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Fachbeitrag 06.05.2014

Kinder als Teil der Bedarfsgemeinschaft im SGB II- Bezug


Bei der Berechnung der Leistungsansprüche im SGB 2 Bezug, allgemein auch als Hartz 4 bezeichnet, wird es kompliziert, wenn mehrere Personen zusammenleben und  unterschiedliche Einkommensarten und Sozialleistungen beziehen.
Dies ist oft gegeben, wenn Kinder mit einem alleinerziehenden Elternteil, der SGB II Leistungen erhält, zusammenleben und von dem anderen Elternteil Unterhalt erhalten.

Zunächst sind die verschiedenen Begriffe des SGB II wie „Wohngemeinschaft“, „Haushaltsgemeinschaft“ und „Bedarfsgemeinschaft“ zu erklären und voneinander abzugrenzen.

Leben mehrere Personen in einer Wohnung zusammen, ohne dass diese gemeinsam wirtschaften, besteht lediglich eine Wohngemeinschaft. Dann wird jede Person, die Leistungen nach dem SGB II  beantragt hat, als selbstständige Bedarfsgemeinschaft beurteilt, ohne dass eine Unterhaltspflicht der andern Mitbewohner geprüft wird. Lediglich im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft wird das Zusammenleben berücksichtigt.

Keine Wohngemeinschaft besteht, wenn mehrere Personen auf familiärer Grundlage zusammenwohnen und gemeinsam wirtschaften. In diesem Fall wird nach § 9 Abs. 5 SGB II das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft vermutet, wodurch gegenseitige Unterhaltsverpflichtungen ausgelöst werden. Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II ist widerlegbar, der Hilfeempfänger hat aber die Beweislast.

Neben dem Begriff der Haushaltsgemeinschaft besteht der Begriff der Bedarfsgemeinschaft, vgl. § 7 Abs. 3 SGB II. Beide Begriffe sind zu unterscheiden.
Die Haushaltsgemeinschaft ist weiter gefasst. Eine Haushaltsgemeinschaft kann mit der Bedarfsgemeinschaft  deckungsgleich sein. Die Haushaltsgemeinschaft kann aber auch aus mehreren Bedarfsgemeinschaften zusammengesetzt sein, wobei eine Bedarfsgemeinschaft auch nur aus einer Person bestehen kann.
Dies ist wichtig und zu beachten, da es Auswirkung auf die Berechnung der an die Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Leistungen hat.

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt nach der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II vor, wenn ein wechselseitiger Wille besteht, füreinander einzustehen. Die Bedarfsgemeinschaft wird von dem erwerbsfähigen hilfebedürftigen Antragsteller abgeleitet. Dies kann auch ein erwerbsfähiges Kind ab 15 Jahren sein.

Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ist in § 7 SGB II geregelt.
Vereinfacht dargestellt gehören zu einer Bedarfsgemeinschaft, wenn sie in einem Haushalt auf Dauer zusammenleben,

der erwerbsfähige Leistungsberechtigte selbst, ( § 7 II, Nr.1 SGB II),
seine unverheirateten Kinder unter 25 Jahren, die über kein eigenes Einkommen und Vermögen verfügen ( § 7 II, Nr.4 SGB II),
der eheähnliche Lebensgefährte ( § 7 II, Nr.3c SGB II),
die unter 25 Jahre alten hilfebedürftigen unverheirateten Kindern des Ehegatten/ Lebenspartners oder des zuvor genannten eheähnlichen Lebensgefährten ( § 7 II, Nr.4 SGB II),
die Eltern bzw. ein Elternteil mit oder ohne Partner des erwerbsfähigen Kindes unter 25 Jahren ( § 7 II, Nr.2 SGB II),

und auch selbst wenn sie nicht in einem Haushalt zusammenleben, aber kein Trennungswille besteht,

der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte oder Lebenspartner ( § 7 II, Nr.3a und 3b SGB II).

Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft fallen oft auseinander. In der Regel liegt eine Haushaltsgemeinschaft aber keine Bedarfsgemeinschaft vor, wenn mit dem Antragsteller auf Dauer in einem Haushalt

Großeltern und Enkelkinder,
Eltern mit volljährigen Kindern ab Vollendung des 25. Lebensjahres,
Pflegeeltern und Pflegekinder,
Geschwister ohne die Eltern,
sonstige Verwandte und Verschwägerte wie z.B. Enkel und Tante, Nichte und Neffe

zusammenleben.

Bei der Berechnung der Leistungsansprüche ist sowohl bei dem Vorliegen einer Haushalts- als auch einer Bedarfsgemeinschaft der Bedarf jedes Mitglieds gesondert zu berechnen, sogenannte horizontale Leistungsberechnung.
Erst dann darf eine Anrechnung von Einkommen und Vermögen der einzelnen Mitglieder untereinander erfolgen. Bei der Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft erfolgt die Anrechnung jeweils in unterschiedlicher Weise.
Das Auseinanderfallen von Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft hat damit Auswirkungen auf die Berechnung der einzelnen Leistungsansprüche.

