Publizitätspflicht: Deutsche Regierung unter Druck
Der deutsche Gesetzgeber hat entsprechend einer EG-Richtlinie die Offenlegung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften im Handelsgesetzbuch geregelt. In der Praxis läßt die Offenlegung insbesondere bei GmbHs weitestgehend zu wünschen übrig. Nicht einmal jede zehnte GmbH hält sich an das, was das Gesetz befiehlt. Zwar droht bei einer Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von bis zu 10.000 DM, jedoch greift die Sanktion nur dann, wenn ein Gesellschafter, Gläubiger oder der Betriebsrat dies beantragen.
Der Europäische Gerichtshof hat die nachlässige Praxis nun beanstandet. Hierbei wurde klargestellt, daß die Publizitätspflicht auch für GmbHs gilt. Im übrigen kann das Fehlen geeigneter Sanktionen nach Auffassung der Europarichter nicht damit gerechtfertigt werden, daß deren Anwendung auf sämtliche Gesellschaften, die ihren Abschluß nicht offenlegen, wegen ihrer Vielzahl für die deutsche Verwaltung erhebliche Schwierigkeiten schaffen würde, die außer Verhältnis zu dem vom EG-Gesetzgeber verfolgten Ziel stünden. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Bundesregierung auf dieses eindeutige Votum des EuGH reagiert.
Urteil des EuGH vom 29.09.1998, Rs. C-191/95. Der Betrieb 1998, 2106