Verjährung bedeutet den Verlust des Rechts auf Geltendmachung oder auf Durchsetzung eines Anspruchs innerhalb einer gewissen Frist. Der französische Gesetzgeber hat am 17. Juni 2008 die Verjährungsfristen im Zivilrecht neu regelt. Das Gesetz ist am nächsten Tag in Kraft getreten. Die 30-jährige allgemeine Frist wurde durch eine fünfjährige ersetzt (Artikel 2219 Code Civil). Das Gesetz sieht Übergangsbestimmungen vor, nach denen je nach Fall, Ansprüche, die vor der Gesetzesreform entstanden sind und somit der alten Frist unterliegen, noch bis spätestens zum 18. Juni 2013 geltend gemacht werden können.
Unterhaltsansprüche unterlagen einer besonderen Frist von fünf Jahren (Artikel 2277 alt Code Civil). An dieser Frist hat sich seit der Neuregelung somit nichts geändert. Die Verjährung rechnet sich in Tagen und nicht in Stunden (Artikel 2228 Code Civil). Die Frist kann unterbrochen werden (Artikel 2231 Code Civil).
Die Fragen, die sich ein Unterhaltsgläubiger stellen muss, sind, kann der Anspruch auch für die Vergangenheit gerichtlich geltend gemacht werden; verjähren betitelte Unterhaltsansprüche?
– Können Unterhaltsansprüche rückwirkend geltend gemacht werden?
Im Prinzip kann der Gläubiger Unterhaltsansprüche erst ab Klageerhebung geltend machen. Dies besagt die Regel „aliments n’arréragent pas“, was bedeutet, dass vermutet wird, dass der Gläubiger vor Antragsstellung nicht bedürftig war.
Stellt der Gläubiger nicht den Antrag auf Festsetzung des Unterhalts ab Klageerhebung, entsteht sein Anspruch erst ab Urteilsausspruch. Der Kindesunterhalt und der nacheheliche Unterhalt werden im französischen Recht immer mit einem Index versehen und können deshalb jährlich variierten.
Im Prinzip muss der Unterhaltsschuldner spontan nach dem im Urteil festgesetzten Index den Unterhalt neu berechnen. Tut er dies nicht, obliegt es dem Gläubiger die Höhe des Unterhalts neu zu berechnen. Sieht die Entscheidung keinen Index vor, so kann auch keine Anpassung verlangt werden.
– Verjähren titulierte Unterhaltsforderungen?
Unterhaltsansprüche, die gerichtlich festgesetzt worden sind, verjähren in der allgemeinen Verjährungsfrist von fünf Jahren (Artikel 2219 Code Civil).
Bezahlt der Schuldner regelmäßig den Unterhalt ohne ihn anzugleichen und hat der Gläubiger es versäumt, die Angleichung innerhalb von fünf Jahren geltend zu machen, verjährt auch hier der Differenzbetrag.
Laut Artikel 2221 Code Civil, unterliegt die Verjährung dem nationalen Recht der Forderung. Müssen deutsche titulierte Unterhaltsansprüche in Frankreich durchgesetzt werden, verjährt somit der Anspruch innerhalb der deutschen Frist von 3 Jahren.
– Was kann der Gläubiger tun, wenn er nicht weiß, wie und wo er seine Ansprüche vollstrecken kann?
Mit der am 18. Juni 2011 in Kraft getretenen EU-Verordnung haben die Mitgliedstaaten im Rahmen der Alimenteneintreibung den Zentralen Behörden eine sehr wichtige Aufgabe übertragen. Auf Antrag des Gläubigers und seiner Zentrale Behörde, soll die Behörde des Mitgliedstaates des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Schuldners dem Gläubiger helfen, den Schuldner zu lokalisieren, Informationen über seine Einkünfte und sein Vermögen ausfindig zu machen und die Geltendmachung und Zahlung der Alimente zu vereinfachen.
Bisher funktioniert jedoch die Mitarbeit zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten noch nicht. Das französische Justizministerium verweist auf seiner Webseite
den Gläubiger, der sein Urteil in Frankreich vollstrecken muss und nicht weiß, wie er vorzugehen hat, darauf ein Strafverfahren einzuleiten. Nur bringt das Strafverfahren nicht die Alimente.
Bezahlt der Unterhaltsschuldner den Unterhalt nicht oder weigert er sich, die Forderung neu zu berechnen, kann der Gläubiger eine Gehalts- oder Kontenpfändung vornehmen lassen. Kennt der Gläubiger weder den Arbeitgeber noch das Bankkonto des Schuldners, kann der Gerichtsvollzieher eine Recherche machen, um zu erfahren, ob und bei welcher Bank ein Bankkonto vorhanden ist. Die Recherche setzt voraus, dass bereits ein Unterhaltstitel vorliegt, der dem Gerichtsvollzieher vorgelegt werden muss.
Da nach dem 18. Juni 2011 in den Mitgliedstaaten ergangene Unterhaltstitel nicht mehr in dem zu vollstreckenden Mitgliedstaat anerkannt zu werden brauchen, kann der Titel in Frankreich sofort vollstreckt und/oder die Recherche sofort gemacht werden.
Wegen der kurzen Verjährungsfristen ist es deshalb angebracht, sich sofort an einen ortsansässigen Anwalt zu wenden.