Ein Auseinanderfallen von Bedarfs- und Haushaltsgemeinschaft besteht in der Praxis oft auch dann, wenn ein alleinerziehender Elternteil mit seinen minderjährigen Kindern zusammenlebt und die Kinder von dem anderen Elternteil Unterhalt erhalten.

Wenn durch den Unterhalt der Bedarf des Kindes vollständig gedeckt ist oder ihn sogar übersteigt, hat das Kind durch den Unterhalt Einkommen und ist nach dem SGB II nicht bedürftig. Es ist jetzt nicht mehr Teil der Bedarfsgemeinschaft, sondern gehört lediglich zur Haushaltsgemeinschaft.
Wichtig ist, dass das Einkommen eines minderjährigen Kindes, welches zur Deckung seines Bedarfs nicht benötigt wird, nicht zur Verteilung bei den übrigen Haushaltsangehörigen zur Verfügung steht, also auf den Leistungsbezug der anderen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft, des Elternteils, der Geschwister nicht angerechnet werden darf, vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II. 
Dies gilt aber nur für den Unterhalt selbst. Das für das Kind gezahlte Kindergeld wird in diesem Fall als Einkommen des kindergeldberechtigten Elternteils angerechnet und stellt damit einen Abzugsposten gegenüber dessen Leistungsbezug dar.

Das Kind bleibt aber dann Teil der Bedarfsgemeinschaft der Eltern, wenn erst durch das neben dem Unterhalt gezahlte Kindergeld der Bedarf des Kindes gedeckt ist. Dann wird auch hier der durch die Kindergeldzahlungen den Bedarf übersteigenden Betrag dem kindergeldberechtigten Elternteil als Einkommen zugerechnet und stellt damit einen Abzugsposten gegenüber dessen Leistungsbezug dar.

Wenn das Kind Einkommen durch Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils hat, kann geprüft werden, ob für das Kind ein Anspruch auf Wohngeld nach dem WoGG besteht. Allerdings ist der Anspruch auf Wohngeld nur dann vorrangig, wenn durch die Zahlung des Wohngeldes die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde. 

Auf Bedarfe für Bildung und Teilhabe gemäß § 28 SGB II darf das Kindergeld nicht angerechnet werden. Das unter 25 Jahre alte Kind bleibt auch dann Teil der Bedarfsgemeinschaft der Eltern, wenn durch Unterhalt und Kindergeld der Bedarf des Kindes gedeckt ist und nur noch ein Bedarf nach § 28 SGB II besteht. Dem Kind bleibt der Anspruch aus § 28 SGB II erhalten. Der übersteigende Betrag aus dem Kindergeld wird aber den Eltern als Einkommen zugerechnet, also auf deren Leistungsbezug angerechnet.

Das Kind, das mit einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, kann gleichzeitig auch Mitglied  in der Bedarfsgemeinschaft des anderen hilfebedürftigen Elternteils sein, wenn es dort in einer gewissen Regelmäßigkeit anlässlich der Ausübung des Umgangs für länger als einen Tag wohnt und damit die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3  Nr. 4 SGB II, „dem Haushalt angehörend“ erfüllt. Es liegt dann eine sogenannte zeitweise Bedarfsgemeinschaft vor.
Der Regelbedarf nach den §§ 20 ff SGB II des anderen Elternteils bleibt unberührt.

(Fahrt- und /oder Übernachtungskosten zur Ausübung des Umgangs des getrennt lebenden Elternteils können als unabweisbarer Bedarf in angemessenem Umfang erstattet werden, allerdings nicht nach dem SGB II sondern nach § 73 SGB XII.)

Wechseln sich die getrennt lebenden Eltern bei der Pflege und Erziehung der Kinder ab,   sogenanntes Wechselmodell, besteht eine temporäre Bedarfsgemeinschaft des Kindes bei dem jeweiligen Elternteil. In diesen Fällen steht beiden Elternteilen ein hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende zu.
(Vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009- B 4 AS 50/07- )

Das Kind in der Bedarfsgemeinschaft unter dem 15. Lebensjahr gilt als nicht erwerbsfähig und erhält dementsprechend gemäß § 23 Nr. 1 SGB II die Leistungen unter der Bezeichnung Sozialgeld, das bis zum Alter von 6 Jahren 60 % der Regelleistung und ab dem 7. Lebensjahr bis zum 14 Lebensjahr 70 % der Regelleistung beträgt.
Ab 15 Jahren erfolgt die Leistung gemäß § 20 Abs. 2 bzw. § 23 Nr. 1 i.V.m. § 77 Abs. 4 SGB II  als der in zwei Altersstufen, von 15 bis 18 Jahren und 18 bis 25 Jahren, gegliederten anteiligen Regelleistung.

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Autor

Rechtsanwalt
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