Das neue Zivilprozessrecht
Das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses löst ab 01.01.2001 die alte Zivilprozessordnung (ZPO) ab. Durch das nicht unumstrittene Reformgesetz ist das zivilprozessuale Verfahrensrecht grundlegend umgestaltet worden. Nachstehend sollen die wichtigsten änderungen angesprochen werden:
1. Güteverhandlung
Jeder mündlichen Verhandlung hat nun grundsätzlich eine Güteverhandlung vorauszugehen (§ 278). Schon nach altem Recht sollte das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits bedacht sein. Jetzt kann das Gericht den Parteien auch eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschlagen und ihnen bei entsprechender Bereitschaft durch Aussetzung des Verfahrens zeitliche Gelegenheit dazu geben. Der Vergleichsschluss, der bislang stets der Protokollierung bei Anwesenheit der Parteien oder deren Verfahrensbevollmächtigten bedurfte, ist nun durch einen Gerichtsbeschluss möglich, nachdem die Parteien einen Vergleichsvorschlag des Gerichts schriftlich angenommen haben.
2. Einzelrichterentscheidung
Nach altem Recht waren die Zivilkammern der Landgerichte grundsätzlich mit drei Berufsrichtern besetzt. Unter bestimmten Voraussetzungen konnte der Rechtsstreit jedoch einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen werden. Diese in der Praxis häufige Ausnahme wird nach der Zivilprozessreform zum Regelfall. Als Grundsatz gilt nunmehr, dass ein Mitglied der Zivilkammer als Einzelrichter entscheidet. Nur in Ausnahmefällen wird die gesamte Kammer tätig (§ 348).
3. Berufungszulassung
Der alte Instanzenzug wird durch die Reform nicht geändert. über Berufungen gegen amtsgerichtliche Urteile entscheiden daher weiterhin die Landgerichte, über deren Urteile die Oberlandesgerichte. Für Berufungen gegen Amtsgerichtsentscheidungen in Familiensachen sind unverändert die Oberlandesgerichte zuständig. Die Berufung ist immer zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt. Die Zugangsschwelle zur nächsthöheren Instanz wurde daher gegenüber dem alten Recht (1500 DM) um ca. 300 DM herabgesetzt. Ist dieser Wert nicht erreicht, ist die Berufung nur zulässig, wenn die Vorinstanz sie im Urteil ausdrücklich zugelassen hat. Eine Berufungszulassung ist anzuordnen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§§ 511, 513).
4. Revisionszulassung
Nach altem Recht konnte gegen Berufungsurteile bei einem Streitwert von mehr als 60.000 DM oder ausdrücklicher Zulassung der Vorinstanz Revision eingelegt werden. Nunmehr ist dieses Rechtsmittel nur noch bei ausdrücklicher Zulassung (§ 543) durch das Berufungsgericht möglich (wie oben: grundsätzliche Bedeutung, Fortbildung des Rechts etc.).
5. Beschwerden
An die Stelle der einfachen Beschwerde tritt ausnahmslos die sofortige Beschwerde, über die grundsätzlich der Einzelrichter zu entscheiden hat (§§ 567, 568). Neben der sofortigen Beschwerde gibt es jetzt eine Rechtsbeschwerde (§ 574), mit der gegen die Verwerfung der Berufung wegen Unzulässigkeit vorgegangen werden kann. 6. Berufungszurückweisung
Auf besondere Kritik der Fachleute ist die nunmehr vorgesehene Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung gestoßen (§ 522). Danach kann das Berufungsgericht das Rechtsmittel durch einstimmigen Beschluss zurückweisen, wenn es davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Die Tatsache, dass eine Anfechtung derartiger Beschlüsse nach dem Gesetz ausgeschlossen ist, stellt eine gravierende Beschneidung der Rechte des Berufungsführers dar.
Urteil des FG des Saarlandes; Az.: 1 LK 114/00