Fachbeitrag 05.08.2013

Türkei-Expansion: Was bei Personal zu beachten ist


Von Tobias Anslinger

Die Türkei ist für viele Mittelständler das Tor zur Asien-Expansion. Wer eine Produktion in dem Land aufbauen möchte, profitiert von vielen Vergünstigungen. Folgende Checkliste gibt einen Überblick, was im Umgang mit Personal zu beachten ist.

1.08.2013
(…)
Türkei: Arbeitszeiten und Urlaub

Probezeit maximal vier Monate: Sind sich Mittelständler und Bewerber über einen Job einig, wird wie in Deutschland auch grundsätzlich ein schriftlicher Arbeitsvertrag aufgesetzt. „Pflicht ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag aber nur bei befristeten Verträgen von mindestens einem Jahr“, erläutert Ulya Selçuk von der gleichnamigen Rechtsanwaltskanzlei in Istanbul. Die Probezeit darf maximal zwei Monate betragen, nur wenn es einen entsprechenden Tarifvertrag gibt, auch maximal vier.

Wochenarbeitszeit bis 45 Stunden: Die wöchentliche Arbeitszeit können Mittelständler in der Türkei auf bis zu 45 Stunden festsetzen. Maximal 270 Überstunden im Jahr sind für das Personal erlaubt. Der Urlaubsanspruch ist nach Dienstjahren gestaffelt. Personal mit einer Unternehmens-Zugehörigkeit von bis zu 5 Jahren hat Anspruch auf 14 Tage Urlaub, bis zu 15 Jahren sind es 20 Tage und darüber hinaus 26 Tage Urlaub im Jahr. „Der Anspruch auf Urlaub entsteht jedoch frühestens nach einem Jahr“, ergänzt Anwältin Selçuk.

 

 

 

 

 

 

Arbeitszeit und Überstunden

 

  • Die wöchentliche Arbeitszeit darf 45 Stunden nicht überschreiten. Arbeitstätigkeiten, die darüber hinausgehen, werden als Überstunden bewertet und sind gemäss Art. 41/2 ArbG so abzurechnen, dass für jede geleistete Überstunde ein Vergütungsaufschlag von 50% zugerechnet wird.
  • Auch Samstage gelten als Werktage.
  • Arbeitszeit unter 45 Stunden innerhalb einer Arbeitswoche kann vereinbart werden. Gemäß Art. 41/3 ArbG. dürfen in diesem Fall Überstunden nicht über 45 Stunden liegen, und die Abrechnung erfolgt mit einem Vergütungsaufschlag i.H.v. 25 %.
  • Jährlich können höchstens 270 Überstunden anfallen.
  • Überstunden können auch durch “Frei-Stunden” ausgeglichen werden. Bei Arbeitszeiten von 45 Stunden in einer Arbeitswoche gilt: pro Überstunde 30 Minuten Frei-Stunde. Bei Arbeitszeiten unter 45 Stunden je Arbeitswoche gilt: pro Überstunde 15 Minuten „Frei-Stunde“

(…)

Personal-Kündigung in der Türkei

Zweimalige Abmahnung notwendig: Wird ein eines Tages notwendig, sich von Personal auch wieder zu trennen, dürfen Mittelständler dabei auf einige formale Dinge nicht vergessen. „Der Arbeitsvertrag kann nicht gekündigt werden, bevor das Unternehmen den Mitarbeiter nicht in Bezug auf sein Verhalten angehört hat“, erklärt Rechtsexpertin Selçuk. Auch ist es notwendig, dass das Unternehmen den betreffenden Mitarbeiter mindestens zwei Mal schriftlich abmahnt. In der Kündigung, die ebenfalls schriftlich erfolgen muss, sind die Gründe dafür ausdrücklich zu benennen. Im Anschluss wird für das Unternehmen zudem eine Abfindung fällig, deren Höhe zwischen Unternehmen und Personal verhandelt wird. Gemäß dem Doing Business Report der Weltbank zählt die Türkei weltweit zu den Ländern mit den höchsten Kosten bei Personalentlassungen. Entlässt ein Unternehmen Personal nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit, zahlt es dafür eine Lohnsumme von knapp 87 Wochen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kündigung/

Aufhebung des Arbeitsvertrages

 

  • Der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers kann nicht gekündigt werden, bevor dieser nicht in Bezug auf die Beanstandung seines Verhaltens und seiner Effizienz durch den Arbeitgeber angehört worden ist.
  • Kündigung wegen “wichtigem Grund”: Bei gesetzlichen Gegebenheiten seitens Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit einseitiger Kündingungserklärung und ohne die Benennung der Kündigungsfrist und ohne der Zahlung jegliche Abfindungen und weiteren Vergütungen.
  • Kündigung für Benennung der Kündigungsfrist: Beschäftigung
    • weniger als 6 Monate: 2 Wochen
    • 6 Wochen bis 1,5 Jahre: 4 Wochen
    • 1,5 Wochen bis 3 Jahre: 6 Wochen
    • Mehr als 3 Jahre: 8 Wochen

Diese Kündigungweise kann erst nach schriftlicher Abmahnung (min. 2 in Schriftform), Einholung der Verteidigung und Entrichtung der Abfindung, meist bei “gültigen Gründen” stattfinden

  • Im Kündigungsschreiben sind die Kündigungsgründe ausdrücklich zu benennen.
  • Kündingungsschreiben ist schriftlich auszustellen (notarielle Ausstellung, Brief mit Einschreiben oder auch Telegramm).
  • Das Arbeitsverhältnis kann auch im gegenseitigen Einvernehmen im Rahmen einer schrftlichen “Aufhebung des Arbeitsvertrages” erfolgen: Keine Kündigungsmahnung, Inhalt je nach Belieben und Interessen der Parteien gestaltbar

(entsprechende Stellen zitiert)

http://www.marktundmittelstand.de/nachrichten/kunden-maerkte/tuerkei-expansion-was-beim-personal-zu-beachten-ist/

Rated 3.2 out of 5
3.2/5 (960)
Autor

Rechtsanwalt
Fachbeitrag von einem unserer 56.739 Anwälte. Sind Sie Anwalt und möchten einen Fachbeitrag beisteuern, der im Durchschnitt 456 x pro Monat gelesen wird? Mehr zu unserem Kanzleimarketing für Anwälte.