Fachbeitrag 06.10.2010

Prozesskostenhilfe: was muss man wissen?


Hilfe….eine Klage vom Vermieter oder die Kündigung des Arbeitgebers flattert ins Haus … man will um sein „gutes Recht“ kämpfen. Aber wer übernimmt die Kosten für Gericht und Anwalt?

Wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat, zahlt diese bei entsprechendem Versicherungsumfang sowohl die Kosten für den eigenen Anwalt als auch die des Gegenanwaltes und auch die Gerichtskosten. Man trägt also kein Kostenrisiko und kann den Rechtstreit sorglos führen. Denn wer verliert, zahlt grundsätzlich alles!

Was aber, wenn keine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist und man auch nicht so finanzstark ist, um evtl. Anwalts- und Gerichtskosten zu bezahlen?

Für diesen Fall hat der Gesetzgeber die Prozesskostenhilfe geschaffen. Diese wird auf Antrag vom Gericht bewilligt, wenn eine Partei bedürftig ist und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Bedürftigkeit liegt vor, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse sehr eng sind und nach Abzug der Kosten für Miete, Heizung, Strom und evtl. Kreditraten, nur noch ein Sockelbetrag für die Lebenshaltung überbleibt.

Ist die Bedürftigkeit bereits durch einen ALG II-Bescheid nachgewiesen, prüft das Gericht lediglich, ob die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet.

Ist ein höheres Einkommen vorhanden, kann das Gericht auch Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligen.

Wie funktioniert das mit der Prozesskostenhilfe?

Der Anwalt stellt bei Gericht einen PKH-Antrag und weist die Bedürftigkeit durch entsprechende Unterlagen nach. Wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird, rechnet der Anwalt seine Kosten mit der Landeskasse ab. Das Gericht selbst verzichtet auf die Geltendmachung der Gerichtsgebühr.

Wird Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt, rechnet der Anwalt ebenfalls mit der Landeskasse ab. Die Partei muss jedoch im Rahmen der vom Gericht festgesetzten Ratenzahlungsanordnung monatliche Raten an die Landeskasse erstatten.

Vorsicht! Auch bei bewilligter Prozesskostenhilfe trägt eine Partei, wenn sie den Prozess verloren hat, immer die Kosten des gegnerischen Rechtsanwaltes. Nur der eigene Rechtsanwalt, der den Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt hat, kann seine Kosten über die Landeskasse abrechnen.

Im Ablauf von 4 Jahren muss die Partei, die Prozesskostenhilfe erhalten hat, einmal jährlich gegenüber dem Gericht  offen legen, ob ihre finanziellen Verhältnisse sich seit der Antragstellung verändert haben. Ist die Partei mittlerweile nicht mehr arbeitslos, wird geprüft, ob sie den Betrag, den der Anwalt mit der  Landeskasse liquidiert hat, erstatten kann.

Gibt es auch eine Beihilfe, wenn kein Prozess geführt wird?

Für den Fall, dass ein Anwalt nur außerhalb eines Prozesses tätig wird, gibt es die so genannte Beratungshilfe.

Es ist empfehlenswert, sich schon vor dem Aufsuchen des Rechtsanwalts hierfür beim örtlichen Amtsgericht einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe ausstellen zu lassen und diesen dem Anwalt vorzulegen. Der Anwalt rechnet dann ebenfalls seine Gebühren mit der Landeskasse ab. Diese Kosten, derzeit 99,96 EUR, braucht die Partei nicht erstatten.

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Rechtsanwalt
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