Fachbeitrag 19.01.2015

Inkrafttreten der Reform der EuGVVO


Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 ist am 10. Januar 2015 in Kraft getreten.

 

Sie ersetzt die aktuelle EuGVVO (Verordnung Nr. 44/2001, auch „Brüssel I genannt); die wichtigste Neuerung besteht in der Abschaffung des Exequaturverfahrens für gerichtliche Entscheidungen, die in einem EU-Mitgliedstaat erlassen werden.

 

Gerichtsentscheidungen, die in einem EU-Mitgliedstaat vollstreckbar sind, können fortan in anderen europäischen Mitgliedstaaten ohne jeden Zwischenschritt vollstreckt werden. Dem Gerichtsvollzieher sollen lediglich eine vollstreckbare Ausfertigung der Entscheidung und eine Bescheinigung vorgelegt werden, nach welcher die Entscheidung vollstreckbar ist. Der Schuldner kann noch einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung stellen, aber die zugelassenen Versagungsgründe sind sehr restriktiv.

 

Wichtiger Hinweis: die neuen Bestimmungen gelten nur für „Verfahren, öffentliche Urkunden oder gerichtliche Vergleiche (…), die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind. » Gerichtsentscheidungen, die in der EU aufgrund von bereits laufenden Verfahren verkündet werden, müssen also noch Gegenstand eines Exequaturs nach der alten Fassung der EuGVVO werden.

 

Eine weitere wichtige Änderung der EuGVVO-Reform betrifft die Wirksamkeit von Gerichtsstandvereinbarungen: eine Gerichtsstandsklausel, die im Rahmen eines Vertrags geschlossen wird, ist ab sofort als eine von den übrigen Bestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Zudem soll die Wirksamkeit der Klausel nach dem internen Recht des Staates des von der Klausel bezeichneten Gerichts beurteilt werden.

 

Schließlich werden Gerichtsstandvereinbarungen nachhaltig gestärkt: ab jetzt muss jedes Gericht, das angerufen wird, obwohl es nicht von einer bestehenden Gerichtsstandsklausel bezeichnet wird, das Verfahren aussetzen, sobald auch das von der Klausel bezeichnete Gericht angerufen wird. Wenn dieses Gericht seine Zuständigkeit bejaht, muss das zuerst angerufene Gericht für unzuständig erklären. Durch die Neufassung der EuGVVO werden auch weitere Bestimmungen geändert.

Quelle: Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

Ihre Ansprechpartnerin: Béatrice DESHAYES, Rechtsanwältin und avocate associée (Partnerin)

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