Sehr geehrter Anonym,
Ihr Nachbar hat durch die wiederholte Video- und Tonüberwachung möglicherweise erhebliche Verstöße gegen Ihr Persönlichkeitsrecht sowie Datenschutzrecht begangen. Ich erkläre Ihnen hier schrittweise Ihre rechtlichen Möglichkeiten und wie Sie weiter vorgehen können.
1. Rechtsverstöße durch Video- und Tonüberwachung
Grundsätzlich ist es Privatpersonen nicht erlaubt, ohne berechtigten Grund und ohne Zustimmung andere Personen per Video oder Tonaufnahme zu überwachen. Die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen sind:
- § 201 Strafgesetzbuch (StGB) – Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes: Das heimliche Aufnehmen und Abhören von nicht-öffentlich gesprochenen Worten kann strafbar sein.
- § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Schadensersatzanspruch: Ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (einschließlich des Rechts am gesprochenen Wort) kann Schadensersatzforderungen begründen.
- Art. 6 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Videokameraüberwachung mit Tonaufnahme darf nur unter sehr engen rechtlichen Voraussetzungen stattfinden.
2. Mögliche Schritte gegen den Nachbarn
Hier sind die konkreten Maßnahmen, die Sie ergreifen können:
a) Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft
Da die Polizei bereits involviert ist und Verstöße festgestellt hat, können Sie zusätzlich eine Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen § 201 StGB erstatten. Gehen Sie zur Polizei oder Staatsanwaltschaft und schildern Sie den Sachverhalt unter Verweis auf die bisherigen Feststellungen der Polizei.
b) Unterlassungsanspruch geltend machen
Sie können über einen Anwalt eine Unterlassungserklärung gegen Ihren Nachbarn durchsetzen. Dies kann über eine Abmahnung mit Androhung einer Geldstrafe erfolgen, falls er weiterhin unerlaubt Aufnahmen macht.
c) Löschung der Aufnahmen verlangen
Ihr Recht auf Löschung basiert auf der DSGVO (Art. 17 „Recht auf Vergessenwerden“). Ihr Anwalt kann eine schriftliche Aufforderung zur Löschung aller gespeicherten Aufnahmen und eine Auskunftsanfrage stellen, welche Daten Ihr Nachbar gespeichert hat.
d) Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern
Da Ihre Privatsphäre und die Ihrer Familie mehrfach verletzt wurde, können Sie einen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld geltend machen. Die Höhe hängt von der Schwere des Eingriffs ab. Ein Anwalt kann eine entsprechende Klage vorbereiten.
3. Anwaltliche Unterstützung
Ich empfehle Ihnen dringend, sich an einen Anwalt für Datenschutz- oder Zivilrecht zu wenden. Ein Anwalt kann Ihre Ansprüche formulieren und durchsetzen. Hier können Sie nach einem passenden Anwalt suchen: Anwaltssuche für Datenschutzrecht.
4. Weitere Maßnahmen
- Falls die Kamera erneut rechtswidrig installiert wird, können Sie eine einstweilige Verfügung gegen Ihren Nachbarn beantragen.
- Eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde ist ebenfalls möglich.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Schritte helfen. Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine anwaltliche Rechtsberatung ersetzen. Lassen Sie sich individuell beraten, um Ihre Rechte bestmöglich durchzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Rechtsexperte