieren.
Das betrunkene Schieben eines Fahrrads im öffentlichen Verkehrsraum kann danach nicht als Führen im Sinne des § 316 StGB angesehen werden.
Quelle:
LG Freiburg, Urteil v. 26.10.2021, 11/21 10 Ns 530 Js 30832/20
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