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Fachbeitrag 04.07.2011

EuGH: Urlaubsanspruch von Arbeitnehmer bei Wechsel zu Teilzeit


Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 22.04.2010 – Rs. C-486/08 – über die Frage entschieden, ob ein vor einer Arbeitszeitänderung erworbener Urlaubsanspruch bei einer Verringerung der Anzahl der Arbeitstage pro Kalenderwoche anteilig gekürzt werden kann.

Die bisherige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sah vor, dass bei einer Arbeitszeitreduzierung in Form der Verringerung der Anzahl der Wochenarbeitstage auch ein bereits erworbener Urlaubsanspruch anteilig gekürzt wird (BAG, Urteil vom 28.04.1998, 9 AZR 314/97). Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG wurde der Urlaubsanspruch für jeden Wochentag, um den die Arbeitszeit reduziert wurde, um ein Fünftel gekürzt. Zudem wurden die vor der Arbeitszeitreduzierung erworbenen Urlaubstage nur mit Teilzeitentgelt vergütet.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass das europäische Gemeinschaftsrecht einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der bei einer Änderung des Beschäftigungsumfangs von Vollzeit auf Teilzeit der noch nicht verbrauchte Erholungsurlaub in der Weise angepasst wird, dass der in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbene Urlaubsanspruch entweder reduziert wird oder der Arbeitnehmer diesen Urlaub nur mehr mit einem geringeren Urlaubsentgelt verbrauchen kann. Dies gilt dann, wenn der Arbeitnehmer aus tatsächlichen Gründen keine Möglichkeit hatte, den ihm noch zustehenden Urlaubsanspruch vor der Reduzierung der Arbeitszeit in Natur zu nehmen.
Vereinfacht ausgedrückt müssen folgende Vorraussetzungen vorliegen:

  • Reduzierung der Arbeitszeit durch Verringerung der Anzahl der Arbeitstage pro Kalenderwoche
  • Urlaubsanspruch wurde vor der Arbeitszeitverringerung erworben
  • Arbeitnehmer hatte aus tatsächlichen Gründen keine Möglichkeit, den Urlaub einzubringen (z. B. Krankheit oder Elternzeit)

Beispiel (vereinfacht):

Ein Arbeitnehmer arbeitet im Jahr 2010 Vollzeit (Fünf-Tage-Woche). Mitte des Jahres erkrankt er bis einschließlich 31.12.2010 und kann dadurch seinen Resturlaub von 15 Urlaubstagen nicht mehr nehmen. Ab 01.01.2011 ist der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig, reduziert aber mit Einverständnis des Arbeitgebers seine Arbeitzeit auf drei Tage pro Kalenderwoche. Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wäre der Resturlaub von 15 Urlaubstagen anteilig entsprechend der neuen Arbeitszeit auf 3/5 des bisherigen Resturlaubs zu kürzen gewesen. Der Arbeitnehmer hätte also nur noch einen Urlaubsanspruch von 9 Urlaubstagen geltend machen können.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) vertritt die Auffassung, dass dem Arbeitnehmer  weiterhin ein Anspruch von 15 Urlaubstagen zusteht. Der Resturlaub darf nicht anteilig gekürzt werden. Zudem ist der Urlaub mit dem Entgelt aus der früheren Vollzeitbeschäftigung zu vergüten.

 

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Rechtsanwalt
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