Fachbeitrag 18.02.2014

Zahlungsunfähigkeit des Schuldners leichter nachweisbar


In seiner jüngsten Entscheidung vom 18.07.2013, Az. IX ZR 143/12, hatte der Bundesgerichtshof Gelegenheit, sich im Rahmen eines Insolvenzanfechtungsprozesses zu den Fragen des Nachweises der Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungseinstellung eines Schuldners auseinanderzusetzen. Diese Entscheidung zeigt die Gefahren auf, welche Gläubiger eingehen, wenn sie trotz schleppender Zahlungsweise weiter Geschäfte mit ihren Kunden machen. Im zu entscheidenden Fall hatte ein Energielieferant erhebliche Außenstände bei einer Bäckereikette beigetrieben. Dabei kam es nur zu schleppenden Zahlungen. Der Insolvenzverwalter focht diese Zahlungen im Zeitraum drei Monate vor Insolvenzantragstellung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO an. Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen des späteren Schuldners, hier Zahlungen, in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung anfechtbar, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte.

Der Insolvenzverwalter legte jedoch zum Beleg der Zahlungsunfähigkeit keine Liquiditätsbilanz vor, sondern lediglich Indizien, welche eine Zahlungseinstellung belegen sollten, vor. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO gilt eine gesetzliche Vermutung für eine Zahlungsunfähigkeit, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Aus diesem Grunde lässt der Bundesgerichtshof auch den Nachweis der Zahlungseinstellung für den Nachweis einer Zahlungsunfähigkeit im Rahmen eines Insolvenzanfechtungsprozesses ausreichen.

Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischer Weise ausdrückt, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Dabei kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise eine Indizwirkung für eine Zahlungseinstellung haben.

In dem nunmehr entschiedenen Fall geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass sich lediglich aus der Nichtzahlung von Verbindlichkeiten an den konkreten Anfechtungsgegner eine Anfechtung begründen lässt. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof das klageabweisende Urteil des Oberlandesgerichtes aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung zurückverwiesen.

Gläubiger müssen sich darauf einstellen, dass in Zukunft noch vermehrt die schleppende Begleichung von Verbindlichkeiten sowohl in der kritischen Zeit (3 Monate vor Insolvenzantragstellung), als auch gem. § 133 InsO bis zu einem Zeitraum von 10 Jahren rückwirkend von einem Insolvenzverwalter angefochten werden.

Wegen der sehr speziellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu diesem Thema ist den betroffenen Gläubigern anzuraten, spätestens nach einem Anfechtungsschreiben des Insolvenzverwalters Hilfe bei einen Fachanwalt für Insolvenzrecht oder einen auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu suchen.

 

Dr. Kramp

 Rechtsanwalt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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