Wann liegt eine Zufallserfindung vor?
Ein Rentner erfand eine neuartige Fangvorrichtung für Rollläden, Rolltore und dergleichen. Nach einer ‚Blitzidee‘ skizzierte er seine Vorstellungen auf zwei DIN-A4 Blätter und stellte diese einem Unternehmen, in dem er früher als Maschinist und später als Pförtner beschäftigt war, zur Verfügung. Das Unternehmen führte die Idee seines früheren Mitarbeiters nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit schließlich zur Markt- und Patentreife. Für seinen Einfall erhielt der Rentner insgesamt 1 Million DM. Das Finanzamt war der Meinung, der Rentner müsse diese Einkünfte versteuern. Der Erfinder hingegen wandte ein, es handele sich um eine sogenannte ‚Zufallserfindung‘, die steuerfrei sei.
Unter ‚Zufallserfindungen‘ werden Ideen verstanden, die ohne weitere Ausarbeitung verwertungsreif sind. Sie gehören zu den gelegentlichen Tätigkeiten, die mangels Nachhaltigkeit nicht den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zuzuordnen sind. Nicht jede ‚Blitzidee‘ führt aber zu einer Zufallserfindung in diesem Sinne. Bedarf es nämlich nach einem spontan geborenen Gedanken einer weiteren Tätigkeit, um die Erfindung bis zur Verwertungsreife zu fördern, liegt eine planmäßige Erfindertätigkeit vor, die nicht mehr als ‚gelegentlich‘ anzusehen ist. Eine Zufallserfindung kommt daher – so der Bundesfinanzhof – in der Praxis kaum vor. Die Finanzrichter meinten, dass der Rentner seinen späten Reichtum als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu versteuern hat, denn es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Erfinder die bis zur Patentreife erforderlichen Arbeiten selbst durchführt oder von einem anderen durchführen lässt.
Urteil des BFH vom 18.06.1998; IV R 29/97