Sie wurden abgemahnt? Dann sind Sie nicht alleine. Sie sollten aber nicht alleine bleiben und sich nicht ohne anwaltliche Hilfe zu einer Abmahnung äußern. Sie können insoweit fast nur Fehler machen. Hier ein paar aufklärende Hinweise vor dem Hintergrund der Abmahnungen im Musik- und Filmgeschäft, die Sie trotzdem nicht daran hindern sollten, uns zu fragen.
Bekanntermaßen wird derzeit viel Missbrauch mit illegalen Downloads von Musiktiteln und Filmen über sogenannte Peer-to-Peer Tauschbörsen betrieben.
Warum hat dies zivil- und strafrechtliche Konsequenzen?
Musikstücke und Filme genießen einen vergleichbaren Schutz wie das sonstige Eigentum. Indem nun in sogenannten Tauschbörsen Nutzer sich gegenseitig ihre Filme und Musik zum Download anbieten, üben sie Rechte aus, die eigentlich dem Künstler zustehen, wie beispielsweise der Verkauf einer Musik-CD und bringen diesen so um seinen Gewinn. Da der illegale Up- und Download binnen kürzester Zeit ein erhebliches Ausmaß angenommen hat, sieht die Musikindustrie zwar wohl nicht ihre Existenz gefährdet, aber zumindest ihre Gewinne schwinden. Seit geraumer Zeit wird daher versucht, diesem Problem mit Hilfe von Abmahnungen beizukommen.
Verfahrensablauf
Und das geht dann so: Strafverfahren werden angestrengt, um den Anschlussinhaber zu ermitteln. Diese Verfahren werden häufig, ohne dass der Beschuldigte je zur Sache vernommen wird, wegen Geringfügigkeit (und mit Verlaub – bei 40.000 Abmahnschreiben in einem Jahr allein durch Carsten Rasch – wohl auch aus Prozessökonomie und zur Verhinderung der Kriminalisierung einer ganzen Gesellschaft) eingestellt.
Sodann wird das zivilrechtliche Schwert gezückt. Der über die IP- Adresse ermittelte Anschlussinhaber erhält ein Abmahnschreiben dem eine Unterlassungserklärung beigefügt ist, die er in einer kurzen Frist zu unterschreiben hat; ansonsten wird mit einem gerichtlichen Eilverfahren und noch höheren Kosten gedroht. Den größten Anteil der dabei entstehenden Kosten machen meist die Gebühren des abmahnenden Anwalts aus. Die Betroffenen sehen sich vor die Situation gestellt: Zahlen, oder warten und dann noch mehr zahlen.
Unter anderem werden solche Abmahnungen von Anwälten wie Stefan Auffenberg in Berlin oder den Waldorf Rechtsanwälten in München verschickt. Beim Verein gegen Abmahnwahn sowie bei Wikipedia kann nachgelesen werden, wer im Einzelnen was abmahnt.
Sollten Sie ein solches Abmahnschreiben bereits erhalten haben, stehen Sie, auch wenn sich der Inhalt der Schreiben oftmals so liest, nicht völlig rechtlos da, sondern haben durchaus die Möglichkeit sich erfolgreich gegen die Vorwürfe zu verteidigen.
Dabei ist aufgrund der Vielzahl offener Rechtsfragen und taktischer Möglichkeiten eine anwaltliche Betreuung unbedingt empfehlenswert. Keinesfalls sollten Sie mit dem abmahnenden Anwalt telefonieren und im Rahmen eines solchen Telefonats evtl. Tatsachen mitteilen, die Ihnen später noch schaden können. Es gilt wie bei polizeilichen Vernehmungen: Nicht hingehen, nichts sagen und anwaltlichen Rat holen.
Folgende kurze Zusammenfassung soll Aufschluss geben über die wichtigsten tatsächlichen Punkte und die derzeitige Rechtssprechung in diesem Bereich.
