Fachbeitrag 10.11.2010

Entlassung langjähriger Beschäftigter bei Vermögensdelikten


Arbeitgeber können langjährig Beschäftigte bei Vermögensdelikten nicht ohne Weiteres entlassen

Das Arbeitsgericht Bonn entschied am 21.10.2010 Az.: 1 BV 47/10, dass Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers grundsätzlich auch dann eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, wenn nur geringfügige Werte (hier: drei Schrauben) betroffen sind. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 10. Juni 2010 im sog. “Emmely”-Fall (Az.: 2 AZR 541/09) ist im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung jedoch das durch eine langjährige Betriebszugehörigkeit entstandene Vertrauensverhältnis zu berücksichtigen, so dass eine einmaliger Betrug nicht unbedingt für eine fristlose Kündigung ausreicht.

Zu entscheiden hatte das Arbeitsgericht folgenden Sachverhalt. Ein früherer Arbeitskollege kam in den Betrieb und fragte, ob man ihm drei bestimmte Schrauben besorgen könne. Die zunächst angesprochenen Arbeitnehmer lehnten das Ansinnen ab; einer von ihnen wies darauf hin, dass sich die Zeiten geändert hätten und man heutzutage mit einem solchen Verhalten seinen Arbeitsplatz riskiere. Schließlich erklärte sich B., der seit mehr als 30 Jahren bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist hierzu bereit. Dieser wollte ihm helfen und gab bei der Materialausgabe an, die drei Schrauben für eine bestimmte Maschine zu benötigen. Er bekam die Schrauben, die einen Wert von 0,28 € hatten, und schenkte sie dem K. Zwar kann auch ein Betrug über drei Schrauben im Wert von 0,28 € einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Im Streitfall kam der langen Betriebszugehörigkeit des B. eine große Bedeutung zu. Das folgt aus der “Emmely”-Entscheidung des BAG, die ebenfalls eine sog. Bagatellkündigung betraf. Denn hiernach wird eine über lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört.

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Rechtsanwalt
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