Wie finde ich eine zuverlässige und preiswerte Rechtsschutzversicherung?

Fachbeitrag 22.10.2012

Arbeitnehmerhaftung


Ein Arbeitnehmer hat 4.000 Transportgestelle zu schweißen. Nach dem 100. Teil legt er die Schablone weg und schweißt freihändig weiter mit dem Ergebnis, dass die Transportgestelle nicht passen und vom Auftraggeber des Arbeitgebers zurückgeschickt werden. Der Arbeitgeber hat einen Schaden von einigen tausend Euro.

 Die Frage ist, ob der Arbeitnehmer haften muss.

§ 619a BGB verdrängt die Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.

Der Arbeitnehmer hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt ist noch sich aus dem sonstigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergibt. Eine andere Bestimmung des Verschuldens kann sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben.

Die Merkmale für Vorsatz und Fahrlässigkeit ergeben sich aus dem allgemeinen Zivilrecht. Danach handelt vorsätzlich, wer den rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und gewollt oder ihn vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat.

Bei der Fahrlässigkeit unterscheidet das Bundesarbeitsgericht drei Formen

  • leichteste Fahrlässigkeit
  • mittlere Fahrlässigkeit
  • grobe Fahrlässigkeit.

Mit leichtester Fahrlässigkeit sind am Rande des Verschuldens liegende Fälle von Versehen gemeint, mittlere Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und der missbilligte Erfolg vorhersehbar war und vermeidbar gewesen wäre. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.

Im vorliegenden Fall ist grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, weil der Schweißer nicht davon ausgehen konnte, dass er nach weiteren hundert Stück noch die Maße genau einhält.

Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden des Arbeitnehmers.

Die Haftungsbeschränkung des Arbeitnehmers hängt von drei Voraussetzungen ab: 

1. Bestehen eines Arbeitsverhältnisses

2. Betrieblich veranlasste Tätigkeit

3. Grad des Verschuldens

Vorsätzlich verursachte Schäden hat der Arbeitnehmer in vollem Umfang zu tragen.

Bei grober Fahrlässigkeit haftet er ebenfalls grundsätzlich voll. Es sind jedoch ausnahmsweise Haftungserleichterungen möglich. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko steht. (Z.B.: Eine Putzfrau in einer Arztpraxis zerstört grob fahrlässig ein medizinisches Untersuchungsgerät, das mehrere 100.000 Euro kostet.) Ein solches Missverhältnis besteht nicht, wenn der Schaden nicht erheblich über einem Bruttomonatsverdienst des Arbeitnehmers liegt.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer den Schaden teilweise zu tragen. Primär ist auf den Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens Bezug zu nehmen. Die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, die Versicherbarkeit des Risikos, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe seines Arbeitsentgeltes sowie auf persönliche Umstände des Arbeitnehmers wie etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und auch das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers spielen außerdem eine Rolle für die Beurteilung, in welcher Höhe der Arbeitnehmer den Schaden zu tragen hat.

Ist der Schaden auf leichteste Fahrlässigkeit zurückzuführen, haftet der Arbeitnehmer nicht.

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Rechtsanwalt
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