Die Abmahnung
Die Abmahnung enthält die Aufforderung ein bestimmtes Verhalten in der Zukunft zu unterlassen. Die Abmahnung dient dazu, einen Streit um eine Rechtsverletzung außergerichtlich zu beenden.
Die Abmahnung kann mit einfachem Brief oder auch per Fax oder Mail versendet werden.
Eine Abmahnung kann extrem kurze Fristen enthalten, die unbedingt zu beachten sind!
Eine Abmahnung enthält meist eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung – manchmal auch Unterwerfungserklärung genannt. Eine solche muss aber nicht dabei sein. Dann muss man die Erklärung selbst auf setzen. Ob diese Erklärung richtig formuliert ist, können Sie als Nicht-Jurist nicht beurteilen. Hier müssen Sie sich Rat holen, wenn Ihnen nicht alles egal ist.
Die Unterlassungserklärung bzw. Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
Der Abmahnung ist meistens eine vorformulierte Erklärung beigefügt, die Sie unterschreiben sollen. Wie immer im Leben ist höchste Vorsicht geboten, wenn Sie etwas unterschreiben sollen, was Sie nicht wirklich verstehen!
Je nach Formulierung der Erklärung kann die Abgabe einem Schuldanerkenntnis gleichkommen. Es besteht im Einzelfall durchaus die Möglichkeit, die Erklärung abzuändern, um eine vorteilhaftere Regelung zu erhalten, insbesondere hinsichtlich der zu tragenden Kosten. Diesen Part können Sie nämlich durchaus auch abändern oder durchstreichen. Es kann u.a. ratsam sein, die geforderte Erklärung nur „unter Nichtanerkennung einer Rechtspflicht und Protest gegen die Kostenlast” abzugeben. Auch das bzw. die Konsequenzen daraus können Sie als Nicht-Jurist definitiv nicht alleine beurteilen.
Wird die Erklärung unverändert unterschrieben, hat man sich meist auch zur Schadensersatzzahlung verpflichtet. Die Schadensersatzforderungen und Anwaltsgebühren sind oftmals viel zu hoch angesetzt. Beispielsweise wird in den Abmahnschreiben oftmals nicht beachtet, dass die Höhe der Abmahngebühren in einfach gelagerten urheberrechtlichen Fallen, in denen der Verletzer außerhalb des geschäftlichen Verkehrs handelt und es sich um die erste anwaltliche Abmahnung handelt, gesetzlich auf 100 € begrenzt ist.
Wir können Ihnen dabei behilflich sein, überzogene Schadensersatzforderungen abzuwehren oder zumindest erheblich zu reduzieren.
Von einer „Die spinnen ja wohl, ich mach gar nichts”- Strategie wird aus den o.g. Gründen dringend abgeraten. Dann kann es richtig teuer werden!
Sobald nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung – und sie muss immer strafbewehrt sein – eine erneute Rechtsverletzung stattfindet, wird die angedrohte Vertragsstrafe fällig. Auch beim Thema Vertragsstrafe gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die Sie alleine nicht wissen und beurteilen können.
Der Schadensersatzanspruch
Der Schadensersatzanspruch besteht aus dem entstandenen Schaden und den Anwaltsgebühren.
Der tatsächliche Schaden ist nur schwer nachweisbar und wird meist mit pauschalierten Forderungen geltend gemacht. Es kann nicht daran gezweifelt werden, dass der Musikindustrie ein Schaden durch die Tauschbörsen entsteht. Die genaue Schadenssumme ist jedoch nur schwer zu ermitteln. Die Höhe des entgangenen Gewinns lässt sich überhaupt nicht eindeutig festlegen.
Der Schadensersatz kann nur von demjenigen verlangt werden, der die Rechtsverletzung begangen hat. Insofern haften Eltern nicht für den durch ihre Kinder angerichteten Schäden. Kinder können allerdings selbst für den Schaden zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie älter als 8 Jahre sind und die nötige Einsichtsfähigkeit besitzen.
