Verbraucherrecht – Kauf von Baumaterialien: Wer zahlt bei einem Mangel die Kosten für den Ausbau ?
Bei gekauften Baumaterialien besteht auch bei einem Mangel grundsätzlich kein Anspruch gegen den Verkäufer auf Erstattung der Ausbaukosten.
Sachverhalt:
Ein Verbraucher kauft bei einem Baumarkt oder Baustoffhändler Baumaterialien, z.B. Bodenfliesen. Nachdem der Verbraucher diese Bodenfliesen hat verlegen lassen, bemerkt er, dass diese mangelhaft sind.
Natürlich verlangt der Verbraucher von dem Verkäufer der mangelhaften Fliesen, dass dieser neue Fliesen als Ersatz liefert. Die Frage ist indessen, ob der Verbraucher vom Verkäufer auch die Kosten des Austauschs verlangen kann.
1. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Schuldrechtsmodernisierung zum 01.01.2002 sollten die Verbraucherrechte auch im Bereich des Kaufrechtes deutlich gestärkt werden. Grundlage war die Europäische Verbraucherschutzrichtlinie, die der deutsche Gesetzgeber in nationales Kaufrecht umgesetzt hat. In der aktuellen Situation steht die Problematik der sog. “Ausbaukosten”, deren Beurteilung derzeit dem europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorliegt. In Anbetracht der Tatsache, dass Baumärkte weiter aus dem Boden schießen ist das Thema von hoher Relevanz. Die Problematik stellt sich immer dann, wenn Hauseigentümer Baumaterialien selbst einzukaufen und in Eigenleistung einbauen oder günstige Unternehmer einbauen lassen.
2. Wenn es um Materialien geht, die fest eingebaut werden (z.B. Bodenfliesen, Pflastersteine, Dachziegel, etc.), sind die Kosten des Austauschs meist erheblich. Einigkeit besteht darüber, dass ein Verkäufer gem. § 439 BGB natürlich verpflichtet ist, mangelfreie Material nachzuliefern.
Das eigentliche Ziel des Käufers wird damit bei weitem nicht erreicht. Sind beispielsweise nach dem Kauf von Fliesen nur 5 der verkauften 200 Fliesen mangelhaft, so hat der Käufer nur Anspruch auf Nachlieferung von 5 Fliesen. Der entsprechende Kostenaufwand für den Verkäufer ist minimal. Das eigentliche Problem des Verbrauchers liegt ja schließlich auch nicht darin, fünf mangelfreie Fliesen zu beschaffen. Es versteht sich von selbst, dass der eigentliche Kostenaufwand vor allem durch den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der mangelfreien Fliesen verursacht wird. Der kaufrechtliche Nachlieferungsanspruch ist gleichwohl auf die eigentliche Nachlieferung beschränkt.
Verkäufer muss nur mangelfreies Material nachliefern
3. Ob Weitergehende Ansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer bestehen im Hinblick auf die Ausbau- und Einbaukosten des ja bereits verbauten Baumaterials, ist höchst umstritten. Der Bundesgerichtshof hat sich zu den streitigen Rechtsfragen in einem Beschluss vom 14.01.2009, VIII ZR 70/08, geäußert und leider eine aus Verbrauchersicht ungünstige Entscheidung getroffen.
Diese lässt sich wie folgt zusammenfassen:
– Der Käufer hat keinen Anspruch auf Ersatz der Ausbau- und Einbaukosten gegenüber dem Verkäufer, wenn der Käufer in Eigenmontage oder durch einen beauftragten Unternehmer das gekaufte Baumaterial eingebaut hat und sich dann ein Mangel zeigt. Dies wird vom Bundesgerichtshof damit begründet, dass der Einbau der Baumaterialien aus der Haftungssphäre des Käufers resultiert und der eigentliche Kaufvertrag nur die Verpflichtung des Vekäufers beinhaltet, die Baumaterialien (z. B. Fliesen) zu liefern.
