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Fachbeitrag 10.08.2011

Krank und dann entlassen?


Kündigung wegen Krankheit

Krankheit schützt nicht vor Kündigung! Entgegen einer weitläufigen Ansicht ist eine Kündigung, während der Arbeitnehmer krank ist, oder wegen einer Erkrankung zulässig.

Wird der Arbeitnehmer häufiger krank und fehlt am Arbeitsplatz, muss er dann alsbald eine Kündigung fürchten? Wie schwer fällt es dem Arbeitgeber sich von einem kranken Mitarbeiter zu trennen? Die Verunsicherung des Arbeitnehmers wächst mit zunehmenden Ausfallzeiten. Er hat nicht nur seine Erkrankung zu überwinden, sondern fürchtet außerdem um seinen Arbeitsplatz.

Bei krankheitsbedingten Kündigungen werden von der Rechtsprechung grundsätzlich drei Fälle unterschieden und zwar häufige Kurzzeiterkrankungen, Langzeit- und Dauererkrankungen.

Die Arbeitsgerichte überprüfen die Wirksamkeit einer solchen Kündigung in drei Stufen.

In der ersten Stufe wird geprüft, ob der Arbeitgeber hinsichtlich der künftigen zu erwartenden Arbeitsunfähigkeit eine negative Prognose für die Zukunft erstellen kann. Denn die krankheitsbedingte Kündigung ist keine Sanktion für Fehlzeiten in der Vergangenheit. Wobei der Arbeitgeber die Ursachen der Krankheiten nicht kennt. Für alle Beteiligten besteht hier eine gewisse Unsicherheit, weil es keine feste Anzahl an Fehltagen gibt, ab denen der Arbeitgeber von einer negativen Prognose ausgehen kann. Der Einzelfall ist entscheidend. Wobei Fehlzeiten von sechs Wochen im Durchschnitt der letzten drei Wochen grundsätzlich nicht ausreichen. Eine Reihe von Entscheidungen setzen die kritische Grenze eher bei 25% an.

Will der Arbeitgeber wirksam kündigen, muss er die Art und die Dauer der bisherigen Erkrankungen beim Arbeitnehmer bei seiner negativen Prognose beachten. Denn bei häufigen Kurzerkrankungen besteht eine negative Prognose für die Zukunft nur, wenn mit Wiedererkrankungen zu rechnen ist, also eine Wiederholungsgefahr besteht.  Für den Prozess besteht eine sogenannte abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber muss zunächst nur die Krankheitszeiten in der Vergangenheit schildern. Dann ist der Arbeitnehmer an der Reihe. Er muss z. B. vortragen, dass die bisherigen Erkrankungen ausgeheilt sind und keine neuen Ausfallzeiten zu erwarten sind. Hierzu muss er dann die Art der Erkrankung, die Heilmaßnahmen schildern und seinen behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbinden.

Wenn der Arbeitnehmer länger erkrankt,  ist ganz entscheidend, wann mit dessen Arbeitsfähigkeit wieder gerechnet werden kann. Auch hier werden weder durch die Rechtsprechung noch durch den Gesetzgeber feste Ausfallzeiten festgeschrieben. Entscheidend ist jeweils der Einzelfall, wobei die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen ist.

Ist ein Arbeitnehmer dauerhaft krank, also auf Dauer unfähig, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wird eine negative Prognose von der Rechtsprechung nicht mehr gefordert. Denn der Arbeitnehmer kann tatsächlich die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen.

Der Betriebsablauf beim Arbeitgeber muss durch die Fehlzeiten erheblich gestört werden.

Die Rechtsprechung legt einen strengen Maßstab an. Die Störungen müssen schwerwiegend sein. Anfallende Überstunden bei den Kollegen reichen nicht. Der Arbeitgeber hat seine Belastungen ganz genau vorzutragen, denn er hat die Sachnähe. Schließlich muss er es genau wissen.  Die Störungen können aber nur dann eine Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitgeber diese nicht durch Aushilfskräfte oder andere Überbrückungsmaßnahmen ausgleichen kann.

Ausreichend sind bei häufigen Kurzerkrankungen wirtschaftliche Auswirkungen, die Belastung des Arbeitgebers durch häufige Lohnfortzahlungskosten, die jährlich jeweils über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen anfallen. Wobei Fortsetzungserkrankung nicht zu berücksichtigen sind, da der Lohnfortzahlungszeitraum von insgesamt sechs Wochen nicht überschritten wird.

Bei Vorliegen einer Dauererkrankung sind die betrieblichen Beeinträchtigungen dagegen nicht gesondert zu prüfen. Die dauernde Unmöglichkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen beinhaltet grundsätzlich eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung.

Zuletzt muss die krankheitsbedingte Kündigung auch verhältnismäßig sein.

Dem Arbeitgeber darf kein milderes Mittel zur Verfügung stehen, um die Kündigung vermeiden zu können; z. B. die Versetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz, um auf die Krankheit des Arbeitnehmers zu reagieren.  Insbesondere ist der Arbeitgeber nun verpflichtet, vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement einzuleiten, um die Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten.

Der Betriebsrat ist wie bei jeder Kündigung anzuhören. Ihm sind aller Informationen mitzuteilen, die zur Kündigung führen sollen. Also sämtliche bisherige Fehlzeiten und die Erkrankungen- Weiter ist der Betriebsrat über die wirtschaftlichen und organisatorischen Auswirkungen der Krankenzeiten beim Arbeitgeber zu unterrichten. Der Betriebsrat muss sich im Ergebnis aufgrund der ihm überreichten Unterlagen und Informationen die Kündigung beurteilen können.

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Rechtsanwalt
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