Die Anwaltsgebühren müssen dagegen auch dann von den Eltern getragen werden, wenn die Kinder die Rechtsverletzung begangen haben. Anwaltsgebühren können konkret berechnet werden.
Das Amtsgericht Mannheim hat immerhin entschieden, dass bei einem Schreiben, das tausendfach verschickt worden ist, nicht auch tausendfach die volle Anwaltsgebühr verlangt werden kann. In anderen Fällen sind die Gerichte davon ausgegangen, dass die Anwaltsgebühr nicht schon deshalb entfällt, weil der Anwalt in jeder Abmahnung immer wieder dieselben vorgefertigten Textbausteine einfügt und somit viel weniger Aufwand hat.
Da verschiedene Rechtsanwaltskanzleien Urheberrechtsverletzungen in den Tauschbörsen abmahnen, kann es passieren, dass Sie von unterschiedlichen Anwälten in Anspruch genommen werden. Es kann auch passieren, dass nach Abgabe einer Unterlassungserklärung die gleichen Kanzlei wegen eines alten Sachverhalts noch einmal abmahnt. Solche Mehrfach-Abmahnungen sind in der Regel missbräuchlich.
„Zahlen über Zahlen…”
Mit den folgenden Ausführungen soll versucht werden, die vielen Zahlen in dem Abmahnschreiben verständlicher zu machen.
Streitwert/ Gegenstandswert
Bei dem Streitwert, auch Gegenstandwert, handelt es sich um das wirtschaftliche Interesse des Rechtsinhabers, d.h. es wird grob geschätzt, was das verletzte Recht wert ist. Zur Beurteilung dieses Interesses werden die Verwertungsrechte des Rechtsinhabers herangezogen. Es handelt sich bei dem Gegenstandwert also nicht um den Preis der zum Download bereitgestellten Musikstücke. Der Streitwert wird von den abmahnenden Kanzleien meist mit € 10.000,– pro Musikstück beziffert.
Der Streitwert ist auch nicht mit dem Schadensersatz zu verwechseln. Keinesfalls werden von Ihnen also € 10.000,– pro Musiktitel als Schadensersatz verlangt.
Die Gerichte nehmen bei privaten Urheberrechtsverletzungen auch bei mehreren Musiktiteln einen maximalen Gesamtstreitwert von 100.000 € an. Meist geht die Musikindustrie allerdings nur wegen drei oder vier herunter geladenen Musikstücken vor. Der Streitwert beläuft sich dann auf € 30.000 bis € 40.000.
Anwaltskosten – Geschäftsgebühr
Rechtsanwaltsgebühren hängen ebenfalls von dem gerichtlich festgesetzten Streitwert ab. Im Falle einer Abmahnung durch einen Rechtsanwalt fällt gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) eine Geschäftsgebühr an. Je höher der Streitwert, desto höher die Gebühr; allerdings ist die Progression degressiv.
Weiterhin fällt eine Pauschale in Höhe von € 20,00 für die Auslagen des Rechtsanwaltes für Post- und Telkommunikationsdienstleistungen an.
Im Vergütungsverzeichnis des RVG ist für die Geschäftsgebühr ein Gebührenrahmen angegeben. Innerhalb dieses Rahmens bemisst sich die Geschäftsgebühr nach dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeiten. Die sog. Regelgeschäftsgebühr hat den Faktor 1,3. Mehr kann bei solchen Abmahnungen nie verlangt werden! Entsprechend den o.g. Gerichtsentscheidungen eher weniger wegen der Einfachheit der Sache.
Ob die von der Gegenseite geforderten Anwaltsgebühren gerechtfertigt sind, muss im Einzelfall geprüft werden.
Die Ermittlung des Anschlussinhabers
Sie fragen sich wahrscheinlich, wie überhaupt bewiesen werden kann, dass die Musik über ihren PC heruntergeladen wurde…
Der PC hat eine Adresse, die sogenannte IP-Adresse, zu der bei Ihrem Internetanbieter die Daten des Anschlussinhabers (Name, Anschrift etc.) gespeichert sind.
