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Fachbeitrag 02.05.2012

Adoption eines Kindes durch homosexuellen Lebenspartner


Adoption eines Kindes durch den Lebenspartner in einer homosexuellen Beziehung – ein in Frankreich heiß umstrittenes Thema

Der  Wunsch  Kinder  zu  haben,  ist  etwas  Mysteriöses.  Manche  sprechen  sogar  von  einem  unbewussten  Wunsch. Trotz  Aufklärung,  werden Frauen  absichtslos  schwanger  oder   kommen  aus  verschiedenen Gründen  nicht  dazu, es  zu  werden.  Die  rechtliche  Gleichstellung  aller  Kinder   seit  der  Mitte  der   70er  Jahre hat  unsere  Gesellschaft  verändert.  Es  ist   heute  vollkommen  normal,  dass  auch  unverheiratete  Paare  Kinder  haben. Unfruchtbare   Paare  oder  lesbische  Frauen   können  auf   künstliche  Befruchtung  zurückgreifen  oder  sich  für  eine  Adoption  entscheiden.   

Wird  ein  außerhalb  der  Ehe  geborenes  Kind  in  seinem  ersten  Lebensjahr vom Vater  anerkannt, so  sind  nach  französischem  Recht   beide  Eltern   gemeinsam  sorgeberechtigt.  Auch  nach  der  Trennung  bleibt  es  größtenteils  dabei.

 

Die  gemeinsame  Sorge  soll  dem  Kindeswohl  dienen.   Hier  sieht  man  den Einfluss   der  psychologischen  Lehre, nach  der  Kinder  für  ihre  psycho-soziale  Entwicklung   zweier  verschiedengeschlechtlicher  Bezugspersonen  bedürfen. 

Dennoch  erfüllen  sich  auch  lesbische  Frauen   ihren  Kinderwunsch,  indem   sie  sich  künstlich  befruchten  lassen.   Dies  ist  zwar  in  Frankreich  für  lesbische  Frauen  gesetzlich  nicht  erlaubt,  aber  im  Ausland.   Nach  der  Geburt  des  ersehnten Kindes  bleiben  jedoch  sowohl  ethische  als  auch  rechtliche  Probleme .   Die  Mütter  haben  eine  Empfängnisart  gewählt,  die  dem  Kind  das  Wissen  um  seine Herkunft verwehrt.   Außerdem   ist  es   diesen  Frauen   nicht  möglich,  das  Sorgerecht  mit   ihrer  Lebenspartnerin  zu  teilen.   Hierzu   bedürfte  es   der  Möglichkeit,  dass  die  Lebenspartnerin  der  Mutter  deren  Kind  auch  adoptieren  darf.

 

Alle  rechtlichen  Bemühungen,  um  die  Adoption  des  leiblichen Kindes  eines  Partners  durch  den  anderen  Partner  in  einer   homosexuellen Lebensgemeinschaft  durchzusetzen,  sind  bisher  fehlgeschlagen.  Das  französische  Recht  kennt   weder  die  Ehe  zwischen  Homosexuellen  noch  erlaubt  es  die  Adoption  des  leiblichen  Kindes  eines  Partners  durch  den  anderen in   einer  gleichgeschlechtlichen  Lebensgemeinschaft. 

Um  der  Situation  juristisch  in  etwa  gerecht  zu  werden,   besteht  zwischenzeitlich  die  Möglichkeit,   eine  Teilübertragung   des Sorgerechts  auf   den   nicht  sorgeberechtigten  Partner  zu  erwirken.

Die bisher durch die Rechtsprechung geklärten Fälle ähneln sich. Zwei Frauen leben zusammen und wünschen sich ein Kind. Sie gehen ins Ausland,  wo   die  künstliche  Befruchtung erlaubt  ist. Eine der beiden Lebenspartnerinnen bringt danach ein Kind zur Welt, das von beiden erzogen wird. Das  Kind  stammt gesetzlich aber nur von der leiblichen Mutter ab und nur diese hat das Sorgerecht. Letztere stellt dann einen  Antrag, damit ein Teil des Sorgerechts (délégation-partage) auf ihre Partnerin zum Schutze des Kindes übertragen wird.

