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Fachbeitrag 19.09.2011

Ehewohnung und Trennung ! Was nun ?


Anlässlich der Ehescheidung sind sich die Ehepartner oftmals über Ihre mietvertraglichen Verpflichten und darüber im Unklaren, wie mit der Ehewohnung zu verfahren ist.

Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen

getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die

Ehewohnung überlässt. Wegen der häufig endgültigen Wirkung einer solchen Maßnahme, die für den ausziehenden Ehegatten damit verbunden ist, ist dies nach dem Gesetz aber nur unter engen Voraussetzungen möglich.

Eine Zuweisung der Ehewohnung kommt daher nur in Betracht, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Eine solche Härte ist zunächst bei Vorliegen körperlicher Gewalt gegen Familienangehörige oder schwerer Störungen des Familienlebens durch Alkohol-/ Drogenmissbrauch gegeben.

Hat der Ehegatte also den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist dem verletzten Ehegatten der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist

Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder steht nach dem Gesetzgeber im Vordergrund. Es ist auf deren möglichst ungestörte Entwicklung zu achten. Der Zerfall einer Familie belastet die Kinder ganz besonders. Ihre vertraute räumliche Umgebung und ihr soziales Umfeld sollen ihnen daher möglichst erhalten bleiben. Die Ehewohnung ist daher möglichst dem betreuenden Elternteil zuzuweisen.

Solange ein Ehegatte die von beiden gemietete Wohnung nach Trennung bzw. Scheidung allein weiter nutzen will, sind die familienrechtlichen Vorschriften Sondervorschriften, welche die allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen zwischen den Eheleute ausschließen. Es besteht daher insbesondere kein Anspruch des die Wohnung nicht mehr nutzenden Ehegatten auf Zustimmung zur Kündigung gegen den anderen Ehegatten.

Kündigt ein Ehegatte, der alleiniger Mieter der Wohnung ist ,nach der Trennung das Mietverhältnis, obwohl der andere Ehegatte darin wohnen bleiben möchte, bietet das Gesetz hierfür leider keine unmittelbare Lösung. Wurde einem Ehegatten aber die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere nach dem Gesetz jedoch alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Zu diesem Zweck kann das Familiengericht ein Verbot aussprechen, das Mietverhältnis zu kündigen.

Ist nach der Trennung der Ehegatten ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.

Bei der Scheidung kann ein Ehegatte verlangen und beim Scheidungsgericht geltend machen, dass ihm der andere Ehegatte die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.

Der Ehegatte, dem die Wohnung überlassen wird, tritt zum Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung der Ehegatten über die Überlassung an den Vermieter oder mit Rechtskraft der Endentscheidung des Familiengerichts im Wohnungszuweisungsverfahren an Stelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort.

Besteht kein Mietverhältnis über die Ehewohnung, so kann sowohl der Ehegatte, der Anspruch auf deren Überlassung hat, als auch der Vermieter die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen.

Der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung erlischt ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache, wenn er nicht vorher gerichtlich geltend gemacht wurde.

 

Rechtsanwalt Heribert Kohlen

Fachanwalt für Familien- und Sozialrecht, Otto-Brenner –Str. 6, 44866 Bochum

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