Fachbeitrag 23.10.2015

Unterschiedliche Gesellschaftsformen in Frankreich


Ein Investor, der in Frankreich eine französische Tochtergesellschaft gründen möchte, muss sich zunächst die Frage stellen, welche Gesellschaftsform seinen Interessen am weitgehensten entgegenkommt. Das französische Gesellschaftsrecht sieht mehrere unterschiedliche Gesellschaftsformen vor, die voneinander wesentlich abweichen können und jeweils unterschiedliche haftungs- und steuerrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es sei daher jedem Investor in Frankreich geraten, vor Gründung einer französischen Gesellschaft sich von einem spezialisiertem Anwalt und/oder Steuerberater beraten zu lassen. Eine spätere Umwandlung einer französischen Gesellschaft in eine andere Gesellschaftsform ist zwar in den meisten Fällen möglich, aber nur unter erheblichem finanziellen und rechtlichem Aufwand.

1.) Die SARL (La société à responsabilité limitée)

Die Sarl, die der deutschen GmbH entspricht, ist die attraktivste und meist verwendete Gesellschaftsform bei Neugründungen in Frankreich. Grosser Vorteil dieser Gesellschaftsform ist die relativ einfache Handhabung und die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital (Art. L. 223-1 ff. Code de Commerce). Das französische Gesetz sieht kein Mindestgesellschaftskapital vor. Es ist aber hierbei anzumerken, dass das Gesellschaftskapital auf den Briefbögen des Unternehmens zwingend erscheinen muss, mithin also in der Aussendarstellung eine wichtige Rolle spielt. Es sind zur Gründung mindestens 2 Gesellschafter erforderlich. Die SARL wird von einem oder mehreren Geschäftsführern geleitet, die ebenfalls Gesellschafter sein können. Das sog. „loi Macron“ hat weiterhin zur Vereinfachung rechtlicher Regelungen der SARL geführt (z.B. Geschäftsführeralleinentscheidung bei Gesellschaftsverlegung innerhalb ganz Frankreichs möglich bei Genehmigung von mind. 50 % der Gesellschafter). Interessant ist ebenfalls, dass der Cour de Cassation im Mai 2015 entschieden hat, dass die Gesellschafter rechtskräftige Entscheidungen treffen können, selbst wenn diese im deutlichen Widerspruch zu den Statuten und den hierfür vorgesehenen besondere Formvorschriften stehen, soweit diese Entscheidung einstimmig erfolgten (Chambre commerciale de la Cour de cassation, audience publique du 12 mai 2015, pourvoi n° 14-13744).

2.) Die EURL (L’entreprise unipersonnelle à responsabilité limitée)

Im Vergleich zur Sarl hat die Eurl nur einen Gesellschafter (Art. L. 223-1, L. 223-4 ff., L. 223-31, D. 223-2 und Annexe 2-1). Die rechtlichen Vorschriften der Eurl entsprechen weitgehend den Vorschriften der Sarl. Ein grosser Unterschied besteht jedoch in der Besteuerung, da die Gewinne des Alleingesellschafters einer Eurl unter die Einkommenssteuerpflicht fällt. Das Wahlrecht, anstelle der Einkommenssteuer Unternehmenssteuer zu begleichen, besteht. Der Alleingesellschafter der EURL, der nicht gleichzeitig Geschäftsführer ist, kann selbst Arbeitnehmer der Gesellschaft sein (Cour de cassation, Chambre Sociale, audience publique du 11 juillet 2012, pourvoi n°11-12161).

3.) Die SELARL (La société d’exercice libéral à responsabilité limitée)

Für die freiberuflichen Tätgkeiten (Rechtsanwälte, Ärzte, etc…) wurde eine besondere Form der Sarl, die SELARL, geschaffen. Dem Grunde nach wurden die Regelungen zur SARL mit den deontologischen Pfichten, unter die die freiberuflichen Tätigkeiten fallen, ergänzt (z.B. vorherige Freigabe durch die jeweils zuständigen Kammern). Es sind mindestens 2 Gesellschafter erforderlich. Bei nur einem Gesellschafter liegt eine SELARLU vor. Die SELARL wird von einem oder mehreren Geschäftsführern vertreten, die ebenfalls einer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen müssen. Ab 100 Gesellschaftern wird die SELARL zur SELAFA (société d’exercice libéral sous forme de société anonyme).

