Fachbeitrag 01.10.2013

Kein Anspruch auf Entschädigung bei Vogelschlag


BGH: Kein Anspruch auf Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung bei einem Vogelschlag.

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (“BGH”) entschied am 24.09.2013 über zwei Fälle, in denen ein durch Vogelschlag verursachter Turbinenschaden dazu führte, dass die Flüge erheblich verspätet ankamen oder sogar annulliert wurden.

Sachverhalt:

In dem Verfahren Az. X ZR 160/12 buchte der Kläger eine Flugreise von Frankfurt am Main über Brüssel nach Banjul (Gambia). Der Rückflug sollte am 18.01.2010 um 21.00 Uhr Ortszeit in Banjul starten. Die dafür geplante Maschine, die an diesem Tag aus Brüssel ankam, erlitt während des Landeanflugs in Banjul einen Vogelschlag, wodurch ein Triebwerk erheblich beschädigt wurde. Eine Reparatur war nicht rechtzeitig möglich, weshalb eine Ersatzmaschine aus Brüssel eingeflogen wurde. Diese Maschine landete am Abend des 19.01.2010 in Banjul und die Kläger kamen somit erst am 20.01.2010 in Frankfurt am Main an.

Ähnlich lag der Sachverhalt in dem Verfahren Az. X ZR 129/12, bei dem der Start eines Flugs von Fuerteventura nach Hannover abgebrochen werden musste, weil Vögel in das Triebwerk geraten waren. Die Kläger in diesem Verfahren wurden erst am Tag darauf von einer anderen Fluggesellschaft weiterbefördert und trafen mit 24-stündiger Verspätung in Hannover ein.

Verfahren:

In 1. Instanz haben das AG Frankfurt/Main (Az. 29 C 222/12) und das AG Hannover (Az. 436 C 11054/11) die Klagen abgewiesen. Nachdem die Kläger auch in der Berufungsinstanz vor dem LG Frankfurt am Main (2-24 S 111/12) und dem LG Hannover (12 S 28/12) unterlagen, verfolgten sie ihre Ausgleichsansprüche in der zugelassenen Revision weiter.

Entscheidung:

Die Richter am BGH stellten fest, dass ein Vogelschlag ein Ereignis sei, das außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung begründen könne. Ein Vogelschlag wirke schließlich von außen auf den Flugverkehr ein und sei für das Luftverkehrsunternehmen nicht vorhersehbar und damit auch nicht beherrschbar. Gegenmaßnahmen wie etwa das Vergrämen der Vögel fielen nicht in den Verantwortungsbereich der Luftverkehrsunternehmen, sondern der Flughafenbetreiber.

Im ersten Verfahren (Az. X ZR 160/12) hätte sich die infolge des Vogelschlags eingetretene Verspätung auch bei Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen nicht vermeiden lassen. Das Berufungsgericht, so die Richter, hätte rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte auf dem Flughafen Banjul keine Ersatzmaschine vorhalten müsse.

Im zweiten Verfahren Az. X ZR 129/12, hob der BGH Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück, da in den Vorinstanzen keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um zu verhindern, dass infolge des Vogelschlags der Flug annulliert werden musste.

Anmerkung:

In der letzten Zeit wurden die Rechte der Flugreisenden durch höchstrichterliche Entscheidungen meist nur gestärkt. Diesmal fielen die Entscheidungen des BGH allerdings zu Gunsten der Fluggesellschaften aus, was bei diesem Thema jedoch nicht verwunderlich war.

Der Meinungsstand zu der Frage, ob ein Vogelschlag einen “außergewöhnlichen Umstand” nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 darstellt oder nicht, war auch schon vor den Entscheidungen des BGH vom 24.09.2013 relativ eindeutig.

Es mag zwar sein, dass ein Vogelschlag technische Probleme verursacht und dass die Ursache technischer Probleme ansonsten stets in mangelhafter Wartung, Bedienungsfehlern oder Ähnlichem gesehen wird, allerdings wurden bereits bislang von dieser Regel von außen einwirkende Ursachen, wie Vorschlag oder Hagelschaden ausdrücklich ausgenommen (vgl. Prof. Dr. Ronald Schmid, NJW 2006, S. 1841 ff.). Das LG Darmstadt führte dazu aus, dass technische Defekte des Fluggerätes dann in den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 fielen, wenn sie auf äußere Einflüsse wie etwa witterungsbedingte Defekte (Blitzschlag, Hagel u. ä.), unautorisierte Eingriffe von betriebsfremden Dritten (Terroristische Handlungen) oder sonstige vergleichbare Umstände wie zum Beispiel ein Vogelschlag zurückzuführen sind (vgl. LG Darmstadt, Az. 7 S 46/11; Prof. Dr. Wolf Müller-Rostin, NZV 2008, S. 430 ff.).

Auch weitere vergleichbare Fälle wurden ebenfalls zu Gunsten der Fluggesellschaften entschieden und festgestellt, dass der durch einen Vogelschlag eintretende Schaden außerhalb des Einfluss- und Organisationsbereiches der Luftfahrtunternehmen liegt und es sich schlichtweg um ein außerhalb des Gewöhnlichen liegendes Naturereignis handelt (vgl. LG Hamburg, Az. 318 S 98/11; LG Düsseldorf, Az. 22 S 378/07; AG Bremen, Az. 9 C 0091/11; zu § 651 j BGB auch KG, Az. 8 U 15/09).

Christian Heinzelmann

Rechtsanwalt

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