Fachbeitrag 23.08.2023

Das neue Bürgergeld


Seit Beginn des Jahres 2023 wurden die sog. Hartz IV-Regelungen durch das Bürgergeld abgelöst. 2005 war die Grundsicherung für Arbeitssuchende mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eingeführt worden. Rund 20 Jahre später hat sich die Situation des Arbeitsmarktes grundlegend geändert. Daher musste die gesetzliche Regelung angepasst werden. 2/3 der Leistungsempfänger haben keinen oder nur einen unzureichenden Berufsabschluss. Das Bürgergeldgesetz versucht Antworten auf die Fragen zu geben, welche daraus resultieren.

1. Vermittlungsvorrang abgeschafft
Deswegen ist ein Schwerpunkt des Bürgergeldgesetzes die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs und die Förderung von Aus- und Weiterbildung. Die Bildungsanstrengungen werden finanziell unterstützt. Hauptziel des neuen Gesetzes ist es, möglichst viele Leistungsberechtigte zu ermutigen, einen Berufsabschluss nachzuholen oder die erforderlichen Qualifikationen anzustreben, damit sie dauerhaft in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können und so ihre Hilfebedürftigkeit vermindern oder sogar nachhaltig zu überwinden.

2. Änderung bei der Fortschreibung der Regelbedarfe
Jahrzehntelang war kaum Inflation vorhanden; dies hat sich im Zuge der Covid 19-Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine dramatisch verändert. Deshalb gibt es einen veränderten Berechnungsmodus bei den Regelbedarfen, um eine zeitnähere Berücksichtigung der Preisentwicklung sicherzustellen. Sobald eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen ist, darf der Gesetzgeber nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.

3. Neuausrichtung des Eingliederungsprozesses
Dem Gesetz geht es darum, weniger Druck und mehr Anreize zu vermitteln. Die Vermittlung in kurzfristige Beschäftigung und der „Drehtüreffekt“ sollen vermieden und mehr Nachhaltigkeit bei der Vermittlung in Arbeit erreicht werden. Es gilt, kurzfristige Beschäftigung zu vermeiden und Geringqualifizierte auf dem Weg zur abgeschlossenen Berufsausbildung zu unterstützen. Dies wird unterstützt mit Anreizen wie dem Weiterbildungsgeld in Höhe von € 150 monatlich sowie eine Verlängerung der geförderten Weiterbildung auf 3 anstatt 2 Jahre. Ein Bürgergeldbonus in Höhe von monatlich € 75 wurde für die Teilnahme an niederschwelligeren Maßnahmen, welche für eine nachhaltige Integration von besonderer Bedeutung sind, eingeführt.

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4. Kooperationsplan und Schlichtungsverfahren
Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird bis Ende 2023 abgeschafft und ersetzt durch einen Plan zur Verbesserung der Teilhabe, in welchem das Eingliederungsziel und die wesentlichen Schritte der Eingliederung festgehalten und festgelegt werden.

5. Aus- und Weiterbildung
Um drohende Abbrüche frühzeitig zu erkennen, gibt es das Coaching und die Übernahme der Kosten einer notwendigen sozialpädagogischen Begleitung. Die Eintrittskarte für das System der Weiterbildungsförderung bleibt der Bildungsgutschein, der von der Agentur für Arbeit bzw. vom Jobcenter ausgestellt wird, wenn Weiterbildung nötig ist, um Arbeitslose beruflich einzugliedern oder um eine drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden. Verfügt ein Arbeitsloser nicht über einen Berufsabschluss hat er einen Rechtsanspruch auf einen Bildungsgutschein.

Dr. Brigitte Glatzel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht in Mainz

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Mainz
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Dr. Brigitte Glatzel

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