Keine Mindestentnahme bei finanziellen Schwierigkeiten
Im Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft (KG) war geregelt, dass die Kommanditisten bei Entnahme zwar auf die finanzielle Situation der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen hätten, allerdings “immer berechtigt seien, aus den ihnen gutgeschriebenen Zinsen und Gewinnanteilen die Steuern und Abgaben zu entnehmen, die im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der Gesellschaft entstehen”. In den Folgejahren verschlechterte sich die finanzielle Situation des Unternehmens dramatisch. Die Bank drohte im Falle von Ausschüttungen an die Gesellschafter sogar mit der Kündigung aller Kredite.
Die Gesellschafterversammlung beschloss daraufhin, dass die Gewinne für die Jahre 1998 und 1999 nicht ausgeschüttet werden. Einer der drei Gesellschafter war damit nicht einverstanden und klagte.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe ließ den Gesellschafterbeschluss unbeanstandet. Das Gericht wog die Ausschüttungsinteressen der einzelnen Gesellschafter mit dem Interesse der Gesellschaft an deren Zukunftssicherung ab. So kann da, wo sich die Bildung von Rücklagen der Gesellschaft als erforderlich erweist, um das Unternehmen für die Zukunft lebens- und widerstandsfähig zu erhalten, das Entnahmeinteresse der Gesellschafter in den Hintergrund treten. Im vorliegenden Fall bestand kein Zweifel, dass die Hausbank fest entschlossen war, laufende Kredite zu kündigen, sofern Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter vorgenommen würden.
Die Treuepflicht der Gesellschafter ging daher hier nach überzeugung des Oberlandesgerichts Karlsruhe so weit, dass – trotz einer vertraglichen Bestimmung eines Mindestentnahmerechts – in Krisensituationen auf die Geltendmachung des Entnahmerechts zu verzichten war.
Urteil des OLG Karlsruhe vom 28.02.2003