Böse Überraschung: Bei Verzicht auf die Fahrerlaubnis werden die Punkte nicht gelöscht
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Urteil vom 3. März 2011, Az.: BVerwG 3 C 1.10, entschieden, dass ein Verzicht auf die Fahrerlaubnis nicht zu einer Löschung von Punkten im Verkehrszentralregister nach § 4 Abs. 2 Satz 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) führt.
Der Kläger wurde böse überrascht. Aufgrund zahlreicher begangener Verkehrsverstöße forderte das Landratsamt Berchtesgadener Land von dem Kläger im Oktober 2005 die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens; es wies darauf hin, dass bei Nichtvorlage auf seine mangelnde Fahreignung geschlossen werden dürfe und ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse.
Der Kläger verzichtete auf seine Fahrerlaubnis und gab den Führerschein im Februar 2006 bei der Fahrerlaubnisbehörde ab, da er finanziell nicht in der Lage war, ein solches Gutachten erstellen zu lassen. Nach der Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung erhielt er im September 2006 eine neue Fahrerlaubnis. Der Kläger hatte im Oktober 2007 bereits 16 Punkte im Verkehrszentralregister angesammelt, worauf das Landratsamt die Teilnahme an einem Aufbauseminar anordnete.
Der Kläger war der Meinung die eingetragenen Punkte hätten gelöscht werden müssen
Hiergegen wandte er ein, dass wegen seines Verzichts auf die Fahrerlaubnis die zuvor eingetragenen Punkte zu löschen gewesen seien. Die Vorinstanzen, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 15.12.2009, Az.: 11 BV 08.2502 und das Verwaltungsgericht München gaben ihm mit unterschiedlicher Begründung Recht.
Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidungen auf. Die gesetzliche Regelung bei Entziehung der Fahrerlaubnis ist nicht auf den freiwilligen Verzicht entsprechend anwendbar.
Die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG, dass bei der Entziehung der Fahrerlaubnis die Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht werden, ist nicht auf die Fälle eines Verzichts auf die Fahrerlaubnis übertragbar. Einer analogen Anwendung steht entgegen, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung bei Verzichtsfällen bewusst von einer Löschung der Punkte abgesehen hat; somit fehlt es an einer unbewussten Regelungslücke. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf es auch keiner erweiternden Auslegung der Löschungsregelung aus Gründen der Gleichbehandlung; die vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG vorgesehene Differenzierung zwischen einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis und deren Entziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde ist sachlich gerechtfertigt.