In einem Grundsatzurteil vom 24. Februar 2006 hat der Oberste Gerichtshof einem solchen Antrag auf teilweise Übertragung des Sorgerechts in einer  gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft in Anwendung des Artikel 377, Abs. 1 Code Civil stattgegeben, weil diese den besonderen Umständen und dem  Kindeswohl entsprach. Ein besonderer Umstand ist beispielsweise die Abwesenheit der Mutter aus beruflichen Gründen. Diese Rechtsprechung wird von den   unteren Gerichten, die in jüngster Zeit nur noch das Kindeswohl berücksichtigen,  mehr und mehr befolgt. Ob diese Lösung wirklich dem Schutze des Kindes  dient, ist jedoch fraglich. Denn im täglichen Leben haben Dritte (Grosseltern, Freunde), die für das Kind Sorge tragen, ein stillschweigendes Mandat, für das   Kind  Handlungen  des  täglichen Lebens  vorzunehmen;   so  können  beispielsweise   größere   ärztliche  Eingriff,  die des Einvernehmens beider  Sorgeberechtigter   bedürften,  im  Notfall  auch  ohne  deren  Zustimmung  vorgenommen  werden.   Außerdem  erlischt das durch die Teilübertragung auf  den  Lebenspartner   übertragene  Mitsorgerecht   beim  Tod  des   leiblichen  Elternteils,  denn  nur  dieser  hat  das  gesetzliche  Sorgerecht inne.  In  diesem  Fall  bekommt  das   Kind  einen  Vormund.   Bestenfalls  kann  der  Sorgerechtsinhaber   durch  Testament   den   anderen  Partner  als  Vormund  des  Kindes  für den  Fall  seines  Todes einsetzen.   Bei  dem  Wunsch,  innerhalb  einer  homosexuellen  Lebensgemeinschaft  das  Sorgerecht  gemeinsam  ausüben  zu  können, geht es  deshalb  nicht   so  sehr um  das  Kindeswohl,  sondern  vielmehr  um  die  rechtliche  Anerkennung   der  Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Lebensgemeinschaften.

 Einen rechtlichen Rahmen zur  Gleichstellung der homosexuellen mit den heterosexuellen Paaren in Bezug auf die Adoption zu schaffen,  ist in Frankreich ein heiß diskutiertes Thema. 

Das französische Verfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurden kürzlich mit der Frage der Adoption in einer  gleichgeschlechtlichen  Lebensgemeinschaft  befasst. Die  Frage,  ob  die  Ablehnung  der  Adoption  in  einer  homosexuelles  Lebensgemeinschaft gegen  die  Grundrechte verstößt, hat das französische  Verfassungsgericht mit Entscheidung vom 6. Oktober 2010 verneint. 

Mit seiner  Entscheidung vom 15.  März  2012 hat  der  Europäische  Gerichtshof  für  Menschenrechte  es  abgelehnt,  Frankreich  wegen  Diskriminierung  und  Verstoßes  gegen das  Rechts  auf  Achtung   des Privat-  und  Familienlebens   zu  verurteilen.   Die  Straßburger  Richter  haben  in  ihrem   ausführlich  begründeten   Urteil  u.a.  hervorgehoben,  dass  es  innerhalb  Europas   keinen  Konsensus  in  der  Frage  der Adoption des  leiblichen  Kindes  eines  Partners  durch  den  anderen  in  einer homosexuellen   Lebensgemeinschaft   gäbe  : „ im  Februar  2011  war  eine  solche   Adoption  in  zehn  der  siebenundvierzig Vertragsstaaten  möglich,  d.h.  in  21,3  %  dieser  Staaten  : Belgien,  Dänemark, Finnland,  Deutschland, Island, Niederlanden,  Norwegen,  Spanien,  Schweden  und  dem  Vereinigten  Königreich“.  Die  Lehre  hat  diese  Entscheidung  als  einen  Triumph  über  die  Demokratie   begrüßt  und  betont,  dass  die  juristisch   sehr  delikate  Entscheidung über  die Adoption  in  einer  homosexuellen Lebensgemeinschaft  nur  vom  Parlament  als   Ausdruck   der  Souveränität  des  Volkes  getroffen  werden kann.

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Rechtsanwalt
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