Fachbeitrag 24.09.2013

Abführungs- und Auskunftspflicht im eröffneten Insolvenzverfahren


Abführungs- und Auskunftspflicht nach Freigabe einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit im eröffneten Insolvenzverfahren nach § 35 II 2 InsO

In seiner neusten Entscheidung vom 13.06.2013, Az. IX ZB 38/10, hatte der Bundesgerichtshof erneut Gelegenheit die Pflichten einer im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens freigegebenen selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu konkretisieren.

Seit der Neufassung von § 35 II InsO können Insolvenzverwalter wirtschaftliche Tätigkeiten eines Schuldners “freigeben”. Über den Verweis in § 35 II 2 InsO auf § 295 Abs. 2 InsO ist klargestellt, dass der Schuldner im Gegenzug die Insolvenzgläubiger durch Zahlung an die Masse so zu stellen hat, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Er muss mithin ein fiktives pfändbares Einkommen abführen. Dies wird in der Praxis häufig so gelebt, dass der Insolvenzschuldner monatlich seine betriebswirtschaftlichen Auswertungen an den Insolvenzverwalter sendet und ein sich daraus ergebendes pfändbares Einkommen abführt.

Dieser Praxis hat der Bundesgerichtshof nunmehr erneut eine Absage erteilt. Da nach dem aktuellen Recht der Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren – im Gegensatz zur anschließenden Wohlverhaltensphase – noch keine Erwerbsobliegenheit besteht, muss er Beträge an die Insolvenzgläubiger nur im Rahmen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auskehren. Die oberste Grenze dabei bildet das in § 295 Abs. 2 InsO genannte fiktive Nettoeinkommen, mithin das Einkommen, was der Schuldner dann, wenn er sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen würde, als abhängig Beschäftigter verdienen würde. Bringt der Schuldner diesen Betrag auf, hat der Insolvenzverwalter keinerlei darüber hinausgehenden Anspruch auf Mitteilung des Erfolges der wirtschaftlichen Tätigkeit, da der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg keine Auswirkungen auf die Abführungspflicht des Schuldners hat.  Kann der Schuldner seine Leistungspflicht im Bezug auf den fiktiven, bei der Eingehung eines angemessenen Dienstverhältnisses pfändbaren Lohn oder Gehalt aufgrund fehlenden wirtschaftlichen Erfolges nicht oder nur zum Teil nachkommen, muss er im laufenden Insolvenzverfahren – im Gegensatz zu der Wohlverhaltensperiode, nur Leistungen im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit erbringen. Im Gegenzug ist er umfassend zur Auskunft über sein erzieltes Einkommen verpflichtet. Nur dann kommt eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO wegen verweigerter Auskunft über den wirtschaftlichen Erfolg der selbständigen Tätigkeit des Schuldners in Betracht.

Für Verfahren die ab dem 1.7.2014 eröffnet werden, konstatiert das Gesetz zur Verkürzung der Restschuldbefreiung und zur Stärkung der Gläubigerrechte auch eine Erwerbsobliegenheit des Schuldners im eröffneten Insolvenzverfahren (§ 287 InsO n.F.), so dass sich für diese Verfahren eine andere Bewertung ergeben kann.

Dr. Kramp

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