IP-Adressen werden im Internet verwendet, um Daten von ihrem Absender zum vorgesehenen Empfänger transportieren zu können. Wie bei einer Postanschrift auf einem Briefumschlag werden Datenpakete mit einer IP-Adresse versehen, die den Empfänger eindeutig identifiziert. Aufgrund dieser Adresse können die „Poststellen”, die Router, entscheiden, in welche Richtung das Paket weiter transportiert werden soll. Im Gegensatz zu Postadressen sind IP-Adressen nicht an einen bestimmten Ort gebunden.
Man muss zwischen sogenannten „statischen” und „dynamischen” IP-Adressen unterscheiden.
Wenn einem PC bei jeder neuen Verbindung mit einem Netz eine neue IP-Adresse zugewiesen wird, spricht man von dynamischer Adressierung. Im Internetzugangsbereich wird dynamische Adressierung vor allem von Internet-Service-Providern eingesetzt, die Internet-Zugänge über Wählleitungen anbieten. Vorteil der dynamischen Adressierung ist, dass im Durchschnitt deutlich weniger als eine IP-Adresse pro Kunde benötigt wird, da nie alle Kunden gleichzeitig online sind. Ein Verhältnis zwischen 1:10 und 1:20 ist üblich.
Statische Adressierung wird prinzipiell überall dort verwendet, wo eine dynamische Adressierung technisch nicht möglich oder nicht sinnvoll ist. Im Internet-Zugangsbereich wird statische Adressierung vor allem für Router an Standleitungen verwendet. Statische Adressen werden meist manuell konfiguriert, können aber auch über automatische Adressierung zugewiesen werden.
Bei der in der Abmahnung angegebenen IP-Adresse handelt es sich meist um eine dynamische Adresse. Mit der IP-Adresse kann lediglich festgestellt werden, dass jemand zu diesem Zeitpunkt den Internetzugang des jeweiligen Providers (z.B. T-Online; Netcologne etc.) genutzt hat. Name und Adresse gehen aus der IP- Adresse nicht hervor.
Um den Anschlussinhaber zu ermitteln, wird eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft gestellt. Um die Daten des konkreten Nutzers zu erfahren wird die IP-Adresse von den Ermittlungsbehörden protokolliert und der Service-Provider aufgefordert, die gespeicherten Daten an die Staatsanwaltschaft herauszugeben. Jeder Provider ist im Zuge des staatsanwaltlichen Auskunftsverfahrens zur Herausgabe der Daten an die Strafermittlungsbehörden verpflichtet. Der Provider darf seine Kunden über die Datenauskunft nicht informieren und erteilt somit weder mündlich noch schriftlich Auskunft.
Anwälte können dann im Strafverfahren Akteneinsicht nehmen und so bereits frühzeitig an die Adresse des Anschlussinhabers gelangen, um gegen diesen zivilrechtlich vorzugehen.
Seit 1.1.2008 gilt ferner das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, wonach Telefon- und Internetfirmen Verbindungsdaten sechs Monate lang speichern müssen. Ab wann welcher Provider die Speicherung vornimmt, kann bei Wikipedia nachgelesen werden.
Anwälte der Musikindustrie wollen die Daten, die eigentlich nur im Kampf gegen den Terror genutzt werden sollten, möglichst bald für zivilrechtliche Zwecke nutzen. Laut Gesetz ist die Nutzung nur für “erhebliche” sowie “mittels Telekommunikation begangene” Straftaten erlaubt. Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht in einer aktuellen Eilanordnung entschieden, dass Verbindungsdaten nur bei “besonders schweren Straftaten” zur Ermittlung herangezogen werden dürfen (Beschluss vom 11. März 2008, Az.: 1 BvR 256/08). Hierzu gehören Mord, Raub, Kinderpornographie, Geldwäsche, Korruption, Steuerhinterziehung sowie Betrug. Zusätzlich muss die Straftat „schwerwiegend” sein und der Verdacht durch “bestimmte Tatsachen” begründet und eine Aufklärung ohne die Daten wesentlich erschwert sein. Leichte Fälle von Betrug fallen ebenso wenig hierunter wie Urheberrechtsverletzungen.