– Ein weitergehender Anspruch des Käufers auf Ersatz der Ausbaukosten und der Einbaukosten besteht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Verkäufer die mangelhafte Lieferung des Baumaterials zu vertreten hat. Den Verkäufer muss insoweit ein Verschulden treffen. Ein solches Verschulden trifft den Verkäufer aber nur dann, wenn dieser den Mangel der Baumaterialien bei ordnungsgemäßer Sorgfalt vor der Auslieferung erkennen konnte.
Schadensersatz in Höhe der Aus- und Einbaukosten nur bei Verschulden des Verkäufers
4. Rechtliche Folgen:
Für den Verbraucher ist diese Sichtweise äußerst unbefriedigend. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Rechtssprechung dem Verkäufer von Baumaterialien in aller Regel keine Untersuchungspflicht auferlegt. Baumaterialien (wie z. B. Fliesen, Pflastersteine, Holzmaterialien) sind in aller Regel in großen Gebinden oder Paletten verpackt und werden häufig vom Hersteller direkt an den Kunden ausgeliefert. Rein praktisch dürfte es kaum einen Fall geben, bei dem ein Verkäufer nachweislich die Möglichkeit hatte, einen solchen Mangel im Vorfelde zu bemerken. Dem Verbraucher dürfte der Nachweis, dass der Verkäufer den Mangel erkennen konnte, kaum möglich sein. Der Verweis des Käufers auf einen möglichen Schadensersatzanspruch hilft daher in der Praxis überhaupt nicht weiter, da dem Verkäufer ein Verschulden nicht nachweisbar ist.
In der Regel keine Untersuchungspflicht des Verkäufers
Für den Verbraucher gibt es trotz dieser aus Verbrauchersicht negativen Entscheidung des Bundesgerichtshofs noch einen gewissen Lichtblick am Himmel.
Der Bundesgerichtshof hat unter anderem die Frage, ob das deutsche Kaufrecht im Hinblick auf die Ausbaukosten möglicherweise gegen die Europäische Verbrauchsgüterrichtlinie verstößt (Richtlinie 1999/44/EG) dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof muss nunmehr die Frage entscheiden, ob es europäischen Verbraucherrecht widerspricht, dass dem Käufer nach deutschem Kaufrecht die Ausbaukosten nicht zu ersetzen sind. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ist noch nicht gefallen. Der sogenannte Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshofs hat in seiner Stellungnahme vom 18.05.2010 allerdings klar gestellt, dass er sich dafür ausspricht, dass das Gericht einen Verstoß gegen Europäisches Recht verneint, im Ergebnis dem Käufer also die Ausbaukosten nicht zuspricht.
Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes steht noch aus.
4. Fazit:
a) Auf jeden Fall sollte der Käufer das Material vor dem Einbau sorgfältig auf Fehler kontrollieren. Nur wenn der Käufer vor dem Einbau Mängel feststellt, hat er realistische Chancen, sich insgesamt beim Verkäufer schadlos zu halten.
b) Deutlich günstiger ist die Rechtslage für den Verbraucher, wenn er die gesamte Leistung, also die Lieferung und das Einbauen der Materialien, bei einem Werkunternehmer in Auftrag gibt. Dann haftet der Unternehmer aufgrund des Werkvertrages natürlich sowohl für den fachgerechten Einbau als auch für die mangelfreien Materialien.
c) Dem Verbraucher muss klar sein, dass die Aufspaltung in einen Materialkaufvertrag und einen Werkvertrag über den Einbau möglicherweise kostengünstiger ist, dafür aber auch zusätzliche Risiken beinhaltet, wenn nach dem Einbau ein Mangel auftritt.
Weitere Informationen können Sie erhalten von
Rechtsanwalt Andreas Kuhn
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Steinbach & Partner GbR, Holsatenring 75, 24539 Neumünster (Tel.: 04321/99650)