Fachbeitrag 05.07.2007

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) – Vorsorgeschutz


Von: Ulrich Retzki

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine wichtige Vorsorge. Doch wer sie beitragsfrei stellt, entwertet sie erheblich.

Bis ins hohe Alter gesund und fit zu bleiben, ist heute keine Seltenheit. Ein bisschen Glück gehört dazu. Denn Unfälle oder Krankheiten können jeden treffen. Ist eine dauerhafte Heilung nicht in Sicht, ist auch die Rückkehr ins Berufsleben gefährdet. Gegen dieses Risiko kann man sich versichern. Diese Investition sollte man aber langfristig kalkulieren.

Meist werden Kapitallebensversicherungen in Kombination mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) angeboten. In der Regel wird für die Lebensversicherung eine Versicherungs- bzw. Beitragszahlungsdauer bis zum Erreichen des 65. Bleibt der Versicherte gesund und ist er jederzeit in der Lage, seinen Beruf auszuüben, erhält er die Geldleistung aus der Lebensversicherung mit Vollendung des 65. Wird man hingegen während der Beitragszahlungsdauer der Lebensversicherung ganz oder teilweise berufsunfähig, bietet die BUZ zwei entscheidende Vorteile: Erstens entfällt die Beitragszahlungspflicht für die Kapitallebensversicherung. Zweitens wird zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsrente gezahlt, und zwar monatlich im Voraus. Damit erfüllt ein solcher Vertrag in finanzieller Hinsicht einen doppelten Zweck: Die Beitragsbefreiung stellt sicher, dass das Sparziel der auf Altersvorsorge ausgerichteten Kapitallebensversicherung erreicht wird, indem das Versicherungsunternehmen anstelle des Versicherten die Beiträge übernimmt. Die monatliche Rentenzahlung sichert den Lebensstandard des Versicherten bis zum Ende der Vertragslaufzeit.

Wer sich in jungen Jahren für den Abschluss einer solchen Versicherung entscheidet, sichert sich damit frühzeitig gegen Berufsunfähigkeit ab, geht aber eine vertragliche Verpflichtung zur Zahlung der monatlichen Beiträge über einen Zeitraum von leicht mehr als 40 Jahren ein. Auch wenn die Vorsorge grundsätzlich richtig ist, sollte bei Vertragsabschluss gut überlegt werden, ob die Höhe des monatlichen Beitrags so bemessen ist, dass man sich diese Geldausgabe auch jederzeit leisten kann. Denn bei späteren finanziellen Engpässen ist es zwar möglich, die Versicherung beitragsfrei zu stellen. Der entscheidende Versicherungsschutz gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit wird durch eine Beitragsfreistellung jedoch erheblich entwertet. Hierfür gibt es zwei Gründe:

Durch die Beitragsfreistellung entfällt die mit der Lebensversicherung verbundene Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vollständig. Finanzielle Engpässe führen somit zum Verlust des Berufsunfähigkeitsschutzes.
Ist der finanzielle Engpass glücklicherweise überwunden, lässt sich der vertragliche Berufsunfähigkeitsschutz auch nicht ohne weiteres wiederherstellen. Denn will man dann die Beitragszahlung wieder aufnehmen, ist dies für die BUZ nach

  1. bewirkt die Beitragsfreistellung, dass die mit der Lebensversicherung verbundene Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung komplett entfällt. Finanzielle Engpässe führen damit im Ergebnis zum Verlust der Absicherung gegen Berufsunfähigkeit.
  2. lässt sich der vertragliche Schutz gegen Berufsunfähigkeit auch nicht mehr ohne weiteres wieder herstellen, nachdem es glücklicherweise gelungen ist, den finanziellen Engpass zu überwinden. Will man dann nämlich die Beitragszahlung wieder aufnehmen, so ist dies für die BUZ nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wie ein Neuabschluss eines Versicherungsvertrages anzusehen. Das bedeutet: Die Versicherungsunternehmen können den gesundheitlichen Status des Versicherten neu bewerten. Da man mit zunehmendem Alter regelmäßig mehr sogenannte Vorerkrankungen aufweist als in jungen Jahren, muss damit gerechnet werden, dass die Versicherungsgesellschaft die Wiederaufnahme der BUZ-Versicherung entweder von Risikoausschlüssen abhängig macht oder gar ablehnt.

In einem entsprechenden Fall hat das Oberlandesgericht Oldenburg am 28. April 2004 – Az. 3 U 10/04 – entschieden, dass bei Wiederaufnahme der Beitragszahlung eine vollständig neue Risikoprüfung hinsichtlich der Berufsunfähigkeit durchgeführt werden darf. Insbesondere, so entschied das OLG Oldenburg, dürfen auch solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Versicherten in die Risikoprüfung einbezogen werden, die er bereits vor der Beitragsfreistellung erlitten und über die er den Versicherer sogar schon damals informiert hatte. Dies macht deutlich, dass die frühere Prämienzahlung dem Versicherten in dieser Situation nichts mehr nützt.

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Wer jedoch eisern weiterzahlt und später tatsächlich berufsunfähig wird, ist gut abgesichert. Bei den meisten Verträgen genügt eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent, um in den Genuss der Versicherungsleistungen zu kommen.

In der Regel ist der Versicherte auch nicht verpflichtet, sich beispielsweise bestimmten medizinischen Behandlungen oder gar Operationen zu unterziehen, um wieder fit für den bisherigen Beruf zu werden.

Dieser grundsätzlich wichtige Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. So hat das Oberlandesgericht Saarbrücken in einem aktuellen Urteil vom 23. Juli 2004 – Az. 5 U 683/03-64 – einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsleistungen verneint, weil der Versicherte zwar objektiv zu mehr als 50 % berufsunfähig war, seine Erkrankung aber medizinisch relativ leicht und risikolos behandelbar war.

Nach Einschätzung des vom Gericht hinzugezogenen medizinischen Sachverständigen dürfte eine etwa dreimonatige Krankengymnastik im Wesentlichen ausreichen, um die frühere berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten wiederherzustellen. Dieser Behandlung, so das Gericht, müsse sich der Versicherte unterziehen. Das Urteil hat Signalwirkung für ähnlich gelagerte Berufsunfähigkeitsfälle mit potenziell eher leicht heilbaren Erkrankungen. Daher: Auch wer berufsunfähig wird und Versicherungsschutz genießt, sollte sich intensiv ärztlich beraten lassen, ob und wie er mit den Mitteln der Medizin seinen Beruf wieder ausüben kann.

Ulrich Retzki
Fachanwalt für Versicherungsrecht

 

Ulrich Retzki

Berlin

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Autor

Ulrich Retzki

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