Datenschützer meinen nun, dass Staatsanwaltschaften gar nicht mehr verpflichtet sind, als verlängerter Arm der Musikindustrie Anschlussinhaber zu ermitteln. Seitens der Musikindustrie geht man allerdings nicht davon aus, dass sich die gängige Praxis ändert, da eben keine Verbindungsdaten, sondern lediglich die Namen zu bereits ermittelten Daten abgefragt würden. Festzustellen bleibt jedoch, dass der Datenabruf bei Urheberrechtsverletzungen durch den illegalen Download von Musik nach diesem Gesetz vorerst ausgeschlossen ist. Binnen sechs Monaten soll die Bundesregierung einen Bericht über die Bedeutung der Vorratsspeicherung für die Strafverfolgung vorlegen. Danach entscheidet das Bundesverfassungsgericht erneut.
Die Haftung für Dritte – Eingehackt?
Auch für das Verhalten von Dritten kann der Anschlussinhaber verantwortlich gemacht werden, wenn er nicht alles Zumutbare getan hat, um zu verhindern, dass Rechtsverletzungen über seinen Anschluss begangen werden.
WLAN Systeme (Funknetzwerke) sind anfällig für unberechtigte Zugriffe von dritter Seite. Dritte können sich unbemerkt in das Netzwerk einloggen und das Internet „mitbenutzen”. Der Anschlussinhaber hat die Pflicht sich so gut wie möglich gegen solche Zugriffe von außen zu schützen, damit über seinen Anschluss keine Rechtsverletzungen begangen werden. Andernfalls haftet er, obwohl er nicht selbst eine solche Verletzung begangen hat! (sog. Störerhaftung)
Zu der Frage, welche einzelnen technischen Maßnahmen der Anschlussinhaber vornehmen muss, gehen die Ansichten der Gerichte auseinander. Insgesamt gilt: Je höher die Absicherung, desto geringer die Wahrscheinlichkeit einer Haftung.
Bei unverschlüsseltem WLAN entsteht die volle Haftung des Anschlussinhabers.
(LG Mannheim, Beschluss v. 25.01.2007, Az. 7 O 65/06, MMR 2007, 537; LG Hamburg, CR 2006, 780; OLG Karlsruhe, Beschluss v.11.06.2007 – 6 W 20/07; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.12.2007, I-20 W 157/07, zitiert nach Juris, OLG Hamburg, Beschluss v. 11.10.2006Az.: 5 W 152/06; OLG Köln, Beschluss v. 08.05.2007, Az.: 6 U 244/06)
Das gilt selbst dann, wenn zur Zeit des Anbietens von Musikstücken in einem Filesharing- Programm der PC des Anschlussinhabers ausgeschaltet war. In dem Moment wo das WLAN eingeschaltet und nicht ausreichend gesichert ist, ist der Anschlussinhaber als sogenannter Mitstörer verantwortlich.
(LG Frankfurt a.M., Urteil v. 22.02.2007, Az. 2-3 O 771/06)
Um eine Haftung zu vermeiden, ist für die Absicherung eines WLAN im Zweifel mindestens erforderlich, alle Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, die eine Standardsoftware erlaubt (Firewall u.ä.), verschiedene Benutzerkonten mit jeweils eigenem Passwort für die Nutzer des Computers anzulegen und die Verschlüsselung des WLAN- Netzes vorzunehmen. Die Standardeinstellungen des Routers sind dabei ausreichend.