Das sog. „loi Macron“ hat zu einigen Veränderngen geführt, welche natürlich nun auch auf den Berufsstand der Rechtsanwälte in Frankreich, die im Rahmen einer SELARL eine Kanzlei in Frankreich führen, Einfluss hat. Diese Regelungen sind ab dem 8. August 2015 in Kraft getreten. So können nun 49 % des Gesellschaftsanteils einer SELARL von nicht freiberuflich tätigen Gesellschaftern gehalten werden. Sollten Gesellschafter im europäischen Ausland freiberuflich tätig sein, können diese nun ebenfalls die Mehrheit der Gesellschaftsanteile in Frankreich halten (Ausnahme im Gesundheitssektor), soweit zumindest ein (Minderheits-)Gesellschafter in Frankreich noch freiberuflich tätig ist.

Hiervon abzugrenzen ist die zweite bekannte Gesellschaftsform freiberuflicher Gesellschafter, die sog. SCP (société civile professionnelle). Im Vergleich zur SELARL ist eine finanzielle Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital nicht möglich. Die Gesellschaftsgewinne eines jeden Gesellschafters fallen unter die Einkommenssteuerpflicht.

4.) Die SA (La société anonyme)

Die SA entspricht am ehesten der deutschen Aktiengesellschaft (Art. L. 225-1 ff. Code du Commerce). Voraussetzung sind mindestens 7 Gesellschafter und ein Gesellschaftskapital von 37.000 Euro. Sie wird von einem Präsidenten und einem Generaldirektor geführt. Dies kann auch die gleiche Person sein. Ferner ist zwingend ein Aufsichtsrat vorgesehen, dem mindestens 3 Personen angehoren müssen. Bei der Enthebung der Aufsichtsratsmitglieder ist wichtig, darauf zu achten, dass diese den Enthebungsgrund vor dem Gesellschafterbeschluss positiv kannten (Cour de Cassation, Chambre commerciale, 14 mai 2013). Die finanzielle Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt. Diese Gesellschaftsform wird aufgrund der Komplexität eher seltener gewählt, um in Frankreich zunächst erst einmal „Fuss zu fassen“.

5.) Die SAS (La société par actions simplifiée)

Die Kapitalgesellschaft in vereinfachter Form erfreut sich in Frankreich grösster Beliebtheit und wird von unserer Kanzlei ebenfalls bei Neugründungen in Frankreich bevorzugt (zumindest bei Gründung französischer Tochterunternehmen ausländischer Muttergesellschaften). Trotz enormer Beliebtheit dieser Geselschaftsform finden sich im Code de Commerce erstaunlicherweise nur wenige Vorschriften, die diese Gesellschaftsform regeln (L227-1 à L227-20 et L.244-1 à L.244-4). Das hat zur Folge, dass sowohl Gestaltung und Gesellschaftsführung in den Gesellschaftsstatuten relativ frei und flexibel gestaltet werden kann. Ein Mindestgrundkapital ist gesetzlich nicht vorgesehen. Es sind mindestens 2 Gesellschafter und ein Präsident erforderlich. Sollte nur ein Gesellschafter vorhanden sein, liegt eine SASU (La société par actions simplifiée unipersonnelle) vor. Die finanzielle Haftung ist auf das Gesellschaftskapital beschränkt. Weiterer Vorteil ist, dass der Präsident nicht der RSI unterliegt, sondern des sog. „régime des assimilé salariés“, d.h. der allgemeinen Sozialversicherung (nicht des RSI).

6.) Die SNC (La société en nom collectif)

Die offene Handelsgesellschaft ist in Frankreich eher selten anzutreffen, da die Gesellschafter im Rahmen der finanziellen Haftung nicht auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sind. Erforderlich zur Gründung sind mindestens 2 Gesellschafter. Die Gesellschaft wird von einem oder mehrerer Geschäftsführer vertreten.

Haftung von Geschäftsführern in Frankreich

Wichtig für Aktionären ist auch, die Grundzüge der Haftungsregelungen der angestellten und eingesetzten Geschäftsführer und Präsidenten in Frankreich zu kennen. So haften in Frankreich die Geschäftsführer und Präsidenten sowohl gegenüber der Gesellschaft, deren Aktionäre als auch Dritter (zumindest bei vorsätzlichem Handeln) aufgrund von Fehlverhalten, die gesetzliche Regelungen oder Vorschriften in den Statuten verletzen. Ebenfalls bestehen Haftungsrisiken der Geschäftsführer und Präsidenten bei Fehlverhalten in der eigentlichen Geschäftsführung, die ebenfalls Schadenersatzansprüche ggü. der Gesellschaft wie auch unabhängig davon direkt den Aktionären nach sich ziehen können (L. 223-22 (SARL), L. 225-251 (SA), L. 227-8 (SAS)).

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Rechtsanwalt
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