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Fachbeitrag 30.01.2013

Poliscan Speed kein standardisiertes Messverfahren


Poliscan Speed kein standardisiertes Messverfahren: –Freispruch – Gericht fordert Überprüfbarkeit der PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt).

Das Amtsgericht Aachen hat mit seinem Urteil vom 10.12.2012 – 444 OWi-606 Js 31/12-93/12 eine Autofahrerin freigesprochen.

Sie war in eine Radarfalle mit dem Lasergerät PoliScan Speed (PSS) geraten. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass das Messgerät entgegen der Ansicht vieler Oberlandesgerichte, kein standardisiertes Messverfahren ist.

Es fordert die Überprüfbarkeit des Messgerätes PoliScan Speed (PSS), den Zugang zu den messrelevanten Daten und sieht dabei keine Hinderung durch Patentrechte:

Zitat:

„Ebenso wie die Herstellerfirma des Geräts Poliscan Speed gewährt jedoch nach den glaubhaften Angaben des im vorliegenden Prozess bestellten gerichtlichen Sachverständigen Dr. N auch die PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt, eingefügt durch Unterzeichner) keinen Zugang zu den relevanten Daten, ebenfalls mit Verweis auf patentrechtliche Bestimmungen zugunsten der Herstellerfirma (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09, juris, sowie Löhle, DAR 2009, 422, 424). Im Rahmen einer Güterabwägung ist jedoch der Wahrheitsfindung im Bußgeldprozess der Vorrang gegenüber dem Interesse der Herstellerfirma an der Geheimhaltung der technischen Bauweise des Messgeräts einzuräumen.“

Und weiter:

„Andererseits werden aufgrund von Messungen mit „Poliscan Speed“ bundesweit jährlich tausende Fahrverbote verhängt, die gravierende berufliche Folgen für die Betroffenen haben. Aufgrund der heute von den Arbeitnehmern verlangten Mobilität und der Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es der Regelfall, dass bereits ein einmonatiges Fahrverbot zum Verlust des Arbeitsplatzes führt. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG lässt sich durch Geheimhaltungsinteressen der Herstellerfirmen nicht rechtfertigen, zumal diese – wie gesagt – die Möglichkeit haben, ggf. eintretende Patentrechtsverletzungen gerichtlich geltend zu machen. Eine Firma, die sich darauf spezialisiert, Messgeräte herzustellen, mit denen regelmäßig in die Berufsfreiheit Dritter eingegriffen wird, hat diese Kontrolle durch Gerichte und Sachverständige hinzunehmen.“

Es begründet diese Meinung weiter damit, dass

„eine nähere Untersuchung der Prüfungsweise der PTB anhand der Prüfung des vorliegenden Geräts Poliscan Speed zeigt, dass …..nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Prüfungen der PTB automatisch zu einer Anerkennung als standardisiertes Messverfahren führen.

….

Es ist deshalb derzeit so, dass ein Gerät zur PTB geschickt wird, mit einem Stempel der PTB aufgrund eines wie auch immer gearteten Prüfungsverfahrens zurückkommt und sodann aufgrund des PTB-Gütesiegels aus BGHSt 39, 291 i. V. m. OLG Düsseldorf a.a.O. für den Einsatz als standardisiertes Messsystem zur Verfügung steht. In diesem Stadium eröffnen sich keinerlei Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger, da er durch die die Herstellerfirma begünstigende Zulassung nicht unmittelbar drittbetroffen ist.

Darüber hinaus würde der PTB, die in ihrem Bereich über ein deutschlandweites Monopol verfügt, sicherlich ein gewisses Maß an gerichtlicher Kontrolle nicht schaden, allein schon um die Transparenz ihrer Prüfungen zu gewährleisten.“

Quelle: NRWE

Das Gericht bestätigt damit die seit 2009 dazu vertretene Auffassung  des Unterzeichners, veröffentlicht am 17. Februar 2009:

„Es gibt  neue Erkenntnisse zur Verwertbarkeit der Messungen des Typs Poliscan Speed, die dazu führen, dass derzeit die Verfahren vor dem AG Mannheim eingestellt werden. Im Verfahren AG Mannheim, Az. 29 Owi 508 Js 23058/2008 hatte Rechtsanwalt Goecke am 21.01.09 als Verteidiger die Einstellung erstmals erwirkt.

Es ist beispielsweise das Zustandekommen des Auswerterahmens nicht nachvollziehbar.

Dieser dient jedoch derzeit als einzige, von außen zu überprüfende, Größe, um eine Messung als richtig anzunehmen.

Wie der Rahmen jedoch programmiert ist, ist nicht zugänglich gemacht, das Gerät wird vielmehr nur nach Herstellerangaben betrieben, die einer Plausibilitätskontrolle nicht zugänglich sind.

Eine fotogrammetrische Auswertung der Fotoposition, wie etwa bei Radar oder Lichtschranke ist nicht möglich.

Zwischen Messung und Foto kann das gemessene Fahrzeug bis zu 70m zurücklegen.

Dritte können sich somit das Messfoto ansehen, glauben, dass die Herstellerangaben zur Schablone stimmen oder diese anzweifeln.

Bis heute wurden keine Möglichkeiten eröffnet, das Messverfahren einfach nachträglich auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen.

Dieses fest installierte Gerät ist technisch baugleich mit den mobilen, an den Autobahnen verwendeten Geräten, dürfte also tausende Autofahrer betreffen.“

Bernd Goecke, Fachanwalt für Verkehrsrecht, lappenweg.de

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