(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.12.2007, 1-20 W 157/07)
Das OLG Frankfurt hat am 01.07.2008 (11 U 52/07) erneut ausgeurteilt, dass der Anschlussinhaber nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter über eine passwortgeschützte WLAN- Verbindung haftet. Die Revision wurde zugelassen, so dass nun der Bundesgerichtshof die streitige Frage beantworten wird.
Das WLAN muss mindestens per Wired Equivalent Privacy (WEP) verschlüsselt werden. Wegen der leichten Umgehbarkeit der WEP Verschlüsselung könnten die Gerichte zukünftig eine WPA bzw. Advanced Encryption Standard (AES) bei WPA2 Verschlüsselung fordern.
Bei der Passwortsicherung ist auf geeignete Passwörter zu achten. Längere Passwörter, welche aus einer Zahlen-Buchstabenkombination bestehen und monatlich gewechselt werden, geben dabei eine höhere Sicherheit.
Bei Nichtbenutzung oder Abwesenheit sollte das WLAN ausgeschaltet sein.
Vergleichbare Probleme ergeben sich bei einer klassischen Kabelverbindung, wenn Dritte über ein Netzwerk auf die Internetverbindung zugreifen können.
Sie fühlen sich technisch überfordert? Pech gehabt!
Denn Gerichte sind in einzelnen Entscheidungen schon davon ausgegangen, dass es Ihnen zuzumuten ist, auch kostenpflichtig fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen.
(LG Köln, Beschl.v. 7.9.08 – 28 O 266/06; OLG Hamburg 5 W 61/06 ( 308 O 139/06), OLG Hamburg 5 W 152/07 ( 308 O 552/06), OLG Hamburg 5 W 152/06 ( 308 O 552/06), LG Hamburg 308 O 480/06, dagegen mit beachtlichen Gründen OLG Frankfurt, 1.7.2008, 2/3 O 19/07)
Die Haftung für Familienangehörige, insbesondere Kinder
Oftmals werden die Musikstücke oder Filme von den Kindern oder sonstigen Familienangehörigen des Anschlussinhabers in Filesharing- Systemen runtergeladen.
Auch gegenüber den Familienangehörigen, welche ebenfalls den PC nutzen, ist der Anschlussinhaber im Rahmen seiner Prüfpflichten zur Absicherung des Systems verpflichtet.
Die gegenüber den Kindern bestehende Aufsichtspflicht erfordere ein einleitendes Belehrungsgespräch der Kinder sowie eine laufende Überwachung.
Hier lassen die Gerichte dann ihre Phantasie spielen, wie eine Aufsicht denn so aussehen könnte.
Das Landgericht München hat festgestellt, dass Eltern ihr Internet nutzendes, siebzehnjähriges, technisch versierteres Kind darauf hinweisen müssen, dass eine Internetnutzung zivilrechtliche Haftungsrisiken birgt, weil ein mit dem Internet verbundener Computer ein gefährlicher Gegenstand sei (LG München v. 19.6.2008, K&R 2008, 474).
Gemeinsam mit dem LG Hamburg (LG Hamburg, MMR 2006, 700; 2007, 131) ist es der Ansicht, dass neben dem einleitenden Belehrungsgespräch auch eine laufende Überwachung dahingehend stattfinden muss, ob sich die Internetnutzung durch das Kind in diesem Rahmen bewegt. Der Aufsichtspflichtige müsse sich schließlich auch darum kümmern, womit sich das Kind in der Freizeit beschäftige, es gelegentlich beobachten und beim Aufräumen des Kinderzimmers (siebzehnjähriges Kind!) und beim Säubern der Kleidung auf Gegenstände achten, die eine Rechtsverletzung nahe legen (welche sollen das sein? Internet in der Hosentasche???). Das Landgericht Köln geht sogar soweit, dass Eltern den Familiencomputer nach Tauschsoftware durchsuchen müssen (LG Köln 28 O 266/06). Das dürfte tatsächlich zu weit gehen, weil viele Eltern, das mangels Kenntnissen gar nicht können.
