Fachbeitrag 15.05.2014

Kein Provisionsanspruch bei geplatztem Geschäft?


Ist der Abnehmer ein fauler Kunde, dann fällt der Handelsvertreter tatsächlich um seine Provision um, da er sie gar nicht erst verdient. Die häufig geübte Praxis ist aber, dass er auch durch die Finger schaut, wenn die Gründe für die Nichterfüllung des Auftrags beim Geschäftsherrn liegen. Der eine nimmt es hin, weil er die Rechtslage nicht kennt, der andere, weil er unter Druck gesetzt wird. In diesem Artikel sollen darum die Rechte der Handelsvertreter näher betrachtet werden.

Die gegenständliche Problematik ist konkret praxisbezogen und wirkt sich deutlich auf die Provisionsansprüche des Handelsvertreters aus. Es geht im Wesentlichen darum, dass es seitens der Unternehmer häufig zu nachträglichen Provisionskürzungen kommt, die im Zusammenhang mit der Ausführung des vermittelten Geschäftes stehen. Diese Praxis wird von Seiten der Handelsvertreter Großteils aus Unkenntnis der Rechtslage toleriert und führt über die Jahre gerechnet – je nach Branche – zu teilweise hohen Provisionsverlusten. Im Folgenden soll daher die Sach- und Rechtslage dargestellt werden:

Gemäß § 9 HVertrG entsteht der Provisionsanspruch mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäften zwischen dem Unternehmer und dem Kunden und sodann mit der Ausführung des Geschäftes durch beide Vertragspartner, also Auslieferung der Ware und Zahlung der Rechnung durch den Kunden. Nach der Regelung des dritten Absatzes § 9 HVertrG entfällt allerdings der Provisionsanspruch in den Fällen, in denen das Geschäft durch den Unternehmer nicht ausgeführt wird sofern diese Nichtausführung auf Umständen beruht, die nicht vom Unternehmer zu vertreten sind. Bei Zahlungsverzug des Kunden hat der Unternehmer nachzuweisen, alle zumutbaren Schritte unternommen zu haben, um den Kunden zur Zahlung zu veranlassen.

Folgende Problemsituation kann dabei entstehen: Der Handelsvertreter hat dem Unternehmer die Bestellung seitens des Kunden übermittelt, der Unternehmer hat dem Kunden gegenüber den Auftrag bestätigt. In dieser Phase der Geschäftsabwicklung ist der Provisionsanspruch des Handelsvertreters bereits grundsätzlich entstanden. Nun sind verschiedene Fälle und Arten der Nichtausführung des Geschäftes denkbar: Ein naheliegender Fall ist, dass der Unternehmer die bestellte Ware an den Kunden nicht ausliefern kann, was wiederum verschiedene Ursachen haben kann, so z.B. eine nicht ausreichende Lagerhaltung, Lieferprobleme des Erzeugers oder Großhändlers etc. In anderen Fällen kann der Unternehmer zwar ausliefern, allerdings verspätet, was zur Zurückweisung der Ware durch den Kunden führt. Auch Minderlieferungen, Schlechtlieferungen, und Qualitätsmängel etc. an der Ware können zur Zurückweisung durch den Kunden führen. Wurde schon eine Rechnung an den Kunden erstellt, dann kommt es zu entsprechenden Gutschriften dem Kunden gegenüber.

Im Geschäftsleben kommt es auch immer wieder vor, dass der Unternehmer in Zahlungsschwierigkeiten steckt und er die erforderliche Vorfinanzierung für die bestellte Ware nicht zustande bringt. Aber auch eine fehlerhafte betriebliche Kalkulation oder schlicht und einfach eine personelle Unterbesetzung können dazu führen, dass der Auftrag nicht, oder nicht zeitgerecht erfüllt werden kann. Nach gängiger Praxis wird in solchen Fällen der Provisionsanspruch des Handelsvertreters, soweit dieser bereits gutgebucht wurde, durch eine nachträgliche Minusbuchung wieder beseitigt.

Ist die Provisionsgutschrift noch nicht erfolgt, so kommt es überhaupt nicht zur Provisionsbuchung bzw. Provisionszahlung. Dies wird von den Handelsvertretern teils aus Unkenntnis, teils aus wirtschaftlichen Zwängen (drohende Kündigung) hingenommen. Gemäß der oben angeführten Regelung des § 9 Abs. 3 HVertrG bleibt der Provisionsanspruch des Handelsvertreters jedoch weiterhin bestehen. Hierbei ist es nach ständiger Rechtsprechung unerheblich, ob die Umstände die zur Nichtausführung des Geschäftes geführt haben vom Unternehmer verschuldet wurden oder nicht.

