Vielen Erblassern scheint nicht bewusst zu sein, dass ein Testament eine Urkunde darstellt. Das ein oder andere Gericht hatte schon viele kuriose Testamente vorgelegt bekommen. Gerade, wenn es um die Errichtung von Testamenten geht, gibt es die unglaublichsten Gegebenheiten. Egal, ob ein solches auf einem Notizzettel verfasst wurde oder wie in unserem Fall, dass der Erblasser als Form seines Testaments zwei Aufkleber auf einem Fotoumschlag wählte. Das Oberlandesgericht Hamburg musste entscheiden, ob lediglich zwei Aufkleber auf einem Fotoumschlag ein wirksames Testament darstellen.
Fotoumschlag mit zwei Aufklebern
Im Fall verstarb der Erblasser. Danach beantragte eine sehr gute Freundin von ihm einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Sie begründete ihren Antrag damit, dass der Erblasser durch zwei auf einem Fotoumschlag angebrachte Aufkleber ein Testament errichtet hat. Dabei stand auf dem einen Aufkleber „V. ist meine Haupterbin“. Auf dem zweiten Aufkleber stand „D.L. 10.01.2011“. Die Freundin des Erblassers hat sich in den letzten Jahren intensiv um den Erblasser gekümmert. Weiterhin können auch mehrere Zeugen bekunden, dass der Erblasser wollte, dass die Antragstellerin alles erben soll. Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek wies den Antrag auf Erteilung des Erbscheins jedoch zurück.
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Die Antragstellerin reichte daraufhin eine Beschwerde ein.
Kein wirksames Testament
Im vorliegenden Fall bestätigte das Oberlandesgericht Hamburg die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Nach Ansicht der Richter sei sie nicht Alleinerbin des Erblassers geworden. Die zwei Aufkleber auf dem Fotoumschlag stellen kein wirksames Testament dar.
Zweifel an Testierwille
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg haben sich Zweifel am Testierwillen des Erblassers ergeben. Es wird zwar nicht vorausgesetzt, dass ein wirksames Testament auch wirklich ausdrücklich das Wort „Testament“ enthält. Auch steht ein ungwöhnliches Schreibmaterial oder eine ungewöhnliche Gestaltung der Wirksamkeit nicht entgegen. Trotz alle dem sei zu berücksichtigen, dass das „Testament“ keine Überschrift, wie beispielsweise „Testament“, „Letzter Wille“ oder „Letztwillige Verfügung“ aufwies. Weiterhin wurde von dem Erblasser lediglich der Vorname genannt, was die Ermittlung der benannten Person erschwerte. Außerdem wurde die klagende, angebliche Erbin als „Haupterbin“ bezeichnet. Das hat den Schluss nahegelegt, dass es noch weitere Erben gibt.
Fehlende Unterschrift
Aber nicht nur der fehlende Testierwille macht das Testament unwirksam. Das „Testament“ sei weiterhin auch formunwirksam gewesen, da es an der erforderlichen eigenhändigen Unterschrift fehlt. Der erste Aufkleber mit der Aufschrift „V. ist meine Haupterbin“ war gar nicht unterschrieben. Der zweite Aufkleber mit der Aufschrift „D.L. 10.01.2011“ hatte überhaupt gar keinen erkennbaren Bezug zum ersten Aufkleber gehabt. Es handelte sich dabei um zwei separate Aufkleber. Somit habe ein Schutz gegen eine mögliche Manipulation nicht bestanden.
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Quelle:
Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg, Urteil vom 08.10.2013 – 2 W 80/13
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