Nicht nur bei uns und in der Literatur stößt diese Rechtssprechung auf heftige Kritik. Das alles klingt nach familieninternem Überwachungsstaat, und ist deshalb auch sicher nicht das letzte Wort der Gerichte. Aber die Lobby der Medienindustrie ist stark und in den letzten Jahren bei der Politik gut zu Gehör gekommen.
Es sei nur auf die Entscheidungen des OLG Frankfurt am Main verwiesen. Hier wurde entschieden, dass ein Ehemann seine Frau, der er seinen Account für den Handel auf einer Verkaufsplattform überlässt, nicht ständig überwachen muss, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat.
(OLG Frankfurt, Urteil v. 16.05.2006, Az.: 11 U 45/05; ebenso LG München I 7 O 2827/07, LG Mannheim 2 O 71/06, LG Mannheim 7 O 76/06).
Gleiches hat das Gericht nun auch im Bezug auf die im Haus lebenden Kinder ausgesprochen (OLG Frankfurt, 1.7.2008, 2/3 O 19/07).
Insgesamt ist nach den bisherigen Entscheidungen jedenfalls sicher, dass der Anschlussinhaber nicht pauschal für jeden Rechtsverstoß seiner Familienangehörigen haftet, sondern eine Prüfung im Einzelfall stattfinden muss.
Das Strafverfahren
Die Staatsanwaltschaft wird auf die Strafanzeige gegen Unbekannt, gestellt von der Gegenseite, tätig. Die Musikindustrie nutzt das Strafverfahren lediglich als Vehikel, um die Adresse des Anschlussinhabers herauszufinden. Auf eine Bestrafung des Anschlussinhabers durch den Staat kommt es den Verletzten dabei eher nicht an.
Erst wenn mehr als 1000 Musikstücke auf der Festplatte gefunden worden sind, ordnen einige Staatsanwaltschaften in Deutschland eine Hausdurchsuchung an.
Sie sind nicht verpflichtet, die Polizei bei der Hausdurchsuchung zu unterstützen. Allerdings können Sie eine solche auch nicht verhindern, da die Polizei berechtigt ist, sich mit Hilfe eines Schlüsseldienstes Zutritt zu verschaffen.
Die Polizeibeamten werden dann Ihren Computer suchen. Um eine komplette Hausdurchsuchung zu verhindern, empfiehlt es sich, den Beamten mitzuteilen, wo sich der Computer befindet. Die Polizei wird höchstwahrscheinlich den Computer beschlagnahmen, wozu sie auch berechtigt ist. Sie haben allerdings das Recht, sich von Daten, die Sie zwingend für die Ausbildung oder den Beruf benötigen, eine Kopie zu erstellen. Wird später festgestellt, dass tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung mit dem Computer begangen wurde, kann dieser sogar eingezogen werden. Eine Einziehung wird jedoch in den meisten Fällen nicht stattfinden, so dass Sie Ihren PC zurückbekommen. Die illegal herunter geladenen Dateien werden allerdings gelöscht.
Bitte beachten Sie, dass Sie während der Hausdurchsuchung nicht zur Aussage gegenüber der Polizei verpflichtet sind!!! Nicht einmal eine spätere polizeiliche Vorladung zur förmlichen Vernehmung muss befolgt werden. Erst auf eine Ladung zur richterlichen Vernehmung müssen Sie reagieren.
Es ist Ihr gutes Recht sich erst zu einem späteren Zeitpunkt in Ruhe zum Sachverhalt zu äußern.
Da es Ihrer Entlastung dienlich sein kann, wenn Sie zu den gegen Sie gerichteten Vorwürfen Stellung nehmen, ist es ratsam eine schriftliche Stellungnahme durch einen Anwalt abzugeben, statt selbst zur Polizei zu gehen.
Der Anwalt kann dem Staatsanwalt dann auch die Beweismittel benennen, die ihre Aussage stützen. Ziel wird es sein, eine Einstellung des Verfahrens zu erwirken.
