Fachbeitrag 15.07.2013

Zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform


Zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform – Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens und Restschuldbefreiungsverfahrens.

Die zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform hat den Bundesrat passiert. Mit Wirkung zum 01. Juli 2014 ergeben sich erhebliche Veränderungen bei der privaten Entschuldung durch ein Insolvenzverfahren:

 1.    Vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung

Auch zukünftig wird gem. § 300 Abs. 1 InsO spätestens 6 Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Erteilung der Restschuldbefreiung entschieden. Nach dem neuen Recht kommt eine vorzeitige Erteilung der Rechtschuldbefreiung in Betracht: Nach § 300 Abs. 1 Ziff. 3 InsO n.F. wird diese Frist um ein Jahr auf dann 5 Jahre vorgezogen, sofern die Kosten des Verfahrens (meist ca. 1.500,00 € – 3.000,00 €) gedeckt sind. Gem. § 300 Abs. 1 Ziff. 2 InsO n.F. kommt darüber hinaus eine Verkürzung auf 3 Jahre in Betracht, wenn die Gläubiger, welche ihre Forderung im Verfahren angemeldet haben, zu mindestens 35 % befriedigt werden können.

Darüber hinaus sieht das Gesetz eine sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung vor, wenn die Verfahrenskosten und die Forderung sämtlicher anmeldenden Gläubiger zu vollständig gedeckt sind.

2.    Erweiterung der von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderungen

Nach alten Recht waren gem. § 302 InsO lediglich Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, wenn sie entsprechend zur Tabelle angemeldet wurden, Geldstrafen und –bußen und ähnliches von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Dieser Katalog wird um zwei in der Praxis häufig wesentliche Bereiche erweitert, und zwar

  •  um Ansprüche aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, welchen der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat sowie
  •  um Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder 374 der AO rechtskräftig verurteilt worden ist.

Schuldner mit derartigen Verbindlichkeiten können zwar auch zukünftig noch Restschuldbefreiung erteilt bekommen, diese erfasst jedoch nicht mehr die o.g. Forderungen.

3.    Ausweitung der Versagungsgründe

Ab dem 01. Juli 2014 werden die Versagungsgründe des § 290 InsO und das Verfahren erheblich modifiziert. Dann kann der Gläubiger einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung im laufenden Insolvenzverfahren jederzeit schriftlich bei dem Insolvenzgericht einreichen. Bisher können die Anträge nur im Schlusstermin gestellt werden. Nach §§ 297 a , 303, InsO n. F. kann auch noch nach dem Schlusstermin die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn nachträglich ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO bekannt wird.

Die Restschuldbefreiung ist wegen einer Insolvenzstraftat nur dann zu versagen, wenn der Insolvenzschuldner zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde.

Neu ist auch die Einführung einer Erwerbsobliegenheit bereits im Insolvenzverfahren durch § 287 b InsO n. F. Nach altem Recht gab es diese Obliegenheit erst in der anschließ4enden Wohlverhaltensphase. Verletzt der Schuldner diese Obliegenheit, ist ihm nach § 290 Abs. Ziff. 7 InsO n.F. die Restschuldbefreiung zu versagen.

Nach neuem Recht kann bereits 5 Jahre nach rechtskräftiger Versagung einer Restschuldbefreiung – und nicht wie bisher erst nach 10 Jahren – ein erneuter Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung verbunden mit einem Insolvenzantrag gestellt werden. Auch gibt es keine Sperrfristen mehr für diejenigen, welche in dem ersten Insolvenzverfahren keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt haben oder denen die Restschuldbefreiung versagt wurde, weil die Mindestvergütung des Treuhänders nicht gedeckt war.

4.    Eintragung in das Schuldnerverzeichnis

Nach § 303 a InsO werden Versagungen und Widerrufe von Restschuldbefreiungen in das gerichtliche Schuldnerverzeichnis eingetragen.

5.    Der zweijährige Vorrang von Gehaltsabtretungen vor dem Insolvenzbeschlag im laufenden Insolvenzverfahren gem. § 114 InsO wurde ersatzlos gestrichen.

6.    Die speziellen Regelungen für Verbraucherinsolvenzen gem. §§ 311 – 314 InsO (sogenanntes vereinfachtes Insolvenzverfahren) wurden gestrichen; statt eines Treuhänders wird künftig auch bei Verbrauchern ein Insolvenzverwalter bestellt.

7.    Inkrafttreten

Die hier behandelten Änderungen sind gem. Art. 103 EGInsO auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die ab dem 01.07.2014 beantragt wurde. Auf Insolvenzverfahren, die zuvor beantragt wurde, finden die §§ 114, 290 ff. InsO alter Fassung Anwendung.

Das Gesetz gibt den meisten Schuldnern wenig Anlass, mit der Beantragung des Insolvenzverfahrens auf den 01. Juli 2014 zu warten.

Sollten Steuer- oder Unterhaltsschulden vorhanden sein, ist sogar dringend eine frühzeitige Antragstellung zu prüfen, da diese Ansprüche sicher nur nach altem Recht von der Restschuldbefreiung erfasst werden.

Sollte der Schuldner innerhalb von drei Jahren ca. 35 % der Gläubigerforderungen befriedigen können, so gestalten sich entsprechende Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern in der Regel erfolgversprechend.

Auch die Verkürzung der Restschuldbefreiungszeit von 6 auf 5 Jahre für den Fall, dass die Verfahrenskosten im laufenden Verfahren gedeckt werden könnten, sollte kein Grund sein, nochmals ein Jahr zuzuwarten, ehe der Antrag gestellt wird. Auch bei sofortiger Einleitung des Insolvenzverfahrens würde die Restschuldbefreiung nicht wesentlich später erteilt werden als bei Antragstellung nach neuem Recht nach dem 01.07.2014.

 

Dr. Kramp

Rechtsanwalt

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