Diskriminierung durch Nichtbelieferung
Mehrere ehemalige Mitarbeiter gründeten ein eigenes Unternehmen und verlangten von dem Hersteller die Belieferung mit Ersatzteilen. Da dieser sich weigerte, zogen die früheren Mitarbeiter vor Gericht. Wie schon die Vorinstanzen sahen auch die Richter beim Bundesgerichtshof in dem Verhalten des Herstellers eine wettbewerbswidrige Diskriminierung. Nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) dürfen marktbeherrschende Betriebe andere Unternehmen weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandeln. Zwar ist es auch einem marktstarken oder marktbeherrschenden Unternehmen nicht generell verwehrt, Art und Umfang des Vertriebs nach seinen Vorstellungen zu organisieren und dabei die Vertriebspartner auszuwählen. Diese Freiheit besteht aber nur innerhalb der durch das Kartellrecht gezogenen Grenzen; sie ist ausgeschlossen, wo sie missbraucht wird. Die Bundesrichter hatten keinen Zweifel daran, dass das beklagte Unternehmen als Hersteller von Originalersatzteilen, die allein über seine Vertriebsorganisation bezogen werden können, marktbeherrschend im Sinne des Diskriminierungstatbestandes ist.Die Richter ließen auch die Befürchtung des Geräteherstellers einer unsachgemäßen Verwendung ihrer Teile bei Wartung und Reparatur und der davon ausgehenden Gefahren nicht gelten. Die Abwehr von Gefahren für die Verwender und Benutzer technischer Einrichtungen ist nicht Primäraufgabe der am Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen, sondern den Ordnungsbehörden übertragen. Der Hersteller wurde daher zur Belieferung des klagenden Unternehmens verurteilt.
Urteil des BGH vom 27.04.1999,Der Betrieb 1999, 2052