Eine Ausnahme von der Provisionszahlungsverpflichtung des Unternehmers stellen nur die Fälle höherer Gewalt dar oder aber die Umstände, die zur Nichtausführung oder Minderausführung des Geschäftes geführt haben sind in der Person des Kunden begründet. Hier sind z.B. vorstellbar: Falschbestellung durch den Kunden, ungerechtfertigte Verweigerung der Annahme etc. Auch in diesen Fällen kann es fraglich sein, ob der Unternehmer nicht verpflichtet ist, auf Vertragszuhaltung zu bestehen. Den Unternehmer trifft allerdings die Beweislast, wenn er Umstände anführt, die ihn entlasten können (vgl OGH 8 Oba 20/11s). Provisionsbefreiende Umstände die in der Person des Kunden liegen und die Nichtauslieferung durch den Unternehmer rechtfertigen sind z.B. mangelhafte Bonität des Kunden, also etwa drohende Insolvenz, Einstellung der Zahlungen, mangelnde Sicherheitsleistungen oder ähnliches. In diesem Fall erwirbt der Handelsvertreter bei Nichtausführung des Geschäftes keinen Provisionsanspruch. Die Beweislast bleibt jedoch, wie bereits gesagt, beim Unternehmer (vgl OGH 18.08.1995, 8 Oba 231/95). 

Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 HVertrG ist gem. § 27 HVertrG zwingendes Recht, kann daher auch vertraglich nicht abbedungen werden. Auch ein ausdrücklicher oder schlüssiger Verzicht ist während aufrechten Vertrages nicht möglich. Wenn der Kunde trotz ordnungsgemäßer Auslieferung nicht zahlt, hat der Unternehmer wie oben ausführt nach der Bestimmung des § 9 Abs. 3 HVertrG alles zu unternehmen, um den geschuldeten Kaufpreis beim Kunden einzutreiben. Der Kunde muss also grundsätzlich geklagt werden, der Kaufpreis exekutiv eingetrieben werden, was im positiven Fall den Provisionsanspruch des Handelsvertreters weiterbestehen lässt. Ob der Unternehmer letztlich bei dem durch den Handelsvertreter vermittelten Geschäft einen Gewinn erzielt hat, ist für die Frage des Provisionsanspruchs ohne Belange, d. h. auch wenn der Unternehmer sich verkalkuliert hat, bleibt der Provisionsanspruch vollinhaltlich aufrecht.

In der Praxis werden diese Fragen regelmäßig erst mit Beendigung des Handelsvertretervertrages nach entsprechender Beratung durch die Wirtschaftskammer oder den Vertrauensanwalt aktuell. Dann können diese zu Unrecht vorenthaltenen Provisionen unter Anwendung des Hilfsmittels des Buchauszuges (§ 16 HVertrG) der Höhe nach festgestellt und notfalls auch eingeklagt werden. Eine zeitliche Beschränkung der Rückforderung derartiger Provisionen ist nur durch die Verjährung gegeben. Gemäß § 18 HVertrG beträgt die Verjährungsfrist 3 Jahre. Sie beginnt für Ansprüche, die in die Abrechnung des Unternehmers einbezogen wurden, mit dem Ende des Jahres in dem die Abrechnung stattgefunden hat. Wenn hingegen aufgrund der oben angeführten Umstände einzelne z.B. nicht ausführte Geschäfte gar nicht in die Abrechnung der Provisionen des Handelsvertreters einbezogen wurden, dann beginnt die Verjährung erst mit Ende des Jahres zu laufen, in welchem der Handelsvertretervertrag beendet wurde. Dies kann dazu führen, dass nicht abgerechnete Provisionen länger als 3 Jahre zurück vom Unternehmer gefordert werden können. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Verjährung durch die Anmeldung des Anspruchs auf rückständige Provisionen bis zum Einlangen der schriftlichen Antwort des Unternehmers aufgeschoben ist. Es erscheint daher empfehlenswert, hinsichtlich nicht abgerechneter Geschäfte eine Anfrage an den Unternehmer zu richten, was denn die Gründe dafür sind.

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Rechtsanwalt
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