Fachbeitrag 05.05.2015

Dienstunfähigkeitsverfahren – Rechtmäßigkeitsanforderungen der Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung der Dienstfähigkeit


A. Vorbemerkung

Die Beamtengesetze des Bundes und der Länder sehen jeweils Regelungen vor, nach denen ein Beamter bei bestehender Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden kann.

Bestehen auf Seiten des Dienstherrn Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, leitet dieser ein Dienstunfähigkeitsverfahren ein. Dieses beginnt regelmäßig mit einer vom Dienstherrn an den Beamten gerichteten Anordnung, sich zur Feststellung der Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Der Beamte, der eine solche Anordnung erhält, stellt sich die Frage, ob er der Anordnung nachkommen muss oder nicht und welche Konsequenzen eine Weigerung haben könnte.

Die Beamtengesetze des Bundes und der Länder sehen grundsätzlich die Verpflichtung des Beamten vor, sich nach Weisung der Behörde zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat jedoch nunmehr durch einige Entscheidungen postuliert, dass dies nicht schrankenlos gilt, sondern vielmehr die Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, gewissen inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen muss. (BVerwG, Beschluss vom 10.04.2014 – 2 B 80.13 -; BVerwG, Beschluss vom 21.02.2014 – 2 B 24.12 -; BVerwG, Urteil vom 30.05.2013 – 2 C 68.11 -; BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 – 2 C 17.10 -)

B. Rechtmäßigkeitsanforderungen nach der Rechtsprechung des BVerwG

Nach der Rechtsprechung des BVerwG muss einer Anordnung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen, zum einen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen. Diese tatsächlichen Umstände sich von der Behörde in der Untersuchungsanordnung anzugeben. Der Beamte muss anhand der von der Behörde angegebenen Begründung nachvollziehen und prüfen können, ob die von der Behörde ins Feld geführten tatsächlichen Umstände tragfähig sind. (BVerwG, Beschluss vom 10.04.2014 – 2 B 80.13 -, Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 – 2 C 17.10 -, Rn. 19 ff.) Ist die Untersuchungsanordnung insoweit mangelhaft, kann dieser Mangel im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden. (BVerwG, Urteil vom 30.05.2013 – 2 C 68.11 -, Rn. 21)

Zum anderen muss die Untersuchungsanordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde ist nicht befugt, Art und Umfang der vorzunehmenden ärztlichen Untersuchungen dem Belieben des Arztes zu überlassen. Nur wenn die Behörde in der Untersuchungsanordnung Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar angibt, ist der Beamte überhaupt in der Lage, deren Rechtmäßigkeit nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Dies bedeutet, dass sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses der Untersuchungsanordnung unter Inanspruchnahme sachkundiger ärztlicher Beratung in Grundzügen erkundigen muss, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Abklärung dieser Zweifel geboten sind. (BVerwG, Beschluss vom 10.04.2014 – 2 B 80.13 -, Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 30.05.2013 – 2 C 68.11 -, Rn. 19) Hierbei hat sich die Behörde auch mit den vom Beamten vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen auseinanderzusetzen, die ggfls. bereits bestimmte Untersuchungen ganz oder teilweise obsolet machen könnten. Diese Verpflichtung trifft zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Frage der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung beurteilt werden muss, auch das Tatsachengericht. (BVerwG, Beschluss vom 10.04.2014 – 2 B 80.13 -, Rn. 11)

Fehlt eine dieser Voraussetzungen ist die Untersuchungsanordnung rechtswidrig.

C. Fazit

Ist die Untersuchungsanordnung rechtswidrig, besteht für den Beamten kein Befolgungszwang und er kann die Mitwirkung verweigern.

Die Beurteilung, ob die Untersuchungsanordnung rechtswidrig oder rechtsmäßig ist, sollte ein Beamter jedoch nicht selbst vornehmen, da bei einer Fehlbeurteilung die Gefahr besteht, dass bei Verweigerung einer rechtmäßig angeordneten Untersuchung das Bestehen der Dienstunfähigkeit vermutet und/oder ein Disziplinarverfahren wegen Verstoßes gegen die Befolgungspflicht eingeleitet wird.

Erhält ein Beamter eine Untersuchungsanordnung sollte er diese daher umgehend von einem/r Rechtsanwalt/in und ggfls. vom Verwaltungsgericht prüfen lassen, bevor er deren Befolgung verweigert.

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Rechtsanwalt
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