Fachbeitrag 18.03.2014

Verdachtskündigung – Nachschieben von Kündigungsgründe


Sachverhalt

Die Beklagte hatte gegenüber dem Kläger wegen des Verdachts betrügerischer Auftragsvergaben nach vorheriger Anhörung eine außerordentliche Verdachtskündigung ausgesprochen. Im Laufe des Berufungsverfahrens in dem Kündigungsrechtstreit erlangte die Beklagte erstmals Kenntnis von Tatsachen, welche den Verdacht nahelegten, der Kläger habe auf seinem Privatgrundstück Baumaßnahmen ausführen lassen, die von ihm als Umbau eines Betriebs der Beklagten deklariert worden waren. Der Vorwurf bezog sich auf einen Zeitraum vor Ausspruch der  Kündigung. Die Beklagte führte diese Erkenntnisse ohne erneute Anhörung des Klägers in den vorliegenden Rechtstreit ein.

BAG,  Urteil vom 23.5.2013 – 2 AZR 102/12

 

Entscheidungsgründe

  1. Im Falle einer Verdachtskündigung können später bekannt gewordene Tatsachen, die bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen und den ursprünglichen Verdacht abschwächen oder verstärken, noch berücksichtigt wer-den. Unter den gleichen Bedingungen können auch noch Tatsachen in den Prozess eingeführt werden, die den Verdacht eines eigenständigen, neuen Kündigungsvorwurfs begründen. Es bedarf dann keiner erneuten vorherigen Anhörung des Arbeitnehmers.
  2. Neu bekannt gewordene, bei Kündigungsausspruch objektiv aber bereits gegebene Gründe können nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 626  Absatz 2 Satz 1 BGB in den Prozess eingeführt werden.

Bewertung

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Blick auf Verdachtskündigungen entschieden, dass auch später bekannt gewordene Tatsachen, die bei Kündigungszugang objektiv vorlagen, von denen der Arbeitgeber aber im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches noch keine Kenntnis hatte, noch berücksichtigt werden können und es insoweit keine erneute Anhörung des Arbeitnehmers bedarf.

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