Nachdem die Ermittlungen der Polizei abgeschlossen sind, teilt die Polizei dem Staatsanwalt das Ermittlungsergebnis mit.
Wenn keine Hausdurchsuchung durchgeführt worden ist, wird der Beschuldigte meist auch nicht vernommen. Wird dann das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt, ist die Staatsanwaltschaft nicht verpflichtet den Beschuldigten hierüber zu informieren. Der Beschuldigte erfährt so erst durch das Abmahnschreiben, dass ein Strafverfahren gegen ihn geführt wurde.
Wenn die Staatsanwaltschaft sich bis zum Erhalt des Abmahnschreibens durch die gegnerischen Anwälte nicht gemeldet hat, ist das Strafverfahren mit höchster Wahrscheinlichkeit bereits eingestellt worden.
Grundsätzlich entscheidet der Staatsanwalt selbst, ob er ein Verfahren einstellt. Es existieren jedoch Richtlinien für die Staatsanwaltschaft, wie mit Fällen des illegalen Austauschs von Musik umzugehen ist.
Es gilt die Grundregel, dass bei weniger als 500 gefundenen Musikstücken auf der Festplatte das Verfahren eingestellt wird. Bei weniger als 1000 Musikstücken wird das Verfahren gegen Zahlung einer geringen Geldsumme eingestellt. Weitere Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft meist dann durch, wenn mehr als 1000 Musikstücke auf der Festplatte zum Upload angeboten wurden.
Nur in den krassen Fällen, in denen mehrere 1000 Stücke zum Upload angeboten werden, droht eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Der Tagessatz bemisst sich nach dem Netto-Monatseinkommen geteilt durch 30. Bei einem Netto- Verdienst von € 1.500 monatlich, liegt der Tagessatz bei € 1.500 : 30 = 50 €. Bei 90 Tagessätzen ergibt das eine Geldbuße von 4.500 €. Selbst in diesen Fällen kann bei anwaltlicher Vertretung oft eine Reduzierung der Tagessätze erreicht werden.
Bei einer Strafe von mehr als 90 Tagessätzen gilt der Angeklagte als vorbestraft. Vorstrafen werden in das polizeiliche Führungszeugnis eingetragen.
Jugendliche können ab dem 14. Lebensjahr nach Jugendstrafgesetz bestraft werden.
Das Strafverfahren wird allerdings immer zunächst gegen den Anschlussinhaber, also die Eltern geführt. Anwälte könne dabei helfen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen die Kinder verhindert wird. Selbst wenn gegen einen Minderjährigen eine Strafe verhängt wird, ist diese meist so gering, dass keine negativen Folgen für das Ausbildungsverhältnis daraus erwachsen.
Allerdings werden bei Jugendlichen nicht bloß Vorstrafen, sondern auch andere Entscheidungen und Anordnungen, sowie eingestellte Verfahren in das Erziehungsregister eingetragen. Anders als beim Bundeszentralregister, wird eine Eintragung auch nicht bereits nach einer bestimmten Frist, sondern erst mit Vollendung des 24. Lebensjahres gelöscht.
Oftmals weiß derjenige, der Musik aus dem Internet heruntergeladen hat, gar nicht, dass er dabei gleichzeitig selbst Dateien auch anderen zum Download anbietet, hier also auch ein Upload von seinem PC aus stattfindet.
Zur Begehung einer hiermit verbundenen Straftat ist vorsätzliches Handeln notwendig. Dieser Vorsatz liegt bei Unwissenheit nicht vor, so dass eine strafrechtliche Verfolgung in solchen Fällen ausscheidet.
Anders ist dies im Zivilverfahren, da für den Schadensersatzanspruch vorsätzliches Handeln nicht erforderlich ist.
© Mandy Rigtering, Stefan Müller-Römer, Juli 2009, Alle Rechte vorbehalten